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14.09.13 / Wahlberechtigt und verwirrt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-13 vom 14. September 2013

Wahlberechtigt und verwirrt
von Melinda Heitmann

Deutschlands Erstwähler sind volljährig, aber unerfahren. Sie sind wahlberechtigt und damit Verantwortliche. Mitverantwortliche für Entscheidungen, die den Staat und das deutsche Volk betreffen. Das erstmals zu realisieren fühlt sich merkwürdig an. Die wenigsten haben von vornherein eine klare politische Meinung oder wirklich Durchblick. Ein Nicht-Wähler zu sein ist für die meisten ausgeschlossen, da man in der Schule oder von den Eltern ans Herz gelegt bekam, diese Freiheit zu schätzen zu wissen. Außerdem will man diese neue Pforte zum Erwachsensein nicht ungeöffnet lassen.

Doch wenn man sich dann kopfüber ins Wahlkampfgetümmel hineinstürzt, geht man allzu schnell unter im Dschungel von Plakaten, Wahlsprüchen, Reden, Fernsehauftritten und Veranstaltungen. Schon lange heißt es, der Wahlkampf würde immer langweiliger und die großen Parteien glichen sich immer mehr. Es gibt viele Informationen in Flyern, im Politikteil von Zeitungen oder im Internet. Abgesehen von Plakaten, die oft Aussagen abseits des Wahlprogramms beinhalten (zum Beispiel: „Wir haben die Kraft“ von der CDU – Kraft für was denn?), geben auch Gegenüberstellungen in den Medien wenig Aufschluss. Da heißt es beispielsweise, man habe bei der Entscheidung für CDU oder SPD die Wahl, ob eher die „Steuerhinterziehung“ (CDU) oder der „Steuerbetrug“ (SPD) wirksam bekämpft werden sollten. Als zukünftiger Steuerzahler stutzt man. Ist das vorher etwa nicht erfolgreich geschehen?

Die Energiewende wollen alle Parteien schnell hinter sich bringen und die Strompreise möglichst senken. Das Betreuungsgeld wird von allen außer der Union abgelehnt. Selbst die FDP zeigt sich skeptisch, obwohl sie es in der Koalition mit durchgesetzt hat. Die FDP ist sich hingegen einig mit der SPD über die Verwirklichung einer transatlantischen Freihandelszone. Auch wenn die Meinungen beim Mindestlohn und dessen Höhe auseinandergehen, so wollen doch alle Parteien neue Unterstützungsformen einführen oder alte erhöhen. Und dabei sollen gleichzeitig die Steuern sinken können? Und wie soll man bitte die Durchsetzung eines „Gemüse-Tages“ ernst nehmen in einem Bundeswahlkampf?

Man kann sich zwar als Erstwähler bei einem Problem einem bestimmten Standpunkt zuordnen, doch vertritt man oftmals mit seinen einzelnen Standpunkten die Meinungen verschiedener Parteien. Der Wahlkampf wirkt erdrückend, eher wie ein „Wahlwirrwarr“. Da hilft auch der „Wahl-O-Mat“ nichts, laut dem man zu gleichen Teilen rechtsradikal und liberal sein kann. Was, wenn man das „Falsche“ wählt? Lieber gar nichts wählen? Doch! Wählen. Meine Stimme zählt. Bloß für wen? Auch das viel gepriesene Fernsehduell half nicht weiter. Peer Steinbrück untergrub in dem Fernsehduell ein eigenes Zitat, Angela Merkel wich Fragen der ständig dazwischenquatschenden Moderatoren zu unerfüllten Versprechen der letzten Jahre aus.

Aus dem Wahlwirrwarr der großen Parteien sprießen inzwischen viele kleine Parteien hervor, die sich explizit mit einem Thema wie der Euro-Krise beschäftigen. Doch sind sie auch auf anderen Politikgebieten hinreichend vorbereitet, sollten sie in den Bundestag einziehen? Oder würden sie an der Aufgabenvielfalt von innen heraus zerbrechen? Außerdem gibt es inzwischen einen nicht unerheblichen Anteil an Spaßparteien, deren Sarkasmus und Ernstlosigkeit man in der Verzweiflung vielleicht noch am meisten zustimmt, wie beispielsweise „Die Partei“ mit dem Wahlspruch „Das Bier entscheidet“. Nachdem man das erste Mal intensiver versucht hat, sich mit den Wahlprogrammen auseinanderzusetzen und wie die meisten wohl auf kein klares Ergebnis kam, kann man sicherlich ein Bier gebrauchen, nur nimmt es einem wohl leider nicht die Unentschlossenheit. Also auch das wieder nur ein falsches Wahlversprechen?


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