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24.08.13 / Ansprache des ehemaligen PAZ-Kolumnisten Wilfried Böhm

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-13 vom 24. August 2013

Ansprache des ehemaligen PAZ-Kolumnisten Wilfried Böhm

Es ist für mich Ehre und Freude, Ihnen und allen Bürgerinnen und Bürgern Ihrer Stadt Gizycko die Ehrenfahne des Europarates und die Grüße seiner Parlamentarischen Versammlung zu überbringen. Als Ehrenmitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der ich 17 Jahre als deutscher Abgeordneter angehört habe, ist es mir eine große Ehre, heute bei Ihnen zu sein. Ich freue mich sehr über die Anwesenheit von Vertretern Ihrer Partnerstädte, die ich herzlich grüße.

Bereits 2010 haben Sie das Ehrendiplom des Europarates erhalten und seitdem die Zusammenarbeit mit Ihren Partnerstädten konsequent fortgesetzt Diese Fahne ist die Ehrenausfertigung jener Europafahne, die am 8. Dezember 1955 vom Europarat ausgewählt wurde. Sie wird heute von allen 47 Mitgliedsstaaten des Europarates von Portugal bis Russland und von Island bis Zypern gezeigt. Sie besteht aus einem Kreis von zwölf goldenen Sternen auf azurblauem Grund. Die Zahl der Sterne ist unveränderlich; die Sterne symbolisieren die Einheit der Völker Europas, die Zahl zwölf ist das Symbol der Vollkommenheit. Im Jahr 1986 wurde sie auch durch die heutige Europäische Union mit ihrem Hauptsitz in Brüssel als deren Symbol angenommen.

Es war 1955 eine mutige Vision, dieses Symbol der Vollkommenheit zu wählen, denn damals waren es nur 14 westeuropäische Staaten, die dem Europarat angehörten und sich aufgemacht hatten, trotz neuer Gefahren und Konflikte die kriegerische Vergangenheit unseres Kontinents und seine Grenzen zu überwinden.

Die Bundesrepublik Deutschland wurde 1950 Mitglied des Europarats, der erste Schritt zur Rückkehr in die europäische Familie nach den Schrecken totalitärer Herrschaft und des Zweiten Weltkriegs. Polen konnte am 26. November 1991 dem Europarat beitreten, ein weiterer großer Schritt zur Vollkommenheit Europas, denn Polen und Europa und Europa und Polen gehören zusammen. Seit 1991 arbeitet Polen im Ministerrat und mit seiner Delegation in der Parlamentarischen Versammlung – dem „Parlament der europäischen Parlamente“ – aktiv und engagiert mit.

Von seiner Gründung im Jahr 1949 an bis 1989 musste sich der Europarat auf die Staaten Westeuropas beschränken, obwohl er von Anfang an auf den ganzen Kontinent angelegt war. Es dauerte 40 Jahre, bis nach dem politischen Wandel im östlichen und südöstlichen Mitteleuropa und in Osteuropa sowie der Desintegration der Sowjetunion der Europarat zu der herausragenden politischen Institution Europas wurde, die auch den Staaten, die sich erst jetzt auf den Weg zur pluralistischen Demokratie begeben konnten, einen gleichberechtigten Platz in fest verankerten Strukturen bieten konnte.

Waren es 1989 21 europäische Staaten, die dem Europarat angehörten, so sind es heute 47. Damit ist der Europarat äußerlich zum Spiegelbild der historisch gewachsenen nationalstaatlichen Struktur Europas geworden. Er kann seitdem in ganz Europa dem Ziel dienen, das gemeinsame europäische Erbe und die daraus hervorgehende Verpflichtung zu Menschenrechten, Rechtsstaat und Demokratie zu fördern.

Dazu gehört die menschlich-kulturelle Begegnung, die das Bewusstsein vermittelt, einer gemeinsamen Kultur und Zivilisation anzugehören. Daraus erwächst die Respektierung der kulturellen Vielfalt, die nicht mehr als Überlegenheit oder Unterlegenheit und daraus resultierender Aus- und Abgrenzung empfunden wird, sondern als Bereicherung aller.

Sie in Gizycko haben sich eindrucksvoll bemüht, ihren Beitrag zu diesen großen Aufgaben und zum Europa der Bürger zu leisten, den Traum von einem in Frieden und Freiheit vereinten Europa in den Alltag zu tragen und Schritt für Schritt an der Basis menschlichen Zusammenlebens zu verwirklichen. Die Zahl ihrer Aktivitäten ist so groß, dass ich sie nicht alle aufführen kann. Es ist aber in erster Linie die Qualität ihres Bemühens, das den Europarat bewogen hat, Ihnen seine Ehrenfahne zu verleihen, Ihre Arbeit anzuerkennen und Sie zu bitten, in Zukunft genauso engagiert weiterzuarbeiten.

Zum Schluss eine persönliche Bemerkung: Die nicht immer einfache Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Völkern Europas zeigt auch, in welcher Weise Deutsche und Polen gemeinsam ihren Weg in die Zukunft Europas gehen sollten. Sie hier in Gizycko, in einer Landschaft voll natürlicher Schönheit, die von Leid und Krieg in der Vergangenheit nicht verschont geblieben ist, geben ein eindrucksvolles Beispiel. Auch dafür gebührt Ihnen die Ehrenfahne des Europarates, die ich Ihnen jetzt überreiche.


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