20.04.2024

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24.08.13 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-13 vom 24. August 2013

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

erst jetzt entdecken manche Vertriebenen im Internet Namen von Vermissten und erfahren nun, dass diese schon vor Jahren oder sogar Jahrzehnten gesucht wurden oder zu den Suchenden gehörten. Das führt dazu, dass wir immer wieder Nachfragen nach den namentlich Genannten erhalten, verbunden mit der Bitte nach näheren Angaben, vor allem nach Vermittlung der Anschriften. Und da müssen wir oft bedauern, dass wir diese nicht geben können, weil die Unterlagen nicht mehr vorhanden sind oder die Adressen nicht mehr stimmen, weil die Betreffenden inzwischen verzogen oder verstorben sind und sie nicht aktualisiert werden können. Also bleibt dann nur noch der Weg über unsere Ostpreußische Familie mit der Bitte um Meldung oder Hinweise aus dem Umfeld der Gesuchten.

In unserem ersten Fall gehöre ich selber zu diesen möglichen Informanten, denn vor zehn Jahren hatte ich meine Cousine Gerda Preuß – auch durch die Ostpreußische Familie – wieder gefunden, die mich bat, nach ehemaligen Bewohnern von Hanshagen zu suchen, die ihr Näheres über den Tod ihrer älteren Schwester Lotte Kerwin, deren Ehemannes Oskar und deren beider Kinder mitteilen konnten. Es fand sich tatsächlich in unserem Leserkreis ein Zeitzeuge, der ihr von dem Suizid der Lehrerfamilie vor dem Einmarsch der Russen berichtete. Ein sehr tragischer Fall, der auch mich berührte, denn es handelte sich ja um meine Cousine, mit der ich aber wegen des Altersunterschiedes wenig Verbindung gehabt hatte. Gerda Preuß, die immer mit der Ungewissheit über den Tod ihrer Schwester gelebt hatte, schrieb damals, dass sie nun beruhigt sei, da sie wusste, dass die Eltern mit den Kindern gemeinsam in vollem Einverständnis aus dem Leben geschieden waren. Ich berichtete darüber im April 2003 in unserer Kolumne, und diese fand Herr Hartmut Wiest nun im Internet und stutzte sofort, als er den Ortsnamen Hanshagen las, denn seine Mutter Magdalena geborene Lange stammte auch aus dem im Kreis Preußisch Eylau gelegenen Kirchdorf. Sie konnte sich gut an die Familie Kerwin erinnern, hatte bei dem Lehrer und Kantor Unterricht gehabt und betreute Anfang der 30er Jahre außerhalb der Schulzeit oft dessen etwa zweijährige Tochter Gundula. Frau Magdalena hatte schon auf Heimattreffen einiges über das tragische Schicksal der Lehrerfamilie erfahren, von dem sie nichts gewusst hatte, da ihre Familie abseits des Dorfes im Abbau-Süd wohnte und sie knapp vor der endgültigen Besetzung des Ortes durch die Russen über das Haff und dann über See flüchten konnte. Nun also erhielt sie durch unseren vor zehn Jahren erschienenen und erst jetzt entdeckten Bericht die Gewissheit, dass die vierköpfige Familie Kerwin Selbstmord begangen hatte. Ihr Sohn Hartmut Wiest fragte mich nun nach näheren Angaben über die Familien Kerwin und Preuß, denn auch die Eltern von Lotte hatten zu der Zeit in Hanshagen gelebt, und ihr Vater – mein Onkel – Gustav Preuß war von den Russen erschossen worden. Herr Wiest stellt nun für seine 89-jährige Mutter eine Reihe von Fragen, die ich leider nicht beantworten und auch nicht an meine Cousine Gerda Preuß weitergeben kann, da diese inzwischen verstorben ist. Ich weiß nicht, wo der Nachlass der unverheirateten ehemaligen Krankenschwester geblieben ist, der vielleicht noch Erinnerungen an die Familien erhielt. Soweit ich mich an unsere damals geführten Telefongespräche erinnere, lebt von ihrer engeren Verwandtschaft niemand mehr.

