© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-13 vom 03. August 2013

Markstein in der Aufarbeitung
Porträt des NS-Widerstandskämpfers und SPD-Politikers Julius Leber

Bei der Monografie von Claus Jander und Ruth Möller über den Widerstandskämpfer Julius Leber handelt sich nicht einfach nur um eine weitere Leber-Biografie. Die Autoren haben akribisch Archive durchforstet, Dokumente und Aussagen von Zeitzeugen ausgewertet und ein sachliches Gesamtbild des Lebens, vor allem aber der politischen Aktivitäten des Widerstandskämpfers Lebergezeichnet, der nach einem erfolgten Umsturz als Innenminister vorgesehen war. Ein besonders beleuchteter Aspekt ist die Auseinandersetzung Lebers mit der Verankerung der Armee, der Reichswehr, in der Demokratie zur Zeit der Weimarer Republik, der Schaffung eines gemeinsamen Fundamentes zwischen Arbeiterschaft, Staat und Streitkräften. Genau das also, was später in der Bundeswehr unter dem Begriff „Staatsbürger in Uniform“ verstanden werden sollte.

Breiten Raum nehmen in diesem Buch die Vorgänge um die Verschwörer gegen Hitler ein. Es bleibt für uns Deutsche heute die unumstößliche Tatsache, dass es im sogenannten Dritten Reich Menschen aller politischen Richtungen gab, die ganz bewusst ihr eigenes Leben einsetzten und oft auch hergeben mussten, um ihr Vaterland von der Tyrannei zu befreien. Selbst Folter und die unmenschlichen Haftbedingungen in den Konzentrationslagern, die Leber selbst von 1935 bis 1937 im KZ Esterwegen erleiden musste, haben die Verschwörer gegen Hitler nicht von ihrem Vorhaben abbringen können. Das forderte den ungeheuren persönlichen Mut der damals Handelnden und heute unseren Respekt über alle parteipolitischen Grenzen heraus.

Noch ein weiterer Aspekt dieses Buches ist bemerkenswert. Der Erlös aus dem Verkauf des Werkes geht als Spende an die gemeinnützige Julius-Leber-Gesellschaft e.V. Berlin. Mit dem Geld sollen unter anderem die noch bestehenden Gebäudeteile von Lebers Kohlenhandlung in der Torgauer Straße in Berlin, in denen sich führende Köpfe des deutschen Widerstandes gegen Hitler und den Nationalsozialismus wie Gustav Dahrendorf, Otto John oder Theodor Heuss trafen, als Ort der Erinnerung erhalten werden.

Altbundeskanzler Helmut Schmidt schreibt über dieses Buch (Auszug aus dem Klappentext): „Es ist die Ehre der deutschen Sozialdemokratie, einen Mann wie Julius Leber zu den ihren zählen zu dürfen. Dieses Buch gedenkt einem zeitlosen Vorbild, dessen Leben und Tod uns Mahnung und Aufforderung zugleich ist.“

Fazit: Ein absolut wichtiges Buch, unbedingt lesenswert und ein Markstein in der Aufarbeitung unserer jüngeren deutschen Geschichte. Michael Buschow

Claus Jander, Ruth Möller: „Julius Leber. Sozialdemokrat – Widerstandskämpfer – Europäer, Vordenker für die Idee des Staatsbürgers in Uniform“, Luisenbau-Verlag, Berlin 2013, 533 Seiten, 24,80 Euro