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03.08.13 / Die erste Fernfahrt per Auto / Ohne ihren Mann fuhr Berta Benz mit den Söhnen nach Pforzheim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-13 vom 03. August 2013

Die erste Fernfahrt per Auto
Ohne ihren Mann fuhr Berta Benz mit den Söhnen nach Pforzheim

Dem Klischee, dass Frauen nicht Auto fahren könnten, wird gerne entgegengehalten, dass der erste Autofahrer weiblich gewesen sei. Diese Aussage stützt sich auf die legendäre weltweit erste Fernfahrt, die Bertha Benz, die Ehefrau des Automobilerfinders Carl Benz, mit ihren beiden Söhnen von Mannheim nach Pforzheim vor 125 Jahren unternahm.

Zeitgenössische Zeitungsartikel über die 106 Kilometer lange Fahrt sind uns leider nicht überliefert. Kurt Möser wirft in seiner 2002 in Frankfurt und New York erschienenen „Geschichte des Autos“ deshalb gar die Frage auf, ob es diese Fahrt überhaupt gegeben habe. Diesen Zweifel entkräften allerdings die Aussagen der Beteiligten. Gleiches gilt für die von Angela Elis in ihrem 2010 in Hamburg erschienenen Buch „Bertha Benz. Mein Traum ist länger als die Nacht. Wie Bertha Benz ihren Mann zu Weltruhm fuhr“ vertretene Behauptung, Carl Benz habe von der Fahrt seiner Ehefrau gewusst. Allerdings nimmt Elis für ihre Arbeit Authentizität gar nicht in Anspruch, spricht vielmehr von einer Romanbiografie. Entsprechend gut und lebendig liest sich das Buch, nur dass man eben nicht alles für bare Münze nehmen darf. Fast alles hat eben seine Vor- und Nachteile.

Wie bei vielen innovativen Erfindungen stellte sich auch bei Benz’ Automobil das Problem des Beweises der Praxistauglichkeit. Nur wenige sind derart technikbegeistert und fortschrittsgläubig, dass sie freiwillig die Rolle des zahlenden Versuchskaninchens übernehmen. Bei Benz stellte sich das zusätzliche Problem, dass sich die Obrigkeit bei der Erteilung von Lizenzen für Versuchsfahrten außerhalb des Mannheimer Betriebsgeländes auf öffentlichen Wegen sehr restriktiv verhielt.

In dieser Situation versprach eine sich notfalls über alle staatlichen Restriktionen hinwegsetzende Fernfahrt Besserung. Und kein Fahrzeug schien dazu besser geeignet als der Benz Patent-Motorwagen Nummer 3, war er doch das erste Fahrzeug aus dem Hause Benz, das zum Kauf angeboten wurde. „Die Schulen wurden Anfang August geschlossen und die beiden Knaben, Eugen damals 15 und Richard 13 Jahre alt, quälten mich mit allerhand Dummheiten und Langeweile. So nötigten sie mir denn hinter des Vaters Rücken das Versprechen ab, dass ich sie mit dem Wagen, der unbenutzt stand, nach Pforzheim begleiten solle.“ So beschrieb Bertha Benz die Ursache zu der Fahrt nach Pforzheim, wo sie 1849 zur Welt gekommen war und noch immer ein Großteil ihrer Verwandtschaft lebte.

Vom Benz-Werksgelände aus, auf dem auch das Wohnhaus der Familie stand, starteten Mutter und Söhne am frühen Morgen des 5. August 1888 um 5 Uhr ihre und der Welt erste Überlandfahrt mit dem Automobil. Die Stadt-Apotheke in Wiesloch bei Heidelberg machten sie dabei zur „ersten Tankstelle der Welt“, indem sie dort das Leichtbenzin Ligroin nachkauften. Am Abend des 5. August erreichten die drei ihr Ziel. Die nächsten Tage wurden unter anderem dazu genutzt, die Verwandtschaft durch die Straßen der Stadt und in die nähere Umgebung zu kutschieren, bevor es dann auf drei Rädern wieder heim ging. Von Berthas Mann ist der selbstkritische Kommentar überliefert: „Sie war mutiger als ich und hat einst eine für die Weiterentwicklung des Motorwagens entscheidende, sehr strapaziöse Fahrt unternommen.“ Manuel Ruoff


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