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17.08.13 / Miet mich, Amen! / Pastor entdeckt Marktlücke und bietet seine Dienste per Internet an – Den Segen von oben hat er

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-13 vom 17. August 2013

Miet mich, Amen!
Pastor entdeckt Marktlücke und bietet seine Dienste per Internet an – Den Segen von oben hat er

Heutzutage kann man alles Mögliche mieten. Wohnungen, Autos –und Pastoren. Ein Geistlicher macht damit jetzt ein ganz profitables Geschäft, indem er zum Beispiel Heiratswillige gegen Bezahlung am Ort ihrer Wünsche traut.

Gute Werbung ist die halbe Miete. Allerdings kostet Werbung Geld und daher verschickte der Jungunternehmer Samuel Diekmann nur Pressemitteilungen an einige Wochenblätter, in der Hoffnung, sie würden über sein neu eingetragenes Gewerbe berichten. Dass es so erfolgreich sein würde, dass selbst der „Spiegel“ über ihn berichtet, hätte sich der 32-Jährige nie träumen lassen.

Ein Mitarbeiter des Hamburger Magazins hatte nämlich in den „Lübecker Nachrichten“ einen Artikel über Diekmanns Unternehmen gelesen. Der Mitarbeiter der regionalen Tageszeitung hatte seine Informationen wohl wiederum aus einem Wochenblatt. Selbst der „Deutschen Welle“ und der Fachpublikation „deutsche start-ups“ war der Jungunternehmer inzwischen schon eine Meldung wert.

Dabei hat Diekmann das sprichwörtliche Rad keineswegs neu erfunden. Bereits seit vier Jahren bietet er seine Dienstleistung als Theologe auf seiner Internetseite an. Der Pastor einer kleinen Freikirche in Hessen liebt zwar seinen Job, aber da die Einnahmen der Gemeinde aus Spenden bestehen, hängt sein Job von der Spendenbereitschaft und -fähigkeit der rund 70 Gemeindemitglieder ab.

Als Vater von drei Kindern muss er aber auch für ein geregeltes Einkommen sorgen und so vermietet er nebenbei sein theologisches Rednertalent. Da der Bedarf größer ist als gedacht und er auf andere Theologen traf, die es ihm gern gleichtun würden, meldete er Anfang dieses Jahres das Unternehmen namens „www.rent-a-pastor.com“ (miete dir einen Pastor) an. Über das Internetportal bieten nicht nur er, sondern auch über 20 weitere Kollegen, die quer über das ganze Land verteilt wohnen, ihre theologischen Dienstleistung bei Hochzeiten und Beerdigungen an. Mit Kurzvita stellen sie sich auf der Internetseite vor und wird einer von den Herren – es sind erstaunlicherweise nur Männer – über die Seite gebucht, verdient Diekmann 20 Prozent des Honorars, das bei einer Trauung zwischen 350 und 600 Euro liegt, für die Jobvermittlung.

Derzeit zählt Diekmann zwar noch mehr Presseanfragen und Bewerbungen jobsuchender Theologen als Buchungen. Allerdings plant man auch nicht eben mal so seine Hochzeit, nur weil man gelesen hat, dass man auch ohne Kirchenmitgliedschaft einem Theologen bei seiner Hochzeit lauschen kann.

Nicht-Kirchenmitglieder sind allerdings nicht die einzigen Kunden. Auch Paare, die sich gern an einem ungewöhnlichen Ort trauen lassen wollen, deren Pastor es aber nicht als seine Aufgabe ansieht, bei einem mittelalterlichen Fest auf einer Burg, im Park oder bei einer Hippie-Hochzeit seinen Beruf auszuüben, melden sich bei „rent-a-pastor“.

Nicht jeder begrüßt jedoch die Idee. Natürlich konnten Interessierte schon immer, sofern man denn unbedingt wollte, einen Theologen finden, der sich außerhalb seiner regulären Tätigkeit buchen ließ, doch mit der vereinfachten Buchungsmöglichkeit über das Internet könnte daraus eine ernst­hafte Konkurrenz für die regulären Kirchen entstehen. So mancher junger Mensch ist nur noch in der Kirche, weil er sich die Option einer kirchlichen Trauung offen halten will, da dies romantisch und Tradition sei. Wird nun publik, dass das nicht mehr nötig ist, weil es genügend Theologen gibt, die das geistliche Wort auch an Nicht-Mitglieder verkünden, dann gäbe es für diese jungen Menschen keinen Grund mehr, Kirchenmitglied zu bleiben und monatlich Kirchensteuern zu zahlen. Diekmann glaubt jedoch nicht, dass dieses der einzige Grund ist, weshalb sich die Menschen für eine Kirchenmitgliedschaft entscheiden.

Vom Online-Magazin „evangelisch.de“ zu seiner Meinung über Diekmanns Angebot befragt, nahm Reinhard Mawick, Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Mietangelegenheit ganz gelassen hin. „Der EKD gehört ja nicht die Botschaft Jesu Christi“, sagte er. Auch sei er sich bewusst, dass es in einigen Regionen mehr evangelische Theologen als Vollzeitstellen gibt, diese Menschen müssten irgendwie schließlich ihren Lebensunterhalt verdienen. Zu­dem sei es nachvollziehbar, dass in einer stark individualisierten Gesellschaft die Gläubigen auch bei der Trauung etwas Spezielles möchten. Des Weiteren betrachtet Mawick die Nachfrage nach Miet-Theologen als Kompliment an den christlichen Glauben: „Das zeigt doch, dass der christliche Glaube sehr attraktiv ist. Dass die Paare sich einen Pastor wünschen, liegt ganz klar an den christlichen Inhalten.“

Im „Spiegel“-Artikel wurde Diekmann ungenauerweise unterstellt, er würde sich als Reformer sehen. Doch gegenüber der PAZ betont der Pastor, dass diese Aussage missverständlich sei. So haben für ihn die kirchlichen Inhalte Bestand, ihm gehe es nur um die Form. Kirche müsse sich immer wieder von ihrer Form her neu erfinden, da sich schließlich auch der Lebensalltag der Menschen ändere. Den Vorwurf, dass bei ihm Predigten zu einem Event verkommen, lässt er ebenfalls nicht gelten, auch weil er immer wieder von seinen Kunden höre, dass er Humor stimmungsvoll mit Besinnlichkeit und den Worten Gottes zu verknüpfen wisse. Rebecca Bellano


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