29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.08.13 / Wettlauf um die besten Plätze / Nicht immer die feine Art: Wie sich Berliner Parteien mit Plakaten ins Straßenbild drängen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-13 vom 17. August 2013

Wettlauf um die besten Plätze
Nicht immer die feine Art: Wie sich Berliner Parteien mit Plakaten ins Straßenbild drängen

Die heiße Wahlkampfphase hat auch die Straßen von Berlin erfasst. Schon gibt es erste Meldungen über Rangeleien, offene Hetze und Zerstörung von Plakaten, aber auch über aufmunternden Zuspruch für die Wahlkämpfer.

Seit dem 4. August dürfen die Parteien in Berlin ihre Wahlplakate aufhängen. CDU und Piraten wurden dabei beobachtet, wie sie schon in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend Plakate platziert haben. Die meisten anderen Parteien folgten in der Nacht zum Sonntag. Damit begannen auch die gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die Grünen-Kandidatin Lisa Paus behauptet, auch die FDP habe in Berlin-Mitte in der Friedrichstraße schon am Freitag Plakate aufgehängt: „Fairer Wettbewerb ist eben Fremdwort für die FDP.“

Dumm nur, dass Paus eigene Wahlkampfhelfer auf Twitter sich triumphierend darüber ausließen, dass auch sie vorfristig mit dem Plakatieren begonnen hatten. Die Piraten hinterließen im Internet sogar einen Nachweis ihres regelwidrigen Tuns. Sie haben eine Karte ins Internet gestellt, die zeigt, wo sie überall schon Plakate aufgehängt haben. Etwa zwei Stunden vor dem offiziellen Start waren dort bereits mehrere hundert Plakate eingetragen. Ein Ortsverband der CDU in Berlin-Pankow hat ganz offiziell seine Helfer am Sonnabend um 19 Uhr zur „Hängeaktion“ aufgefordert. Offenbar mit Erfolg, denn die Partei gab später bekannt, dass „wir bereits Samstagnacht alle 350 Plakate im Gebiet des Ortsverbandes aufgehängt haben“. Das Bestreben, zuerst zu hängen, erklärt sich aus dem Wettlauf um die besten Plätze.

Geradezu bieder ist das Auftreten der Alternative für Deutschland (AfD). Zwar wurden auch dort bereits die Teams am Sonnabend vor Mitternacht zusammengezogen, aber losziehen durften sie erst Schlag Mitternacht. Noch ein Unterschied: Die meisten anderen Parteien bedienen sich bezahlter Kolonnen, zumindest zur späteren Ergänzung ihrer Plakate mit aktuellen Hinweisen. Bei der AfD sind es ausschließlich Mitglieder, die diese zeit-raubende Arbeit erledigen. Doch scheint deren Einsatzwille auch stärker zu sein als bei anderen Parteien. Bei den Liberalen versendet Heidi Nossack, eine Mitarbeiterin der Landesgeschäftsstelle, derweil Hilferufe an die Mitglieder, sich wenigstens an Straßenaktionen, dem Sommerfest oder anderen Wahlkampfveranstaltungen zu beteiligen.

Ein AfD-Team berichtet, man sei in den frühen Morgenstunden des Sonntag auf zwei Leute gestoßen, die FDP-Plakate in Zehlendorf aufhängten. Man habe sich zwar begrüßt, die weitere Unterhaltung habe sich aber etwas schwierig gestaltet, weil die FDP-Plakatierer einige Probleme mit der deutschen Sprache gehabt hätten. Doch eines stellten die Liberalen trotz gebrochenem Deutsch klar: Geld bekämen sie keines, sie seien Mitglieder, allerdings nicht in Zehlendorf, sondern in Tempelhof. Böse Zungen behaupten, dass der FDP-Bundestagsabgeordnete Holger Krestel 30 bis 40 angebliche Russlanddeutsche für die Liberalen geworben habe, um sich parteiinterne Mehrheiten zu sichern.

Anfeindungen durch politisch Andersdenkende musste in diesem Wahlkampf bisher nur die AfD ertragen. Der Kreuzberger Direktkandidat Andreas Dahl wurde tätlich angegriffen (die PAZ berichtete). In Pankow überraschte ein AfD-Team nach eigenen Angaben Aktivisten der Linkspartei auf frischer Tat bei der Zerstörung von AfD-Plakaten. In diesem Bezirk fielen rund 70 Plakate der Verwüstung zum Opfer. In Hellersdorf und Berlin-Mitte wurden die Windschutzscheiben von Fahrzeugen mit AfD-Aufklebern eingeschlagen. Polizeischutz für die neue Partei gab es bisher nicht – für die Grünen schon. Grund: Im Bezirk Neukölln will ein grüner Wahlhelfer einen Neonazi gesehen haben, worauf sogleich Streifenwagen ausrückten.

In Niedersachsen ist die Hetzjagd schon einen Schritt weiter. Ungeniert ruft die „Grüne Jugend“ zur Wahlkampfsabotage gegen die AfD auf: „Wir wollen nicht, dass solche und andere rechte Parteien ihr nationalistisches, rassistisches, antisemitisches und islamfeindliches Gedankengut verbreiten können, auch nicht im Wahlkampf.“ Die AfD sei „durchsetzt von einigen bekannten Neonazis“. „Zusammen können wir dieses Gedankengut aus dem Alltag und dem Wahlkampf halten und rechten Populisten mehr als diesen versauen!“ In Berlin tut sich Piraten-Fraktionschef Oliver Höfinghoff mit indirekten Aufforderungen zur Plakatzerstörung hervor. So schrieb er am 5. August über den Kurzmitteilungsdienst Twitter: „Huch, hier hängen ja AfD-Plakate an der Bornholmer Brücke.“ Einen Tag später war auf seinem Twitter-Konto zu lesen: „Huch, Auflösungserscheinungen bei den AfD-Plakaten? Hier war doch gestern noch alles voll.“

In Berlin schätzt der Landeschef der „Alternative“, Günter Brinker, dass etwa 15 Prozent der Plakate „verschwunden“ seien. Selbst im bürgerlich geprägten Berlin-Zehlendorf sind in besonders stark frequentierten Hauptstraßen Plakate der Euro-Kritiker zerstört worden. Hans-Joachim Berg, der örtliche Spitzenkandidat, nimmt das sportlich: „Entweder haben unsere Plakate bereits Sammlerstatus oder die Konkurrenz fürchtet unsere Aussagen.“

Gleichwohl berichten Wahlkämpfer auch von positiven Erlebnissen. Aus links geprägten Wohnquartieren erzählen Grünen-Kolonnen: „Ab und an bekommen wir auch Tee und Cola angeboten.“ In Zehlendorf wiederum haben Nachtschwärmer die AfD-Teams bejubelt. Theo Maass


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren