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24.08.13 / Auf der Suche nach Stille / In Kloster Drübeck und auf der Huysburg kann man innere Einkehr halten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-13 vom 24. August 2013

Auf der Suche nach Stille
In Kloster Drübeck und auf der Huysburg kann man innere Einkehr halten

Es gibt magische Orte. Begegnet man ihnen zum ersten Mal, fühlt man sich spontan zu ihnen hingezogen. Und oft liegen sie gar nicht so weit von einem entfernt, man muss sie nur sehen wollen.

Diese Erfahrung bestätigt sich im Kloster Drübeck im Harzvorland. Hier verschmelzen Natur und Architektur zur Einheit. Die romanische Klosterkirche St. Vitus ist eingebettet in ein grünes Ambiente, und der Ruhe suchende Gast scheint in diesem idyllischen Umfeld, das wie geschaffen ist für Meditation, etwas vom Geist vergangener Zeiten zu spüren. Unter den Besuchern überwiegt die Generation 50 plus, aber es pilgern auch zahlreiche jüngere Sinnsucher hierher, um im 3,5 Kilometer von Ilsenburg entfernten Evangelischen Zentrum Kloster Drübeck eine Auszeit von ihrem beruflich bedingten Stress zu suchen. Schon im 10. Jahrhundert lebten in dieser Klosteranlage Benediktinerinnen, und die Regel ihres Heiligen bestimmte den Tagesablauf. Nach Reformationszeit und Bauernkrieg, der Vertreibung der Nonnen und einem verheerenden Brand wurde Ende des 17. Jahrhunderts ein Damenstift ins Leben gerufen und es entstanden auch die von Mauern umschlossenen Gärtchen der Stiftsdamen, in denen der Besucher noch heute Erholung und Erbauung finden kann.

In dem seit 1996 wirkenden Evangelischen Zentrum Kloster Drübeck wurden in den letzten Jahren einige neue, sich ins Umfeld gut einpassende Gebäude errichtet mit funktional eingerichteten Räumlichkeiten, zum Beispiel das „Haus der Stille“, denn dem Schweigen wird ein hoher Wert beigemessen. Den Verzicht auf verbale Kommunikation muss manch einer erst einmal lernen, doch nach einiger „meditativer Körperarbeit“ spürt man, wie wohltuend es an diesem meditativen Ort ist, seine unterschiedlichen Sinne Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten zu schärfen. Bei geschlossenen Augen ist zum Beispiel das Zwitschern der Vögel oder das Wehen des Windes viel intensiver zu erleben. Auch das Betasten einer Baumrinde beschert neue Erfahrungen, und vor allem wird bewusstes Atmen eingeübt. Dabei andere Gedanken auszuschalten, fällt manchem schwer, aber das eine tun und zugleich an anderes denken, ist schlecht. Bei all diesen Übungen wird nicht fromm doziert, denn Pfarrerin Irene Sonnabend bezieht bewusst auch Erkenntnisse anderer Kulturen mit ein, zum Beispiel aus dem Zen-Buddhismus, grenzt sich aber klar von der Esoterik ab, auch von der Suche nach „Entspannung“. Die Verwurzelung im christlichen Glauben bezeichnet sie als Fundament und definiert Meditation als „Wachsein im Augenblick“. Freiwillig finden sich die Gäste in Drübeck zum Beten und gemeinsamen Singen in der Klosterkirche ein.

Ein katholisches Kontrastprogramm zum evangelischen Drübeck bietet das zum Bistum Magdeburg gehörende und gleichfalls an der Straße der Romanik gelegene Benediktinerkloster Huysburg. Nur wenige Kilometer von Halberstadt entfernt liegt es auf dem Höhenrücken Huy. Huysburg gehört ebenfalls zur Straße der Romanik und ist umgeben von sattgrünem, dichtem Buchenwald mit ausgiebigen Wandermöglichkeiten. Hier leben und arbeiten noch zehn Brüder in einer Mönchsgemeinschaft. Der jüngste ist 46 Jahre alt, der älteste über 80. Der Pfarrei gehören in den umliegenden 16 Dörfern noch 900 Katholiken an. 80 Prozent der Bevölkerung sind konfessionslos. Auch auf diesem weiten Areal mit seiner schmucken Klosterkirche, einer dreischiffigen Basilika mit barockem Altar, lassen sich Tage der Stille erleben oder Exerzitien abhalten. Im Ekkehard-Haus, benannt nach Abt Ekkehard, der im 11. Jahrhundert Kloster Huysburg gegründet hatte, finden die Gäste funktional eingerichtete Zimmer mit Blick in die sie umgebende Natur. Bruder Jakobus, promovierter Kunsthistoriker und seit 2005 Mitglied des katholischen Ordens, gibt einen idealen Führer durch das weite Areal ab, in dem auch ein Klostergarten zur Besinnung einlädt. Ob Gebet oder Meditation – auch in diesem Kloster, das vom 11. Jahrhundert bis 1804 bestand und in dem seit 1972 wieder Mönche leben, kann man innerlich zur Ruhe kommen und wird weder nach Konfession noch Weltanschauung gefragt. Nach der „Wende“ wurde das Zentrum weiter entwickelt. Auf die Frage, wie es davor war, antwortet Bruder Antonius, der als Prior Vertreter des Abtes ist: „Es gab die Möglichkeit, hier zu arbeiten.“ Die heutigen Gäste suchen gewöhnlich Abstand zu ihrem Alltag und Ruhe. Exerzitien, Klosterführungen, Tage des Schweigens oder Seminare werden angeboten. Und der Besucher sollte sich keinesfalls das gemeinsame Beten mit den Mönchen entgehen lassen oder das Singen gregorianischer Choräle. Von historischer Bedeutung ist der Kaisersaal im früheren Gästehaus der Abtei. In ihm begegnet man Gemälden mit illustren Herrschern, darunter Friedrich der Große und Friedrich Wilhelm II. samt Gemahlinnen.

Wer aufgrund seiner stillen Einkehrtage weitere geistliche Inspiration sucht, sollte das nahe gelegene Halberstadt besuchen. Imponierend ist hier die räumliche Nähe der Liebfrauenkirche, einer viertürmigen romanischen Basilika, mit ihren einzigartigen Chorschranken – hier bannt eine selten zu findende Madonna mit blonden Zöpfen den Blick – zum gotischen Dom St. Stephanus und St. Sixtus mit seiner imposanten, um 1220 entstandenen Triumphkreuzgruppe. Der prachtvolle Domschatz enthält einzigartige Kostbarkeiten von unschätzbarem Wert.

Als Ausgangsort der Klosterreise bietet sich Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg an, wo das 1000 Jahre alte Kloster „Unser Lieben Frauen“ auf die Romanik zurückweist. Der Bau birgt heute ein Museum für Gegenwartskunst, und sein Besucher findet hier Gelegenheit, die Spannungen zwischen alter Architektur und zeitgenössischen Ausdrucksformen auszuloten. Heide Seele

Information: Evangelisches Zentrum Kloster Drübeck, Haus der Stille, Klostergarten 6, Telefon (03945) 94-330, www.kloster-druebeck.de Kloster Huysburg, Ekkehard-Haus Tagungs- und Gästehaus Huysburg 2, Telefon (039425) 961300, www.huysburg.de


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