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07.09.13 / Kroatien brüskiert Brüssel / Neues EU-Mitglied wollte Spione aus der Tito-Ära schützen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-13 vom 07. September 2013

Kroatien brüskiert Brüssel
Neues EU-Mitglied wollte Spione aus der Tito-Ära schützen

Nicht viel hat gefehlt und das EU-Neumitglied Kroatien hätte sich im Rekordtempo Sanktionen durch Brüssel eingehandelt. Erst zur Jahresmitte der EU beigetreten, stand bereits Ende August die Drohung im Raum, dass EU-Fördermittel für Kroatien nicht mehr ausgezahlt werden.

Der Anlass: Am 28. Juni – nur drei Tage vor dem EU-Beitritt – hatte das kroatische Parlament quasi noch auf den letzten Drücker ein Sondergesetz beschlossen. Nach dem Willen der kroatischen Regierung unter Zoran Milanovic (Sozialdemokraten) sollte die Wirksamkeit des Europäischen Haftbefehls auf Verbrechen begrenzt werden, die nach dem 7. August 2002 begangen worden sind. Einer der Profiteure der Hau-Ruck-Aktion noch kurz vor dem EU-Beitritt: Josip Perkovic, ein Ex-Geheimdienstler des alten Tito-Regimes, der in Deutschland unter Mordanklage steht.

1983 soll Perkovic ein Attentat auf einen Exil-Kroaten im bayerischen Wolfratshausen begangen haben, so der Vorwurf. Nicht nur in diesem Fall hat die kroatische Justiz eine Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden hartnäckig verweigert. Der Begriff „Lex Perkovic“ steht auch für zahlreiche andere Fälle, in denen der Staat Kroatien seine schützende Hand über Ex-Geheimdienstler der Tito-Ära hält. Zwischen 1960 und 1989 wurden vom damaligen jugoslawischen Geheimdienst Udba im Ausland allein 65 Exilkroaten ermordet. Statt einer juristischen Aufarbeitung der Verbrechen haben zahlreiche ehemalige Angehörige des jugoslawischen Geheimdienstes nach der Unabhängigkeit Kroatiens sogar Aufnahme in die neugegründeten Sicherheitsbehörden des Landes gefunden. Die während der vorangegangenen Jahrzehnte begangenen Verbrechen wurden geleugnet oder sogar als „antifaschistisch“ gerechtfertigt.

Nicht zuletzt aus der Furcht, dass EU-Zahlungen ausbleiben könnten, ist inzwischen ein Einlenken der kroatischen Regierung in Sachen EU-Haftbefehl absehbar. Zwar wettert Ministerpräsident Milanovic noch immer wegen einer vermeintlichen Einmischung in kroatische Angelegenheiten, Justizminister Miljenic hat in einem Schreiben an die EU-Kommission inzwischen aber ein Nachgeben signalisiert.

Die Vorgänge um das kroatische Sondergesetz sind nicht der einzige Anlass, der daran zweifeln lässt, ob die EU gut beraten war, Kroatien so schnell aufzunehmen. Dem Rentensystem des EU-Neumitglieds droht der Kollaps. Wie die Zeitung „Jutarnji list“ berichtet, haben die Ausgaben des kroatischen Rentensystems im Vorjahr mehr als umgerechnet 4,73 Milliarden Euro betragen, die Einnahmen lagen aber weit darunter. Die Ursache der Schieflage: Das nur knapp 4,3 Millionen Einwohner zählende Kroatien hatte 2012 mehr als 1,2 Millionen Rentenempfänger. Ein gesundes Verhältnis wären 2,1 Erwerbstätige auf einen Rentenempfänger, so die Zeitung „Jutarnji list“. Tatsächlich kommt in Kroatien auf 1,18 Erwerbstätige ein Rentner.

Noch dramatischer sieht die Lage inzwischen in Rumänien aus. 2012 sei die Zahl der Menschen mit einer bezahlten Arbeit auf 4,3 Millionen gefallen, die Zahl der Rentner aber auf 5,3 Millionen gestiegen, so das rumänische Wirtschaftsblatt „Ziarul Financiar“. Die Meldungen aus Kroatien und Rumänien machen auf ein Phänomen aufmerksam, das bisher kaum beachtet wird. Mit ihren letzten Beitrittsrunden hat die EU gleich mehrere Länder aufgenommen, in denen das Rentensystem kurz vor dem Kollaps steht. N.H.


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