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07.09.13 / Gruppenreise mit außergewöhnlichen Höhepunkten / Kreisgruppe Neuss erkundete Zeugnisse deutscher Geschichte und wurde mit polnischer Gastfreundschaft empfangen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-13 vom 07. September 2013

Gruppenreise mit außergewöhnlichen Höhepunkten
Kreisgruppe Neuss erkundete Zeugnisse deutscher Geschichte und wurde mit polnischer Gastfreundschaft empfangen

Vom 5. bis zum 14. August fuhr die Kreisgruppe Neuss unter ihrem Vorsitzenden Peter Pott zum inzwischen achten Mal in die Heimat. 31 Personen kamen zusammen, von denen zehn aus den ehemaligen deutschen Ostprovinzen stammten (sieben aus Ostpreußen, zwei aus Schlesien, einer aus Pommern), während die übrigen sich aus Neussern oder Landsleuten anderer deutscher Regionen zusammensetzten.

Mit einem Busunternehmen ging es am ersten Tag bis in die pommersche Hauptstadt Stettin, die bei einem ausführlichen Rundgang erkundet wurde. Hier stieg die polnische Reiseführerin Beata zu, welche die Gruppe bis zum vorletzten Tag in Thorn begleitete, dabei überall umfassend und mit viel Charme informierte und so den Teilnehmern unser östliches Nachbarland mit all seinen Facetten in beeindruckender Weise näherbrachte. Tatsächlich durchquert man auf einer Reise nach Ostpreußen ja auch andere deutsche Kulturregionen, die eine Fülle von gut erhaltenen historischen Relikten aufweisen.

Durch Hinterpommern verlief die Fahrt weiter nach Danzig, wo gerade der dreiwöchige Dominikanermarkt stattfand, der inzwischen auf eine mehr als 750-jährige Tradition zurückblickt und bei dem stets mehr als eintausend Händler ihre Waren anbieten. Das Ereignis leitet sich aus einem Ablassprivileg Papst Alexanders IV. her, das dieser am 5. August (Tag des heiligen Dominikus) des Jahres 1260 dem Dominikanerorden gewährt hatte, und so wurde in Erinnerung daran bis 1944 alljährlich zur selben Zeit (diesmal vom 31. Juli bis zum 22. August) ein solcher Markt abgehalten. 1972 nahmen die Polen den Brauch wieder auf und führen ihn seither fort.

Neben der Besichtigung der Stadt selbst standen Ausflüge ins benachbarte Seebad Zoppot und in die Hafenstadt Gdingen sowie nach Oliva auf dem Programm, wo man in der Klosterkirche einer Vorführung auf der berühmten Orgel lauschte. Von Kahlberg auf der Frischen Nehrung aus erfolgte dann mit einem kleinen Schiff die Fahrt über das Haff nach Frauenburg. Hier wurde die gewaltige Domburg besichtigt, wo einst Nikolaus Copernicus wirkte und in deren Kathedrale auch seine sterblichen Überreste ruhen. Außerdem legte die Gruppe einige besinnliche Minuten am Gedenkstein für die Opfer von Flucht und Vertreibung ein, denn von dort aus hatten im Januar und Februar 1945 rund eine halbe Million Menschen versucht, über das gefrorene Haff der nachsetzenden Roten Armee zu entkommen, wobei viele ertranken oder in Eis und Schnee umkamen.

Weiter ging es zur Marienburg, dem größten Backsteinbau Europas und im Mittelalter Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ordens. Die zweistündige Führung hinterließ zumindest die wichtigsten Eindrücke, denn um die gesamte Burganlage zu erkunden, würde man viele Stunden oder sogar Tage benötigen. Nach soviel Geschichte gab es schließlich Erholung und Entspannung in Gestalt einer Bootsfahrt auf einem der unzähligen Seen des Oberlands, dann erfolgte über Allenstein und Sensburg die Weiterreise ins Zentrum der Masurischen Seen nach Lötzen, wo die Gruppe vier Nächte verweilte.

