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31.08.13 / Traurige Bilanz in Ostseebädern / Cranz: Acht Tote an einem einzigen Tag − Behörden und Rettungskräfte fühlen sich nicht zuständig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-13 vom 31. August 2013

Traurige Bilanz in Ostseebädern
Cranz: Acht Tote an einem einzigen Tag − Behörden und Rettungskräfte fühlen sich nicht zuständig

Jedes Jahr ereignen sich im Königsberger Gebiet zahlreiche Badeunfälle, sowohl in den Seebädern als auch außerhalb der vorgesehenen Badeplätze. Häufigste Ursache für das Ertrinken ist übermäßiger Alkohlgenuss. Allerdings sind das Fehlen von Bademeistern und Rettungsstationen mit ein Grund für Todesfälle, wie das Beispiel Cranz zeigt, wo in diesem Jahr an einem Tag acht Menschen starben, davon zwei Kinder.

Die Badesaison an der Ostsee hat ihren Zenit erreicht. Bei sommerlich heißem Wetter und entsprechend angenehmen Wassertemperaturen zog es mehr Menschen an die Strände als im Vorjahr. Besonders an den Wochen­enden sind die Badeorte überfüllt. Traditionell erfreut sich das Seebad Cranz besonderer Beliebtheit, da es von Königsberg aus am nächsten gelegen ist und man in etwa 35 Minuten dorthin gelangt.

In diesem Jahr trübte eine Tragödie die Badefreuden. An einem einzigen Tag ertranken acht Menschen allein in Cranz. Da die Russen es lieben, am Strand reichlich Alkohol zu konsumieren, ist Trunkenheit die häufigste Ursache für Badeunfälle, was jedoch die Untätigkeit der Rettungskräfte nicht rechtfertigt. Wie sich aktuell wieder gezeigt hat, fehlen sie an vielen Strandabschnitten.

Diesmal befanden sich unter den Ertrunkenen auch Kinder. Eine kleine Gruppe von Kindern des Cranzer Kinderhauses wollte an diesem Tag am Strand baden. Als ein Junge untertauchte, lief ein anderer ins Wasser, um ihm zu helfen. Einer der Jungen und blieb verschwunden. Er wurde bis heute nicht gefunden. Von den Erwachsenen am Strand versuchte lediglich der Erzieher, das Kind zu retten.

Rettungskräfte waren weit und breit nicht zu sehen. Der noch zur Sowjetzeit existierende Bademeisterdienst mit Beobachtungstürmen, die noch aus der Vorkriegszeit stammten, und fest eingestellten Bademeistern, ist schon seit Langem eingespart. Die Türme werden seitdem zweckentfremdet. In Rauschen zum Beispiel wurde dort ein Restaurant eingerichtet. In Cranz ist zwar in einem Teil der ehemaligen Rettungsstation das Ministerium für Katastrophenschutz untergebracht, aber der Anleger für Rettungsboote ist entfernt worden, weil er den Ausblick der Besucher des dortigen Cafés gestört hatte.

Die Mitarbeiter des Rettungsdienstes weisen darauf hin, dass unbekannt sei, wer für das betroffene Grundstück am Strand verantwortlich ist. Sie betonen, dass es nicht ihre Aufgabe sei, sondern die Stadt sich um die Badegäste kümmern müsse. Die verantwortlichen Politiker wiederum forderten die Rettungskräfte auf, ihre Arbeit zu machen. Jede Seite beruft sich auf unterschiedliche Gesetze und fühlt sich im Recht. Während die Verantwortlichen streiten, ertrinken Menschen.

Der Strandabschnitt in Cranz, an dem Baden erlaubt ist, er­streckt sich über sieben Kilometer, bewacht ist dieser lediglich an einem Punkt. Aber selbst wenn sich ein Unfall in unmittelbarer Nähe der Wachstation ereignet, eilt niemand zur Hilfe. Nach langen Beratungen wurden in Cranz lediglich Lautsprecheranlagen angeschafft, über die vor Gefahren gewarnt werden kann. Auf der Promenade patrouillieren nun Mitarbeiter des Katastrophenschutzes, die das Meer mit Ferngläsern beobachten.

Bleibt nur zu hoffen, dass sich eine Katastrophe wie die diesjährige nicht wiederholen wird. Offenbar handeln die verantwortlichen Politiker und Rettungskräfte nach dem Motto „Sink oder schwimm“, wie es in einem alten russischen Sprichwort heißt. Jurij Tschernyschew


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