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17.08.13 / Faszination und Wehmut / Das Berliner Stadtschloss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-13 vom 17. August 2013

Faszination und Wehmut
Das Berliner Stadtschloss

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Am 12. Juni hat der Bundespräsident den Grundstein gelegt, seit dem 21. Juni laufen die Arbeiten. Das Berliner Schloss wird wieder aufgebaut, und nicht nur in Berlin hofft man, dass der zeitliche und finanzielle Rahmen (650 Millionen Euro bis 2018) halbwegs eingehalten und nicht auch ein Endlos-Desaster wie Flughafen und Staatsoper wird.

Ein langer Streit ist damit beendet. Natürlich wird es nicht wieder das Schlütersche Schloss in seiner barocken Pracht. Vielmehr entsteht jetzt in dessen Kubatur und mit historisierender barocker Fassade ein moderner Museums- und Ausstellungsbau, der als „Forum Humboldtianum“ die außereuropäischen Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Teile der Landesbibliothek und die Kunstschätze der Humboldt-Universität aufnehmen sowie darüber hinaus ein Begegnungszentrum par exzellence werden soll.

Der Berliner Lukas-Verlag hat rechtzeitig zum Termin dem alten Berliner Schloss einen Band gewidmet, den man glei-chermaßen mit Faszination und Wehmut über alles Verlorene betrachtet. Richard Schneider, der Autor, hat sich mit Büchern zu Architektur und Kunst längst einen Namen gemacht, und auch hier imponiert seine Detailkenntnis. Nach einer ausführlichen Einleitung zur Baugeschichte bringt er knapp 100 Aufnahmen, die im damals ziemlich kostspieligen Duoton-Verfahren gemacht wurden, bei dem die Fotografien auf Glasplatten gepresst werden und darum bis heute fast wie neu wirken. Der Physiker Albrecht Meydenhauer hatte um 1860 das sogenannte Messbildverfahren und daraus später die Photogrammetrie entwickelt. Auf seine Anregung ging die gezielte Abbildung des Schlosses zurück. Heute lagert das wertvolle Bild-Archiv im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalspflege in Wünsdorf.

Die ausgewählten Bilder ziehen den Betrachter sofort in den Bann. Es sind Aufnahmen von allen vier Fassaden (in der Länge über 200, in der Breite über 100 Meter), von den fünf großen Portalen, von den zwei Innenhöfen, von Treppenhäusern sowie von zahlreichen Sälen und Wohnräumen (bei über 800 Räumen freilich nur eine Auswahl).

Obwohl der Grundstein bereits 1843 gelegt und der Bauabschluss erst 1854 mit Vollendung der großen Kuppel (durch Stüler) erreicht wurde, dominiert der von Andreas Schlüter und seinem Nachfolger Eosander von Göthe so virtuos gehandhabte barocke Stil, und zwar in allen Bereichen: in dem gewaltigen Bau selbst, in den reich verzierten Fassaden und Eingängen und im Innern in den mit Bild und Skulptur mitunter fast überreich versehenen Galerien, Sälen und Räumen. Erst Schlüter und Eosander hatten ja das alte Schloss um mehr als die Hälfte nach Westen hin erweitert und ihm damit die uns heute bekannte Form gegeben.

Was an dem Buch besonders gefällt, sind die ausführlichen Erläuterungen zu jedem einzelnen Bild. So bleibt es nicht beim äußerlichen Staunen, sondern der Betrachter erfährt Geschichte, Details und Künstlernamen sowie Veränderungen durch die Jahrhunderte. Alle preußischen Herrscher haben in irgendeiner Form ihre Spuren hinterlassen; noch Wilhelm II. lebte gewissermaßen Aug’ in Aug’ mit seinen großen Ahnen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss schwer getroffen, aber nicht zerstört. Bei gutem Willen hätte man es retten können. Aber die SED wollte nicht, sondern ließ es 1950 sprengen. Auf dem zum „Marx-Engels-Platz verödeten Terrain entstand 1976 der „Palast der Republik“, der nach der Wende wieder abgerissen wurde. Was nun entsteht, ist Altes (Kubatur und Fassade) und zugleich Neues. Den gelungene Band von Schneider (er hätte vielleicht noch genauer die wichtigsten Architekten und Künstler nennen können) mag man auch als Mahnung sehen, das noch vorhandene kulturelle Erbe so sorgfältig wie nur möglich zu erhalten und zu pflegen. Dirk Klose

Richard Schneider: „Das Berliner Schloss in historischen Photographien“, Lukas Verlag, Berlin 2013, geb., 157 Seiten, 29,80 Euro


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