An den kommenden Tagen ging es zu einer Stakerfahrt auf der Krutinna, anschließend mit dem Schiff über den Spirding-See nach Nikolaiken, dem „Venedig Masurens“. Mittags stand ein zünftiges Fischessen auf dem Programm, abends wurden die Reiseteilnehmer zu einem ritterlichen Festmahl (mit anschließenden Ritterspielen) erwartet. Es folgten die Besichtigung des ehemaligen Führerhauptquartiers „Wolfschanze“ bei Rastenburg, wo am 20. Juli 1944 Oberst Graf Stauffenberg das Attentat auf Adolf Hitler verübte, sowie ein Besuch der Wallfahrtskirche Heiligelinde mit einem Konzert auf der mit beweglichen Figuren versehenen Orgel. Über Schloss Steinort, dessen langwierige Restaurierung nun endlich in Angriff genommen wird – es gehörte bis 1944 der gräflichen Familie von Lehndorff und diente während des Zweiten Weltkrieges Reichsaußenminister von Ribbentrop auch als Feldquartier, – führte der Weg zurück nach Lötzen, wo am nächsten Tag der Besuch eines deutschsprachigen evangelischen Gottesdienstes eine Einladung beim „Deutschen Sozial-Kulturellen Verein“ anstand, in dessen Räumlichkeiten man bei Kaffee und Kuchen die Gelegenheit hatte, sich mit den Angehörigen der deutschen Minderheit vor Ort auszutauschen, die seit ihrer Gründung 1991 enge Kontakte zur Kreisgemeinschaft Lötzen (in der Landsmannschaft Ostpreußen) pflegt. Obwohl sich deren Vorsitzender zufällig auch gerade in Lötzen aufhielt, war er der Einladung leider aus unbekannten Gründen nicht gefolgt, was die Diskussion sicherlich bereichert hätte.

Abends war Lötzen, das zu Recht als „Sommerhauptstadt Masurens“ bezeichnet wird, Schauplatz eines außergewöhnlichen Ereignisses, welches einen der Höhepunkte der Reise bildete: Auf der denkmalgeschützten Drehbrücke über den Kanal, der den Löwentin- mit dem Mauersee verbindet, und vor der Kulisse der illuminierten, seit zwei Jahren restaurierten Ordensburg nahm Bürgermeisterin Jolanta Piotrowska die Ehrenfahne des Europarates entgegen (die PAZ berichtete in Folge 34). Umrahmt wurden die Feierlichkeiten durch ein Händel-Konzert, den Abschluss bildete ein Feuerwerk, dem noch während der musikalischen Darbietung ein hell leuchtender Komet mit langem Schweif vorausging, der in Sekundenschnelle am Firmament verglühte.

Über Thorn und Gnesen führte der Rückweg zuerst nach Posen, wo die Stadtführerin Barbara die Reiseteilnehmer im Rahmen eines Rundgangs und einer Rundfahrt mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vertraut machte, darunter die älteste Kirche Polens (der heutige Dom) und das sogenannte Kaiserschloss, das in den Jahren 1905–1910 im neoromanischen Stil für Kaiser Wilhelm II. in seiner Eigenschaft als Großherzog von Posen errichtet wurde und das zugleich die letzte in Europa erbaute Residenz eines Monarchen darstellt. Über Frankfurt an der Oder und Berlin ging es am übernächsten Tag auf der seit 2012 fertiggestellten Autobahn schließlich wieder nach Neuss. Bleibt noch zu erwähnen die stets erfahrene polnische Gastfreundschaft, die – wie zu hören war – bei einigen der Reiseteilnehmer den Wunsch nach einem baldigen Wiedersehen mit dem Land und seinen Menschen sowie seiner vielfältigen Geschichte weckte. Wolfgang Reith


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