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27.07.13 / Geschenk an Merkel / Hauptstadtchef der »Bild« liefert kanzlerinnenfreundliches Porträt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Geschenk an Merkel
Hauptstadtchef der »Bild« liefert kanzlerinnenfreundliches Porträt

Ausdrücklich betont Nikolaus Blome, dass es sich bei seinem Buch nicht um ein von der Bundeskanzlerin autorisiertes Werk handle. Ist man am Ende des recht angenehm lesbaren Bändchens angekommen, ist man leicht in Versuchung, dies mit der Entgegnung zu kommentieren, dass es ja auch eher unüblich sei, eigene Geschenke vorher abzusegnen.

Blome, Hauptstadtchef der „Bild“-Zeitung, erklärt uns Angela Merkel – das Agieren und Regieren der Kanzlerin. Kreatives sei ihre Stärke zwar nicht, aber das Operative beherrsche sie hervorragend: „Diese Kanzlerin kann Krise.“ Eine nüchterne Analyse sieht anders aus. Auch wenn das kleine Buch Merkel nicht durchweg lobt, so ist es doch deutlich mit der Absicht geschrieben, dem Vorwurf der Inhalts- und Orientierungslosigkeit sowie dem des Machterhalts aus reinem Selbstzweck zu begegnen. Betrachtet man die Dinge aus der Perspektive von Blome, so sind fast alle Handlungen Merkels nachvollziehbar.

Der Titel „Die Zauderkünstlerin“ ist dabei keineswegs als Kritik zu verstehen – Angela Merkel habe das Zaudern „zur regierungsamtlichen Stilform“ gemacht. Ihr Kompass bestehe aus Fragen, nicht aus Antworten. Festlegungen auf Ziele erfolgten spät. Das Machbare diene zur Orientierung. Fordern sei Sache der Opposition – eine Regierung müsse liefern. Dem fühle sie sich verpflichtet.

Von weitreichenden Darlegungen und Erklärungen nach außen halte sie wenig; das Kommunikationsdesaster der rot-grünen Bundesregierung im Zusammenhang mit den Hartz-IV-Reformen sei ihr eine Lehre gewesen. Herbeiführen von Gewissheiten sei wichtig. Der Bürger wolle die Einzelheiten einer Entscheidungsfindung gar nicht verfolgen, das verunsichere nur. Bismarck habe das im Übrigen genauso gesehen.

Angela Merkels Mitte, das muss selbst Blome eingestehen, ist schwer positiv zu definieren. Leichter sei es, Bereiche zu benennen, von denen sie innerlich nicht überzeugt ist. Eine Freundin großer Reformen sei sie nicht und auch Europa sei für sie keine „Herzensangelegenheit“. Dies unterscheide sie beispielsweise von Helmut Kohl oder Wolfgang Schäuble. Wenig überraschend ist die Feststellung, dass das Konservative keines ihrer bevorzugten Felder sei. Punktueller fällt die Benennung der Dinge aus, für die die Kanzlerin eindeutig steht: Die Unterstützung des Existenzrechts Israels sei keine Frage, hohe Inflation sei katastrophal und am Euro sei unbedingt festzuhalten. Im abstrakten Bereich gehöre die Hochschätzung der Freiheit unbedingt zu Merkels Überzeugungskern.

Nicht so recht nachvollziehbar sei die gerade von der sonst so rationalen Naturwissenschaftlerin Merkel getroffene Entscheidung für den Atomausstieg infolge des Unfalls von Fukushima. Ein Trumpf im Wahlkampf sei es allerdings jetzt: Wie auf anderen Gebieten sei dem politischen Gegner ein wichtiges Thema verloren gegangen.

Ebenso zur Sprache kommt der Vorwurf, Merkel habe aktiv ihre innerparteilichen Widersacher beseitigt. Zu Recht merkt Blome an, dass hier viel Zufall im Spiel und der Sturz doch zumeist selbstverschuldet gewesen sei. Allerdings gebe es machstrategische Opfer, die sie eindeutig „auf dem Gewissen“ habe. Dazu gehöre Norbert Röttgen ebenso wie Erika Steinbach.

Spekuliert wird am Ende darüber, dass Angela Merkel im Falle eines weiteren Wahlsieges ihr Amt 2015 abgebe. Wie für vieles andere in diesem Buch gilt auch hierfür: eine argumentativ gestützte, kanzlerinnenfreundliche These, aber keine Beweise. Das Thema Merkel lässt nach diesem Buch nicht weniger Raum für Diskussion als zuvor. Erik Lommatzsch

Nikolaus Blome: „Angela Merkel – die Zauderkünstlerin“, Pantheon, München 2013, geb., 206 Seiten, 16,99 Euro


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