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14.09.13 / Nasenstüber für Weltmacht USA / Russlands Rolle im Syrienkonflikt stärkt Putins Macht – Obama gewinnt bestenfalls Zeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-13 vom 14. September 2013

Nasenstüber für Weltmacht USA
Russlands Rolle im Syrienkonflikt stärkt Putins Macht – Obama gewinnt bestenfalls Zeit

Der Syrienkonflikt und der bevorstehende mögliche US-amerikanische Militärschlag gegen das Assad-Regime überschatteten den G-20-Gipfel in St. Petersburg. Waren zum Zeitpunkt des Treffens der Vertreter der 20 wichtigsten Nationen der Welt die Fronten zwischen Obama und Putin verhärtet, zeichnete sich am Rande des Gipfels eine unerwartete Wende ab.

US-Präsident Barack Obama hatte vor Beginn des G-20-Gipfels, der am 5. September in St. Petersburg begann, ein persönliches Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin wegen der vorangegangenen Affäre um Ex-Geheimdienstler Edward Snowden und Russlands Veto im Uno-Sicherheitsrat gegen eine Militäroperation in Syrien abgelehnt. Am Rande des Gipfels sprachen auf Putins Initiative hin beide Staatsoberhäupter dann doch 20 Minuten miteinander, konstruktiv, wie es später hieß. Offiziell war zu diesem Zeitpunkt noch nichts von einer Annäherung der Positionen gegenüber Syrien zu merken.

Die Überraschung war perfekt, als unmittelbar nach dem Gipfel Russlands Außenminister Sergej Lawrow eine scheinbar nicht einmal ernst gemeinte Äußerung seines US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry aufgriff, das Assad-Regime könne einen Militärschlag nur noch abwenden, wenn es seine chemischen Waffen aufgäbe. Der russische Außenminister erklärte völlig unerwartet, Russland werde Druck auf Assad ausüben, damit dieser internationalen Kontrolleuren seine Chemiewaffen übergibt beziehungsweise sie dann vernichtet. Diesen Vorstoß begrüßte Syriens Außenminister Walid al-Muallim sofort, der gerade in Russland zu Besuch war. Ob Assad ihn ebenfalls gutheißen wird, ließ al-Muallim offen. Während John Kerry vor einem möglichen Ablenkungsmanöver warnte, sprach Obama von einer „potenziell positiven Entwicklung“.

Die USA hatten Schwierigkeiten, ihre Gipfel-Partner von ihrer Sicht des Syrienkonflikts zu überzeugen. Syrien ist zu klein und zu weit weg von eigenen Interessen, um dafür einen Krieg zu riskieren.

Umfragen zufolge sind drei Viertel der US-Amerikaner gegen einen Angriff auf Syrien. Die Situation weckte Erinnerungen an die Einsätze des US-Militärs der jüngsten Vergangenheit im Irak, Afghanistan und Libyen, die alle nicht erfolgreich waren. Der Militäreinsatz in Libyen, gegen den Russland Veto eingelegt hatte, und der gesamte „Arabische Frühling“ waren für den Friedensnobelpreisträger Obama ein Rückschlag. Die zögerliche Haltung der Nato-Mitglieder, vor allem die Absage von Großbritannien und Deutschland, hinsichtlich einer Beteiligung an einem Militärschlag, machen deutlich, dass die USA nicht mehr unbedingt über die Mittel verfügen, überall als Weltpolizist aufzutreten.

In dieser Situation schlüpft Russland in die willkommene Rolle als Retter der Welt. Putin nutzt die Gelegenheit, der Welt zu beweisen, dass er der bessere Diplomat ist. Ob beabsichtigt oder nicht, mit der diplomatischen Lösung hilft Putin Obama, sein Gesicht zu wahren. Der US-Kongress hat seine Entscheidung zum Militärschlag gegen Syrien vertagt, Obama gewinnt damit Zeit.

Russland hat ein Interesse daran, einen Militärschlag der USA in Syrien zu verhindern, nicht, weil das Land ein so wichtiger Partner für Moskau wäre, sondern weil die Gefahr bestünde, dass Russland als Schutzmacht versagt. Tests seiner neuesten ultramodernen Waffen verliefen nur teilweise erfolgreich. Ein Versagen der Waffen wäre ein schlechtes Signal für andere, sich unter den Schutz

Moskaus zu stellen. Wirtschaftlich könnte Russland von einem Syrienkrieg profitieren, wenn der Ölpreis auf 150 Dollar pro Barrel steigt. Das würde der rohstoffabhängigen russischen Wirtschaft helfen, wenn auch nur kurzfristig, denn die bisherigen Ölfelder sind zu 50 Prozent erschöpft. Selbst wenn es wollte, könnte das Land nicht mehr fördern.

Russlands Haltung gegenüber dem Assad-Regime ist vielen unverständlich. Experten vermuten, dass es um einen Kampf zwischen Moskau und Katar geht, einem geopolitischen Gegner Russlands.

Die meisten Araber sind Sunniten und betrachten Syrien als Gegner, wo Schiiten beziehungsweise Alawiten an der Macht sind. Saudi-Arabien soll Russland schon einen Waffendeal für 15 Milliarden Dollar angeboten haben, damit die Russen Syrien nicht mehr beliefern. Katar konkurriert mit Mos-kau auf dem europäischen Gasmarkt, durch Managementfehler bei Gazprom sogar erfolgreich. Katar finanziert fanatische Islamisten gegen Assad, weshalb Mos-kau auch davon ausgeht, dass der Giftgasanschlag von Al-Nusra, einer Kampfformation von Al-Kaida, verübt wurde. Putin wies in diesem Zusammenhang auch auf die Kaukasus-Problematik hin. Er wetterte, die Saudis schürten die Konflikte, um Russland zu schwächen.

Kurz nach dem Giftgasanschlag waren Experten der Uno in Damaskus. Ihre Auswertungen liegen noch nicht vor, doch von einem Spionageschiff der Deutschen Marine, das vor der syrischen Küste kreuzte, abgefangene Funkgespräche belegen, dass Baschar Al-Assad die Forderung seiner Kommandeure nach Giftgasangriffen abgelehnt hatte.

Der Kampf um Syrien bringt die Welt in ein Ungleichgewicht. Neben den alten Weltmächten USA und Russland sind weitere Länder beteiligt. Dem pro-syrischen Iran stehen die Syrien-Gegner Saudi-Arabien und Türkei gegenüber. Die USA planen ihren Militärschlag gegen Assad kaum wegen der Demokratie in Syrien, sondern um das geopolitische Gleichgewicht zu erhalten.

Sowohl den USA als auch Russland dient der Syrienkonflikt, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Obama plagen Sorgen um die Wirtschaft und ausufernde Staatschulden, eine Bevölkerungsentwicklung weg von weißer Mehrheit, hin zu einer Hispano-Latino-Gesellschaft. Russland leidet an einer Wirtschaftsflaute aufgrund seiner Abhängigkeit von Rohstoffen. Für Russland ist die islamische Expansion in Asien eine Gefahr. Seine Rolle im Syrien-Konflikt erlaubt es Putin zu zeigen, dass im Uno-Sicherheitsrat und somit in der ganzen Welt nichts ohne seine Zustimmung geht. Manuela Rosenthal-Kappi


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