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10.08.13 / »Astrids« letzte Fahrt / Vor Irlands Küste kenterte ein Traditionssegler – Dramatische Rettung der Crew

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-13 vom 10. August 2013

»Astrids« letzte Fahrt
Vor Irlands Küste kenterte ein Traditionssegler – Dramatische Rettung der Crew

Segelschiffe erziehen die Menschen, die auf ihnen fahren. Das ist auch heute noch so bei Segelreisen auf Traditionsschiffen. Denn dort wird Seefahrt noch von Hand gemacht, lernen die Teilnehmer solcher Törns, dass sie allein nichts, als Team aber sehr viel erreichen können und dass Arbeiten, die sie nachlässig erledigen, zu einer Gefährdung für alle werden können. Deshalb gibt es eine große Zahl von Vereinen und Unternehmen, die Törns für Jugendliche ebenso anbieten wie für Manager, denen eine vergleichbare Erfahrung tagtäglich im Beruf helfen soll. Sie zahlen zwar für den Aufenthalt an Bord, müssen aber trotzdem handfest mit anpacken und beim Aufentern in die Masten Ängste überwinden.

Wer sich die Angebote solcher Reisen ansieht, entdeckt, dass sie zum großen Teil auf Seglern angeboten werden, die in manchen Fällen mehr als 100 Jahre alt sind. Deren Eigner können die Schiffe nur erhalten, weil sie mit solchen Fahrten Geld verdienen. Aber wie steht es um die Sicherheit der alten Fahrzeuge und wie um die Erfahrung der Menschen, die sie führen? Als am 24. Juli vor der irischen Südwestküste die Brigg „Astrid“ mit 23 Gästen an Bord auf die Küste getrieben wurde, dort auf die Felsen geriet und schließlich sank, wurde diese Diskussion wieder angefacht.

Das Schiff scheiterte während eines eigentlich harmlosen Törns von dem Liegeplatz vor dem irischen Oysterhaven bis zum Hafen von Kinsale. Das sind keine zehn Seemeilen. Der Wind wehte mit Stärke vier, das bringt noch kein Schiff in Bedrängnis. Auch dann nicht, wenn es wie die „Astrid“ schon mehr als 90 Jahre alt ist. Denn auch Traditionsschiffe müssen sich regelmäßig technischen Überprüfungen unterziehen. Wenn sie die nicht bestehen, verlieren sie ihre Zulassung und Hafenbehörden verweigern ihnen das Auslaufen. Die weitere Frage ist, ob es ausreicht, ein Schiff mit unerfahrenen Seglern auf einen Törn zu schicken. Denn viele derer, die eine solche Fahrt gebucht haben, aber unterwegs mit anpacken sollen, haben noch nie Schiffsplanken unter den Füßen gehabt. Auf der „Astrid“ waren sieben Mann einer erfahrenen Stammbesatzung an Bord, die Besatzungen waren auch nicht größer, als solche Schiffe früher in wochenlangen Fahrten mit Fracht den Nordatlantik überquerten.

Der „Astrid“ wurde ein Maschinenausfall zum Verhängnis. Zwar versuchte die Besatzung unter dem niederländischen Kapitän Pieter de Kam sie wieder zu starten, aber als das misslang, war absehbar, dass die Brigg auf die Steilküste zugetrieben werden würde. An deren Fuß ragten spitze Felsbrocken aus dem Wasser. Es war eine klassische Situation, die schon viele Segler ins Verderben geführt hatte. Der knappe Seeraum reichte nicht für die Zeit, um Segel zu setzen und um aufkreuzen zu können, also nur unter Segeln einen Zickzackkurs gegen die Windrichtung zu fahren. Zumal auch die auflaufende Flut das Schiff auf Land drückte.

Zwar waren etliche größere Segeljachten in der Nähe, die sofort auf Notrufe reagierten, ein Skipper versuchte sogar die Brigg frei zu schleppen, allein, die Kraft seiner Maschine kam nicht gegen den auflandigen Wind an. Aber die Notrufe waren auch von den Seenotstationen an der Küste gehört worden, kleinere Strand­rettungsboote nahmen Kurs auf das Schiff, auch zwei Seenotkreuzer waren innerhalb von 15 Minuten bei dem Havaristen, der mittlerweile Grundberührung hatte. Die Seenotretter bargen die 30 Menschen von Bord und brachten sie zu einem zur Hilfe herbeigeeilten Schoner. Der setzte sie in Kinsale ab. Kaum hatten alle Menschen den Havaristen unverletzt verlassen, da legte sich die Brigg auf die Seite, große Wassermassen drangen ein und das Heck sackte ab. „Astrid“ war nicht mehr zu retten. Aber alle haben überlebt und sind unverletzt geblieben.

Nach Aussagen der geretteten Jugendlichen ist dies besonders dem besonnenen Handeln der Stammbesatzung und ihres Kapitäns zu verdanken. Das bestätigte auch Seenotretter Sean O’Farrell: „Sie sind ruhig geblieben und haben ohne Panik unsere Anweisungen be­folgt. Nur so ist es uns gelungen, alle in Sicherheit zu bringen.“

Die Jugendlichen mussten zwar den Verlust von Laptops, Ausweisen und Bargeld verschmerzen, aber sie sind froh, dass alle überlebt haben. Das Erlebnis hat ihnen die Freude am Segeln keineswegs vergällt. Der 17-jährige Christopher Hopcraft, der zum ersten Mal an einem solchen Törn teilgenommen hatte, sagte hinterher: „Es war eine interessante Erfahrung und ich würde morgen wieder an Bord eines ähnlichen Schiffes gehen.“ Eigel Wiese


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