28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.07.13 / Dinkel statt Tiefkühlpizza / »taz«-Autorin berichtet, dass Bio nicht immer gesund ist, zumindest nicht für die Psyche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Dinkel statt Tiefkühlpizza
»taz«-Autorin berichtet, dass Bio nicht immer gesund ist, zumindest nicht für die Psyche

Franziska Seyboldt beschreibt in dem Buch „Müslimädchen. Mein Trauma vom gesunden Leben“ ihre Kindheit in einer „Öko-Familie“. Während sie von Fernsehen, Tiefkühlpizza und Mini-Sahnewindbeutel von Bofrost träumte, lagerten ihre Eltern selbst geerntete, wurmstichige Äpfel ein und beschmierten Dinkelbrotscheiben mit gesundem Aufstrich und Essiggürkchen aus dem Reformhaus. Humorig beschreibt die 1984 geborene „taz“-Redakteurin für Gesellschafts- und Kulturthemen, wie sie durch den ökologischen Starrsinn ihrer Eltern immer wieder in peinliche Situationen geriet. So zum Beispiel beim Kindergeburtstag ihrer Freundin Leonie, als sie das Präsent in ein gebrauchtes Geschenkpapier aus den wiederzuverwertenden Geschenkpapier-vorräten ihrer Mutter eingewickelt hatte.

Hätten Franziska Seyboldts Eltern geahnt, dass all die Mühe nicht verhindern würde, dass ihre Tochter eines Tages Ketchup als Gemüse bezeichnen würde, wären sie vielleicht nicht ganz so streng in punkto Ernährung gewesen. Und wer selbst in den 1980er und 1990er Jahren Kind gewesen ist oder Kinder hatte, wird sich bei der Erwähnung der damals total angesagten quietschbunten Plastikschnuller- und Wunschtrollsammlungen ein Augenrollen nicht verkneifen können.

Mit locker-leichtem Erzählstil beschreibt die Autorin Szenen aus ihrer Kindheit und Jugend, die sich vermutlich so nicht zugetragen hätten, wären ihre Eltern nicht so öko-fanatisch gewesen. Wie soll man seiner Freundin auch erklären, dass man auf Anraten eines Wünschelrutengängers Kupferringe unter dem Bett hortet, ohne völlig an Glaubwürdigkeit zu verlieren.

„Müslimädchen“ ist ebenso wie Franziska Seyboldts Kolumne „Lustobjekte“ mit einem kräftigen Augenzwinkern geschrieben. Wer eine ordentliche Portion Selbstironie und einen Hang zu charmanten Übertreibungen zu schätzen weiß, der wird dieses Büchlein mit Freude lesen. Und am Ende bleibt nur eines zu fragen: „Sind wir nicht alle ein bisschen Bio?!“ Vanessa Ney

Franziska Seyboldt „Müslimädchen. Mein Trauma vom gesunden Leben“, Bastei Lübbe, Köln 2013, broschiert, 192 Seiten, 12,99 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren