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03.08.13 / Kasseler Märchen / Hessen feiert das Grimm-Jahr mit einer großen Ausstellung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-13 vom 03. August 2013

Kasseler Märchen
Hessen feiert das Grimm-Jahr mit einer großen Ausstellung

Ohne die Brüder Grimm wären uns Rotkäppchen, Dornröschen oder Hänsel und Gretel unbekannt. Und ohne ihr Wörterbuch der deutschen Sprache wären auch so schöne Begriffe wie „anäugeln“, was zärtlich anblicken bedeutet, oder „Börsengesumse“, womit das Rascheln der Geldbörse gemeint ist, gänzlich verschwunden. An­lässlich der Erstveröffentlichung ihrer Kinder- und Hausmärchen vor etwas über 200 Jahren und des 150. Todestags von Jacob Grimm hat Hessen das „Grimm-Jahr-2013“ ausgerufen. Höhepunkt der Veranstaltungen ist die hessische Landesausstellung „Expedition Grimm“ in der Kasseler documenta-Halle.

Gezeigt werden 150 Manu­skripte, Erinnerungsstücke und historische Objekte. Sie stellen Jacob (1785–1863) und Wilhelm (1786–1859) nicht nur als die erfolgreichsten Märchensammler und -erzähler der Welt vor, sondern auch als Sprachforscher und Begründer der Germanistik, als Rechtshistoriker, Staatsdiener und Politiker. Das Aussehen und die Lebensverhältnisse von Jacob und Wilhelm hat ihr „Malerbruder“ Ludwig Emil Grimm in Federzeichnungen und Druckgrafiken festgehalten. Wilhelm heiratete 1825 und gründete eine Familie, die sich die Wohnung mit dem Junggesellen Jacob teilte.

Büsten und Gemälde zeigen die Herren, denen die Brüder dienten. Jacob wird 1808 Privatbibliothekar von Napoleons Bruder Jerome, König des unter französischer Fremdherrschaft errichteten Staates Westphalen. Nach der Wiederherstellung des Kurfürstentums Hessen 1813 arbeiten Jacob und Wilhelm in Kassels Kurfürstlicher Bibliothek unter Wilhelm I. Sie erhalten 1829 einen Ruf an die Universität Göttingen. Da sie sich am Protest gegen den Verfassungsbruch des Königs Ernst August von Hannover beteiligen, werden sie entlassen. Beide werden 1840 von König Friedrich Wilhelm IV. an die Berliner Akademie der Wissenschaften berufen. Jacob wird 1848 Abgeordneter in der ersten Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. „Für ihn stand die Einheit Deutschlands im Mittelpunkt, die er über eine staatliche Ordnung mit gemeinsamer Verfassung und einer monarchischen Staatsspitze – vorzugsweise das preußische Königtum – mit bedeutendem politischem Ge­wicht zu verwirklichen hoffte“, wie Jörg Westerburg im Ausstellungskatalog berichtet.

Das wissenschaftliche Interesse der Brüder galt der alten Sprach- und Literaturüberlieferung. Aber ihre philologische Arbeit war auch politisch. Ausstellungskurator Thorsten Smidt erklärt: „Tatsächlich hatte etwa die ,Deutsche Mythologie‘ ihren Anteil an der Identitätsfindung der Deutschen im 19. Jahrhundert.“ Herausgehoben werden sieben weitere Hauptwerke der Grimms. Zu ihnen gehören Jacobs „Deutsche Grammatik“ (1819–1837) und „Deutsche Rechtsalterthümer“ (1828) sowie die gemeinsam mit Wilhelm herausgegebenen „Kinder- und Hausmärchen“ (ab 1812) und das „Deutsche Wörterbuch“. Die Arbeit am Wörterbuch nahmen sie 1838 auf. Der erste Band erschien 1854. Dabei hatten sie anfangs höchstens zehn Jahre für das Projekt veranschlagt. Sie arbeiteten aber daran bis zum Lebensende und kamen bis zum Wort „Frucht“. Zahlreiche Nachfolger beendeten das Mammutprojekt bis 1960. Es umfasst 16 Bände in 32 Teilbänden.

Im zweiten Teil nimmt die Schau an Fahrt auf. Mittels 3-D-Technik kann man sich in der 1814 bis 1822 von den Brüdern in Kassel bezogenen Wohnung umsehen. In der arbeiteten sie an der zweiten Auflage der „Kinder- und Hausmärchen“. Dann geht es in einer interaktiven Expedition mit 33 Mitmachstationen für Kinder und Erwachsene um „Werk und Wirkung“. Am Ende des Rundgangs kann man in einem „Lebendigen Buch“ blättern. In ihm wird mittels Film und Ton über Leben und Werk sowie Nachleben und Ruhm von Jacob und Wilhelm Grimm erzählt. Veit-Mario Thiede

Bis 8. September in der documenta-Halle, Du-Ry-Straße 1, Kassel. Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr. Telefon (0561) 81049315, Internet: www.expedition-grimm.de. Eintritt: 8 Euro.


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