29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.08.13 / Sehnsuchtsziele London und Berlin / Noch immer zieht es Rumänen und Bulgaren in den Westen – und die EU hilft ihnen dabei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-13 vom 10. August 2013

Sehnsuchtsziele London und Berlin
Noch immer zieht es Rumänen und Bulgaren in den Westen – und die EU hilft ihnen dabei

Diejenigen Rumänen und Bulgaren, die auswandern wollten, seien bereits im übrigen Europa angekommen, hieß es bisher beschwichtigend. Eine Umfrage enthüllt nun, dass ab 2014 tatsächlich aber mit einer weiteren Auswanderungswelle vom Balkan zu rechnen ist.

„Illegal in Großbritannien? Geh nach Hause oder Du wirst festgenommen.“ So lautet die provokante Aufschrift von Plakaten, die derzeit in Großbritannien für heftige Diskussionen sorgt. Auftraggeber der spektakulären Werbeaktion: das britische Innenministerium. Mit einer Kampagne will dieses, illegale Einwanderer dazu bringen, sich den Behörden zu stellen. Freiwillige Rückkehr sei die „kostengünstigste Art, illegale Immigranten auszuweisen“, so ein Ministeriumssprecher. Groben Schätzungen zufolge halten sich mindestens 200000 Personen illegal in Großbritannien auf, 28000 sollen zumindest nach offiziellen Angaben vergangenes Jahr freiwillig wieder ausgereist sein.

An beiden Zahlen sind Zweifel angebracht. Erst kürzlich mussten sich die britischen Grenzbehörden von Rechnungsprüfern des Unterhauses anhören, dass ihre Statistiken über Zu- und Abwanderung kaum glaubwürdig seien. Ohnehin liegt der Verdacht nahe, dass der Adressat der aktuellen Kampagne gegen illegale Einwanderung das eigene Wahlvolk ist. Tief sitzt der Schock unter den britischen Tories, dass die United Kingdom Independence Party von Nigel Farage nicht nur mit EU-Kritik punktet, sondern auch mit dem Verdruss über zu viel Zuwanderung. Vor allem mit Blick auf den 1. Januar 2014 macht sich deshalb bei David Camerons Konservativen regelrechte Alarmstimmung breit.

Hieß es bisher meist, wer aus den beiden EU-Neumitgliedern Bulgarien und Rumänien wirklich auswandern wolle, sei bereits gegangen, so droht nun eine zweite Auswanderungswelle vom Balkan. Einer Meinungsumfrage im Auftrag des EU-Parlaments zufolge ist in den kommenden Jahren mit einer erheblichen Zuwanderungswelle aus den beiden Ländern zu rechnen. Insgesamt sollen 400000 Bulgaren die Absicht haben, in den kommenden Jahren in andere EU-Länder auszuwandern. Besteht ab Anfang 2014 erst einmal die volle EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit, könnten sich pro Jahr bis zu 50000 Bulgaren in andere EU-Länder aufmachen, so das Umfrageergebnis. Mit Blick auf die aktuelle politische Entwicklung in Bulgarien könnten die vorgelegten Zahlen allerdings bereits überholt sein. Bulgarien versinkt nach den letzten Wahlen immer mehr im politischen Chaos. Seit Wochen kommt es in der bulgarischen Hauptstadt zu Massendemonstrationen gegen die erst seit zwei Monaten regierenden Sozialisten. Ein Auslöser der Proteste: der dreiste Versuch, einen umstrittenen Geschäftsmann an die Spitze des staatlichen Geheimdienstes zu setzen.

Am Pranger steht inzwischen allerdings nicht mehr nur die Regierungspartei, sondern das ganzen bulgarische Parteiensystem und dessen Verfilzung mit der Geschäftswelt. Wie tief inzwischen das Ansehen des politischen Systems insgesamt gesunken ist, haben kürzlich die Bürgermeisterwahlen in Warna, der zweitgrößten Stadt Bulgariens, gezeigt: Die Wahlbeteiligung lag nur noch bei 26 Prozent.

Dass viele Bulgaren angesichts dieser Rahmenbedingungen aus ihrer Sicht rational das Richtige tun, wenn sie das Weite suchen, macht ein Rechenbeispiel der britischen Denkfabrik Migrationwatch deutlich. Eine Familie mit einem Verdiener mit Mindestlohn kommt in Bulgarien auf umgerechnet 62 Britische Pfund in der Woche. In Großbritannien liegt das Einkommen der Familie, ebenfalls mit Mindestlohn, aber aufgestockt um verschiedene Sozialleistungen 543 Pfund. Die deutsche Variante der Berechnung dürfte mindestens genauso stark für einen Weggang aus Bulgarien sprechen.

Angesichts derartiger Einkommensunterschiede wird immer deutlicher, dass die Aufnahme der beiden Balkanländer in die EU nicht um Jahre, sondern wahrscheinlich sogar um Jahrzehnte zu früh gekommen ist. Umso unverständlicher ist die Politik der EU, die vorhandenen Sorgen bezüglich Armutsmigration und Sozialtourismus in Europa auch noch zusätzliche Nahrung zu gegen. Im Rahmen des Programms „Dein erster Eures-Arbeitsplatz“ zahlt die EU bis zu 1200 Euro an junge Arbeitslose, wenn sie einen Job im EU-Ausland annehmen. Mit 200 bis 300 Euro werden Kosten für die Reise zu einem Bewerbungsgespräch übernommen, ein Zuschuss wird ebenso für Umzug und Weiterbildungen gezahlt. Als Anreiz, einen Ausländer einzustellen, wird dem jeweiligen Arbeitgeber ebenfalls eine Prämie von 1200 Euro versprochen.

Als wenn die Vorbehalte gegen die EU in Großbritannien (siehe Seite 7) nicht schon groß genug wären, scheint die EU-Kommission ausgerechnet das Vereinigte Königreich schwerpunktmäßig mit derlei steuersubventionierter Einwanderungspolitik beglücken zu wollen. Nach Recherchen des „Sunday Telegraph“ stammen von 1,45 Millionen europaweit offenen Stellen, die auf einer Internetseite der EU-Kommission im Rahmen ihres Eures-Programm angeboten werden, allein 800000 Jobangebote aus Großbritannien. Ein weiteres Paket von etwa 200000 freien Arbeitsplätzen, die die EU gern mit Ausländern besetzt sehen würde, scheint Deutschland zu betreffen. Norman Hanert


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren