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31.08.13 / Ausgerechnet Mehdorn / Ex-Bahnchef soll Flughafen retten – bislang hat er vor allem Chaos und Ruinen hinterlassen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-13 vom 31. August 2013

Ausgerechnet Mehdorn
Ex-Bahnchef soll Flughafen retten – bislang hat er vor allem Chaos und Ruinen hinterlassen

Während Berlin seit Jahren unter der Dauerkrise seiner S-Bahn leidet, soll der maßgeblich Verantwortliche für das Nahverkehrsdesaster nun ausgerechnet ein anderes Berliner Krisenprojekt vor dem endgültigen Absturz retten: Hartmut Mehdorn.

Nichts weniger als „Mainzer Verhältnisse“ sind es, die im Zentrum Berlins in zwei Jahren drohen. Die Deutsche Bahn kündigt an, dass im Sommer 2015 für ein Vierteljahr am Berliner Hauptbahnhof keine Fern- und Regionalzüge mehr halten werden. Der Grund für die angekündigte Teilsperrung mutet erstaunlich an: Der erst 2006 eröffnete Prestigebau der Bahn ist ein Sanierungsfall, der mit 25 Millionen Euro wieder auf Vordermann gebracht werden muss.

Pikant ist der Fall allerdings noch aus einem anderen Grund: Mit Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn und seinem damaligen Projektleiter für den Berliner Hauptbahnhof, dem Ingenieur Hany Azer, schicken sich ausgerechnet zwei wichtige Akteure des Bahnhofsfiaskos nun an, ein anderes Berliner Großprojekt vor dem Absturz zu retten. Mehdorn, bis 2006 Chef der Deutschen Bahn, ist inzwischen Geschäftsführer der Berliner Flughäfen. Geht es nach ihm, dann soll ihm sein damaliger Projektleiter Azer bald zur kriselnden Dauerbaustelle des Großflughafens BER folgen.

Der Auftrag „Tempo machen“ dürfte dem gebürtigen Ägypter Azer bekannt vorkommen. Wie nun beim BER war auch beim Berliner Hauptbahnhof der Terminplan nur noch Makulatur, während die Kosten rapide stiegen. Der von Mehdorn damals herangezogene Azer schaffte es, den Hauptbahnhof wie gewünscht noch rechtzeitig vor der Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 in Betrieb zu nehmen.

Es dauerte allerdings nicht lange, bis sich der vermeintliche Erfolg des Tandems Mehdorn–Azer als Mogelpackung, ja sogar als Desaster entpuppte. Mal regnete es durch die Glaskonstruktion des Bahnhofs durch, mal war es ein tonnenschwerer Stahlbalken, der sich löste und und auf den Vorplatz krachte.

Der vorläufige Tiefpunkt: die nun angekündigte Sanierung des Bahnhofs, wenige Jahre nach seiner Inbetriebnahme. Nicht nur mit Blick auf diesen Sanierungsfall ist die Frage angebracht, was Mehdorn dereinst beim Skandalprojekt BER hinterlassen wird. Angesichts seiner bisherigen „Erfolge“ fragen sich Beobachter irritiert, warum ausgerechnet er die Wende zum Besseren bringen soll.

Bereits als Mehdorn 2009 wegen einer systematischen Mitarbeiterbespitzelung als Bahnchef seinen Hut nehmen musste, war in Ansätzen erkennbar, dass die Bahn unter seiner Ägide regelrecht kaputtgespart worden war: Berlins S-Bahn hat sich bis heute nicht von Mehdorns Sparkonzept erholt. Auch das in Mainz virulent gewordene Personaldesaster der Deutschen Bahn hat ihren Ursprung in der Ära Mehdorn. Um die Bahn attraktiv für einen Börsengang zu machen, hatte er die Zahl der Bahnmitarbeiter ab den 90er Jahren halbiert.

Ebenso zweifelhaft Mehdorns nächster Auftritt – nun als Chef von Air Berlin. Mehdorn erkannte anfangs nicht einmal, dass die Fluglinie dringend saniert werden muss, stattdessen setzte er sogar auf einen kostspieligen Expansionskurs. In der Öffentlichkeit weniger bekannt ist Mehdorns Zwischenspiel bei Heidelberger Druckmaschinen von 1995 bis 1998. Auch hier leitete er vollmundig einen Expansionskurs ein, dessen Kosten bald die Erträge überstiegen. Resultat: Mehdorn verwandelte den Weltmarktführer in einen Sanierungsfall.

Dass er nach solchen Fehlschlägen immer wieder auf wichtige Posten gehievt wurde, dürfte er nicht zuletzt seinem Talent zur großspurigen Selbstdarstellung und einem guten Draht zur Politik zu verdanken haben. Holte 1999 Bundeskanzler Schröder seinen SPD-Genossen Mehdorn zur Deutschen Bahn, so waren dieses Jahr die Ministerpräsidenten Platzeck und Wowereit (beide SPD), die angesichts des Flughafendesasters auf Mehdorn zurückgriffen.

Zwar hat der 71-Jährige mit Blick auf die Flughafeneröffnung inzwischen die Parole ausgeben, „Qualität geht vor Tempo“. Was aktuell vom BER an Meldungen durchsickert, lässt dennoch nichts Gutes ahnen. Jeden Monat werden auf der Baustelle 35 Millionen Euro verbraten, ohne dass nennenswerte Fortschritte sichtbar sind.

Um sein derzeitiges Lieblingsprojekt, eine Teileröffnung des BER mit maximal zehn Fliegern pro Tag, durchzusetzen, soll Mehdorn inzwischen bereits mit seinem Rücktritt gedroht haben. Das Vorhaben „Teileröffnung“ ist zu Recht umstritten: Da für Millionen Euro zunächst einmal weitere Umbauten notwendig werden, kommen bei der kalkulierten Höchstzahl von 1500 Fluggästen täglich irrwitzige Kosten je Passagier zusammen.

Grund für gehörige Skepsis gibt auch, was sich unter Mehdorn an Personalveränderungen abzeichnet: Zum einen ist zwischen ihm und dem BER-Technikchef Horst Amann ein Machtkampf ausgebrochen. Mehdorn mit seinem Hang zu Schnellschüssen wirft dem eher gründlich agierenden Ex-Fraport-Manager Zögerlichkeit vor.

Inzwischen gilt als sicher, dass der Technikchef nach der Bundestagswahl gehen muss. Mitnehmen dürfte er eine deftige Abfindung, da sein Vertrag eigentlich noch bis 2017 läuft. Auf der BER-Baustelle auftauchen könnte stattdessen jemand, der sich zumindest aus Mehdorns Sicht bewährt zu haben scheint: sein ehemaliger Projektleiter beim Berliner Hauptbahnhof Hany Azer. Norman Hanert


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