So muss ich also die Fragen von Hartmut Wiest an unsere Leser weitergeben in der Hoffnung, dass sich vielleicht noch einmal jener Zeitzeuge meldet, der vor zehn Jahren meine Cousine informierte. Die Familie Kerwin soll den Suizid durch Öffnen der Pulsadern im Haus der Familie Prothmann begangen haben, wohin sie flüchtete, als das Schulhaus von den Russen beschossen wurde. An welchem Tag – vermutlich am 2. Februar 1945 – und zu welcher Uhrzeit verstarben die Eltern Kerwin und ihre beiden Töchter, wo und wann wurden sie begraben? Wann waren der Vater von Lotte, der Lehrer Gustav Preuß und seine Frau, eine geborene Matthee, nach Hanshagen gekommen? Gibt es noch Fotos oder andere Erinnerungen an die Familie und vor allem an den Lehrer und Kantor Oskar Kerwin, einen sehr sensiblen Menschen? Gefragt sind weiter die Lebensdaten aller Angehörigen wie Geburtsort und -datum von Oskar Kerwin. Frau Magdalena und ihr Sohn würden sich freuen, wenn nach zehn Jahren wieder ein Hanshagen-Erfolg zu verzeichnen wäre. (Hartmut Wiest, Postfach 1320 in 39404 Staßfurt, Telefon 0177/3332210, E-Mail: Wiest@leopoldshall.de)

Noch weiter zurück geht das Anliegen von Herrn Dr. Dittmar Wingsch aus Bendestorf, nämlich bis zum Jahr 1992. Aber das Objekt, das er sucht, entstand noch weitaus früher. Es handelt sich um ein etwa 1918/1919 in Tilsit aufgenommenes Foto, das die 3. Klasse der Cäcilienschule mit 24 Schülerinnen und der Klassenlehrerin Reimer zeigt. Es wurde im Ostpreußenblatt Folge 49/1992 als Erinnerungsfoto veröffentlicht. Die Besitzerin dieses Klassenfotos war Frau Charlotte Stoltenberger geborene Gottschalk, die es uns durch Frau Lotte Hube zukommen ließ. Da sie in der DDR lebte, hatte sie erst nach der „Wende“ erfahren, dass es ein Ostpreußenblatt mit dieser Suchmöglichkeit nach Menschen aus der verlassenen Heimat gibt. Und nun suchte sie ihre ehemaligen Mitschülerinnen, deren Namen sie alle nennen konnte, obgleich sie damals bereits 86 Jahre alt war. Darunter war auch der von Elfriede Krank – und diese ehemalige Cäcilienschülerin ist die Mutter von Herrn Dr. Wingsch, der nun nach dem Originalfoto fragt. Er ist dabei, eine Familienchronik zu erstellen, und deshalb ist ihm sehr daran gelegen, diese Aufnahme zu erhalten. Nun sind inzwischen über zwei Jahrzehnte vergangen. Charlotte Stoltenberg dürfte mit Sicherheit nicht mehr leben, jedenfalls gehört sie nicht mehr zu unserem Leserkreis. Wir können also nichts anderes tun, als auf unsere bewährte Methode zurück zu greifen und hier in unserer Kolumne nach dem Foto zu fahnden. Vielleicht ist es noch im Familienbesitz oder wurde irgendwo archiviert. Ob Frau Stoltenbergs Suche nach ihren ehemaligen Klassengefährtinnen Erfolg hatte, ist nicht bekannt. Es könnte sein, dass auf Wunsch von Leserinnen, die einen Bezug zu dem Foto hatten, Abzüge vom Original angefertigt wurden. Also probieren wir es mal und hoffen auf eine positive Antwort, die zu richten ist an: Dr. Dittmar Wingsch, Kleckerwaldstraße 64 in 21227 Bendestorf, Telefon (04183) 6047, E-Mail: bbk@wingsch.de

Im Laufe unserer jahrzehntelangen Suchkampagnen wurden uns immer wieder Fälle vorgelegt, bei denen es um französische Kriegsgefangene geht, die in Ostpreußen eingesetzt worden waren und da vor allem in landwirtschaftlichen Betrieben. Zumeist handelte es sich um Nachkommen von französischen und belgischen Gefangenen, die Kontakt zu den Familien aufnehmen wollten, mit denen über die Arbeit hinaus auch eine persönliche Verbindung zustande gekommen war. Auch bei dem Anliegen, mit dem Frau Rita Leusch­ner aus Tönisvorst sich an uns wendet, ist dies der Fall, aber diesmal wird nach einem ehemaligen französischen Kriegsgefangenen gesucht – von der Tochter einer Ostpreußin. Und wie man schon erahnen kann, handelt es sich um ihren leiblichen Vater. Frau Leuschner schreibt uns im Auftrag ihrer Freundin Rosi Marianne Z. Die heute 68-Jährige hat bereits vor längerer Zeit erfahren, dass sie das Kind eines französischen Kriegsgefangenen ist – aber in der Familie wurde nie darüber gesprochen. Warum – das kann man zwischen den Zeilen lesen, die Frau Leuschner uns übersandt hat. Die Geschichte liest sich wie die Vorlage für einen Roman und hätte durchaus in manchen Passagen dem ZDF-Film „Die Flucht“ entnommen sein können. Aber für Rosi Z. ist es Wirklichkeit, die sie anscheinend noch oder erst recht heute belastet, da es im Verwandtenkreis keine Zeitzeugen mehr gibt, die ihr Aufklärung geben könnten.

