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14.09.13 / Terror aus dem Untergrund der Erde / Erdbeben: Wie man sich an der US-Westküste auf »The Big One«, den von vielen Experten erwarteten großen Schlag, vorbereitet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-13 vom 14. September 2013

Terror aus dem Untergrund der Erde
Erdbeben: Wie man sich an der US-Westküste auf »The Big One«, den von vielen Experten erwarteten großen Schlag, vorbereitet

Los Angeles liegt auf dem sogenannten „Ring of Fire“, dem „Feuer-Ring“, der den Pazifik umzirkelt und der auch 2011 das Beben von Fukushima verursacht hat. „Das Big One ist überfällig in Los Angeles“, meint Margaret Vinci, Chefin des „Büros für Erdbeben-Vorfälle“ der Stadt. „Wir wollen die Leute nicht verunsichern. Aber seit 1857 haben wir kein Beben der Größe 7,8 gehabt.“

„Ja, wir leben auf schwankendem Boden“, pflegen die Kalifornier mit einem müden Lächeln die besorgte Frage Fremder abzutun, ob sie denn keine Angst vor einem Erdbeben haben, gar vor dem vielzitierten „Big One“. Doch warum sollten sie etwas fürchten, von dem keiner weiß, ob es je eintrifft? „Die menschliche Angewohnheit, Risiken nicht sehen zu wollen, ist gefährlich“, sagt Jane Bullock, Autorin diverser Bücher über Klimawandel und Katastrophen-Management. „Das müssen wir ändern.“ Denn wie die offiziellen seismologischen Karten offenbaren, ist der Boden von Kalifornien (und nicht nur der) durchzogen von ungezählten Erdbebenspalten: großen und kleinen, langen und kurzen sowie in der Vergangenheit bedeutsamen wie der 120 Kilometer langen San-Andreas-Spalte. Am 11. August dieses Jahres meldete das seismologische Institut „Southern California Earthquake Data Center“ um 16.48 Uhr, dass es in relativ kurzer Zeit allein 779 Erdstöße in Kalifornien und dem benachbarten Nevada gab. Davon zwei in der letzten Stunde, 31 am Vortag und der Rest in der Woche davor. Alle in einer Stärke der unteren Richter-Skala von 1 bis 3. Dabei brechen keine Häuser zusammen, kommen keine Menschen ums Leben, aber es zeigt – auch größere Beben wie bei San Diego und nahe Palm Springs häuften sich in letzter Zeit –, wie die Erde hier an jedem normalen Tag in unermüdlicher Bewegung ist.

Erdbeben sind ein Terror für die Bevölkerung, sozusagen die Al-Kaida der Natur: ein unsichtbarer Feind, unberechenbar und tödlich. Man weiß nie, wann, wo und wie gewaltsam sie zuschlagen. Ob in dichtbesiedelter Gegend mit horrendem Schaden wie in Hawaii und Chile, ob unter dem Meeresboden mit gewaltigen Tsunamis wie in Fukushima und Sumatra oder in wenig bevölkerten Teilen, wo nichts Wesentliches passiert. Noch heute spricht man von dem historischen Beben von 1906, das 80 Prozent von San Francisco zerstörte und über 2000 Menschenleben forderte. Eine lange Periode relativer Ruhe folgte, bis 1987 die San-Andreas-Spalte wieder zuschlug, Brücken, Straßen und Häuser der berühmten Stadt zerstörte, wenn auch in weit geringerem Umfang.

Im hochgefährdeten Los Angeles schlug die Natur zuletzt 1994 mit dem sogenannten „North­ridge-Erdbeben“ zu, das 54 Tote und Milliarden-Schäden verursachte. Nachts um vier ein erschrecktes Erwachen. Wie von Zauberhand geschüttelt, schwankte das Bett, 40 endlose Sekunden. Lärmend stürzten Bücher aus den Regalen, Lampen vom Tisch. Der erregt eingeschaltete Fernseher zeigte in großen Buchstaben nur ein Wort: „Earthquake“ (Erdbeben). Dann erlosch das Bild und alles Licht. Die flimmernde Film-Metropole war in totaler Finsternis, nur unterbrochen von aufschießenden Feuern. Dazu das Heulen der Sirenen von Polizeiautos und Ambulanzen. Schnell aber wurde wieder aufgebaut, schöner und erdbebensicherer. Und die alte Sorglosigkeit der Angelenos ließ bald den Schrecken vergessen.

Doch nicht von öffentlicher Seite. Los Angeles hat mit die strengsten Bauvorschriften in der Welt. Häuser müssen dehnbar konstruiert werden, so dass sie ein längeres Schwanken überstehen ohne einzustürzen, selbst die Wolkenkratzer in Downtown. Im März veranstaltete die Stadt, organisiert vom „L.A. County’s Office of Emergency“, der Behörde für Katastrophenschutz, ein Überlebenstraining für 300 Freiwillige mit einem simulierten 7,8 Erdbeben (das „Big One“ läge in etwa zwischen 7,8 und 8,8). In einem großen, für solche Zwecke errichteten Center, gebaut auf Basis-Isolatoren, das selbst einem solchen Schwanken standhalten würde. „Man fühlt sich wie in einem Boot auf hoher See“, beschrieb Ken Kondo, der Sprecher des Centers, anschaulich sein Erleben. Auch Schulen halten regelmäßige Übungen ab nach dem Motto „Duck, cover and hold“ – geduckt Schutz suchen unter einem Tisch oder Türrahmen und sich nicht bewegen. Und immer wieder betonen die Medien, dass jeder Haushalt einen Überlebensvorrat bereithalten muss. Vor allem mit genügend Wasser, Dosen- und Trockennahrung, Medikamenten und Verbänden, Kerzen sowie Radios und Taschenlampen mit Batterien. „Wir müssen physisch und mental darauf vorbereitet sein“, so Margaret Vinci. „Je sicherer wir planen, umso eher können wir überleben, und umso schneller erholen wir uns dann wieder.“ Liselotte Millauer


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