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14.09.13 / Auschwitz überlebt / Prager Jüdin erinnert sich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-13 vom 14. September 2013

Auschwitz überlebt
Prager Jüdin erinnert sich

Helga Weiss begann im Jahr 1938 mit ihren Tagebuchaufzeichnungen. Wie durch ein Wunder hat nicht nur die Autorin, sondern auch ihr Tagebuch die folgenden Jahre überlebt. Ihr Onkel mauerte die Aufzeichnungen und Aquarelle des Kindes in Theresienstadt ein, als Helga Weiss und ihre Eltern von dort nach Auschwitz deportiert wurden.

1929 wurde die Autorin von „Und doch ein ganzes Leben. Ein Mädchen, das Auschwitz überlebte“ in Prag geboren. Ihr Vater war Angestellter der Staatsbank und ihre Mutter Schneiderin. Erschreckend eindringlich sind die Schilderungen der Autorin, wie nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Prag den jüdischen Bürgern nach und nach ihre Rechte und somit der Zutritt zu ihren Arbeitsstellen, Schulen, Spielplätzen, Supermärkten und sämtlichen weiteren Einrichtungen des öffentlichen Lebens verwehrt wurde. Die jüdischen Bürger begannen, ihre Kinder selbst zu unterrichten, und versuchten, aus der prekären Lage das Beste zu machen. Zunächst auch mit Erfolg: „Wenn es nach uns ginge, könnte dieses Leben durchaus noch ein paar Jahre so weitergehen. Doch leider finden wohl auch die Deutschen, dass es uns zu gut geht, und jetzt denken sie sich neue Sachen aus, mit denen sie Aufregung in unser friedliches Leben bringen können. Diesmal haben sie sich etwas ganz Tolles ausgedacht, eine Idee, auf die man im Mittelalter stolz gewesen wäre, nämlich die Juden auffällig zu markieren. Sterne! Leuchtend gelb, mit dem Wort ,Jude‘ darauf.“ Doch auch die Tatsache, dass die jüdischen Bürger auf diese Weise gebrandmarkt wurden, war bekanntlich nicht der Höhepunkt der negativen Entwicklungen. Der Entschluss der Nationalsozialisten im Jahr 1941, die ehemalige Festungsanlage Theresienstadt in Prag in ein Sammellager für Juden aus dem Protektorat Böhmen und Mähren umzuwandeln, führte dazu, dass auch Helga und ihre Eltern dorthin deportiert wurden. Unzumutbare Zustände, Krankheit und Hunger bei völliger Überlastung der ehemaligen Garnisonsstadt bestimmten den Alltag.

Doch so schrecklich die Schilderungen der Autorin auch über den Aufenthalt in Theresienstadt sein mögen, so sind sie nichts im Vergleich zu dem, was sie und ihre Mutter nach der Deportation nach Auschwitz durchlebten. Ein Leben, ohne eigentlich noch Mensch zu sein, lediglich ein atmendes und hoffendes Wesen in Schmutz, Hunger und Kälte. Grausamkeiten werden geschildert, die dem Leser kurzzeitig das Atmen schwer machen.

Helga Weiss und ihre Mutter haben überlebt. Sogar den Hungermarsch kurz vor Kriegsende haben sie überstanden. Die Gas-kammer des Konzentrationslagers Mauthausen hatte bereits das letzte Mal ihren teuflischen Zwecken gedient, als Helga Weiss und ihre vor Hunger und Entkräftung halbtote Mutter dort eintrafen.

Schonungslos gewährt Helga Weiss in ihrem Buch „Und doch ein ganzes Leben, Ein Mädchen, das Auschwitz überlebte“ einen Einblick in die Hölle ihrer Jugend und liefert damit ein Zeitzeugnis einer der letzten Überlebenden von Auschwitz. Nach den letzten Seiten des Buches, die ein Interview mit Helga Weiss bieten, bleibt der Leser nachdenklich zurück. Vanessa Ney

Helga Weiss: „Und doch ein ganzes Leben. Ein Mädchen, das Auschwitz überlebte“, Bastei Lübbe Verlag, Köln 2013, gebunden, 224 Seiten, 18 Euro


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