Begonnen hat alles während der letzten Kriegsjahre auf dem Bauernhof der Familie Müller in Birkenau bei Heiligenbeil. Der damals etwa 24-jährige französische Kriegsgefangene Robert Roger (oder Roger Robert) war dort zusammen mit anderen Kriegsgefangenen zur Arbeit eingesetzt worden. Auch das Ehepaar Rensch war auf dem Hof tätig, der Mann wurde dann zum Militärdienst eingezogen. Frau Rensch lernte bei der Arbeit Roger kennen – und lieben! Sie hatte bereits mehrere Kinder und war nun wieder schwanger – allerdings von dem 15 Jahre jüngeren Franzosen! Im Februar 1945 floh die Familie Rensch mit Roger und einigen anderen französischen Kriegsgefangenen. Frau Rensch landete in einem dänischen Internierungslager, wo sie im Mai 1945 ihre Tochter Rosi Marianne gebar. Roger hat den Krieg überlebt und auch erfahren, dass er Vater einer Tochter ist. Frau Rensch hatte ihm geschrieben und ihm auch ein Foto übersandt. Sie haben miteinander noch eine Zeitlang korrespondiert, dann muss der Briefkontakt abgebrochen worden sein. Leider sind alle Briefe verbrannt worden, denn die Familie Rensch wollte wohl alle Erinnerungen an Rosis leiblichen Vater tilgen. Aber die Tochter aus dieser außerehelichen Beziehung lässt die Frage nach ihrem Erzeuger nicht ruhen. Sie möchte mehr über ihn und seine Familie wissen, ob er noch lebt, was nicht sehr wahrscheinlich ist, und wie sein Leben verlaufen ist. Alles, was sie von ihm weiß, ist dass er aus Chateau du Bondues in Nordfrankreich kam. Vielleicht können Leserinnen und Leser, die mit ehemaligen französischen Kriegsgefangenen nach Kriegsende Verbindung aufgenommen haben, durch ihre persönlichen Erfahrungen Rosi Z. einige Hinweise geben, Frau Leuschner würde sie gerne vermitteln. (Rita Leuschner, Auf Pastorsfeld 4 b in 47918 Tönisvorst, Telefon 02156/8281, Fax 02156/8668.)

Noch einmal Kindersommer! Unsere Plauderei in Folge 31 mit der Schilderung von Frau Eva Droese über ihre Kindheit in Balga hat so manche Erinnerung an heimatliche Sommerfreuden geweckt – besonders intensiv bei Frau Gisela Hannig aus Friedrichshafen, denn Eva Droese war ihre Schulkameradin, „Sie spielte gerne mit meinen Puppen, während ich lieber mit unserm Rex in den Haffbergen unterwegs war“, schreibt Frau Hannig, die sogar ein Foto aus jenen Sommertagen noch weit vor Krieg und Flucht besitzt. An ihrem „Kindersommer in Balga 1936“ nahm ein Ferienkind aus Berlin teil, das auch auf dem Foto zu sehen ist, und dann natürlich der Dauerbegleiter Rex. Die Aufnahme entstand vor dem Ordenskrug in Balga. Mit diesem hübschen Bildchen beenden wir unsere Kindersommergeschichten, und die anderen, die zu diesem Thema aus unserem Leserkreis kamen und vielleicht noch kommen, werden eingeweckt für das nächste Jahr. Dann werden sie uns besonders gut munden.

Noch ein Nachschrapselchen. Unserer aufmerksamen Leserin Frau Dorothea Blankenagel habe ich es zu verdanken, dass ich dieses Wort korrekt schreibe, denn ich hatte mich einmal phonetisch beeinflussen lassen und aus p ein b gemacht. Hatten wir doch Muttchen immer, wenn sie Kuchen buk, um ein „Nachschraabselche“ angebettelt, aber da das Wort von „schrapen“ kommt, ist die von Frau Blankenagel übermittelte Schreibweise die richtige. Übrigens bezeichnet man auch den jüngsten Sproß einer kinderreichen Familie so – also bin ich auch ein Nachschrapselchen. Ich erwähne Dorothea Blankenagel allerdings nicht aus diesem Grund, sondern weil sie unseren Leserinnen und Lesern wieder ein Angebot macht: Sie ist bereit, zwei Ostpreußenbücher abzugeben, die von den betreffenden Autoren Dr. Alfred Lau und Hildegard Rauschenbach signiert sind. Da beide nicht mehr leben, dürften diese Bücher für manche Leser einen besonderen Wert haben. (Dorothea Blankenagel, Heerstraße 59 in 47053 Duisburg, Telefon 0203/21677.)

Eure Ruth Geede


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