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27.07.13 / Wandel statt Krise / Bevölkerungsforscher über die Entwicklung der Familie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-13 vom 27. Juli 2013

Wandel statt Krise
Bevölkerungsforscher über die Entwicklung der Familie

Auf den ersten Blick klingt der Titel „Familie – nein danke?!“, als handele es sich bei dem Buch um ein Plädoyer für oder gegen Familie. Erst der Untertitel „Familienglück zwischen neuen Freiheiten und alten Pflichten“ deutet an, dass es sich um eine Bestandsaufnahme zu dem Thema handelt. Und die wichtigste Aussage der beiden Autoren Inge Seiffge-Krenke und Norbert F. Schneider lautet: Nein, die Familie als Gesellschaftsform steckt nicht in einer Krise, sie befindet sich vielmehr im Wandel.

Seiffke-Krenke, Professorin für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie an der Universität Mainz, und Schneider, Direktor des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden, haben in einer bewundernswerten Fleißarbeit unzählige Studien zum Thema Familie der letzten Jahrzehnte gesichtet, bewertet und in ein Gesamtbild eingebaut. Zu den wohl überraschendsten Aussagen in ihrem Buch gehört, dass die klassische Familie, sprich Mutter, Vater, Kinder, schon im vorindustriellen Zeitalter keineswegs der Normalfall gewesen sei. Schon damals habe es nichteheliche Lebensformen gegeben, Alleinerziehende und Stieffamilien. Vor allem die hohe Zahl der Verwitwungen habe für eine eine höhere Verbreitung von Stieffamilien gesorgt, als es heute der Fall sei. Laut den Autoren ist die bürgerliche Kleinfamilie ein Ideal aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, das seinen Höhepunkt in den 1960er Jahren erlebt habe. Auch betonen sie, dass die Sichtweise, dass ein Kind ein für die Gesellschaft wichtiges, zu pflegendes Individuum sei, noch recht neu sei. Und auch wenn heutzutage weniger geheiratet werde und es auch häufiger zu Scheidungen komme, so wachse die Hälfte der Kinder in Deutschland auch heute noch bei seinen verheirateten Eltern auf. Da eine rechtliche Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kinder vorgenommen worden sei und gut ausgebildete Frauen die Ehe nicht mehr als Versorgungseinrichtung benötigten, verliere die Ehe zwar ihre Exklusivstellung, sei aber noch für viele ein Ideal.

Die Autoren befassen sich mit den Fragen, wie Kinder auf Ehen wirken, warum sich Paare finden, welche Scheidungsmotive es gibt, in welchen Lebensphasen Scheidungen besonders häufig vorkommen und welche Folgen von gewollte oder ungewollte Kinderlosigkeit, aber auch Kinderbetreuung habe. Am Ende der Lektüre hat man manches Detail zum Thema erfahren, das man zuvor nicht kannte. Bel

Inge Sieffge-Krenke, Norbert F. Schneider: „Familie – nein danke?! Familienglück zwischen neuen Freiheiten und alten Pflichten“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, broschiert, 235 Seiten, 24,99 Euro


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