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21.09.13 / Woidkes Rennen gegen die Zeit / Potsdam: Neuer Ministerpräsident legt guten Start hin – Er hat aber nur ein Jahr bis zur Wahl

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-13 vom 21. September 2013

Woidkes Rennen gegen die Zeit
Potsdam: Neuer Ministerpräsident legt guten Start hin – Er hat aber nur ein Jahr bis zur Wahl

Seit 1990 ununterbrochen an der Macht sind bei der Brandenburger SPD die Ermüdungsanzeichen nicht mehr zu übersehen. Nur knapp ein Jahr bleibt dem neuen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), um den Aufwärtstrend der Brandenburger CDU zu stoppen.

Einen Achtungserfolg konnte Brandenburgs neuer Ministerpräsident gleich zu Beginn seiner Amtszeit verbuchen. Bei seiner Wahl erhielt Sozialdemokrat Woidke vier Stimmen mehr, als die rot-rote Koalition im Brandenburger Landtag selbst auf die Waage bringt. Mehr noch: Was zunächst als Verlegenheitslösung aussah, scheint sich für die SPD als Glücksgriff zu entpuppen. Auch seine Antrittstour durchs Land scheint dem 51-Jährigen besser gelungen zu sein, als Skeptiker anfangs dachten. Woidke – der noch vor wenigen Monaten nur jedem zweiten Brandenburger bekannt war – scheint gut anzukommen.

Ein Pluspunkt, den Woidke gezielt ausspielt: Anders als sein Vorgänger Matthias Platzeck stammt er nicht aus der Landeshauptstadt Potsdam, sondern ist ein Mann aus der „Provinz“. Entsprechend glaubhaft kommt es an, wenn der gebürtige Lausitzer versichert, die Kluft zwischen dem reichen Speckgürtel um Berlin und den bevölkerungsarmen, hauptstadtfernen Regionen dürfe sich nicht weiter vertiefen. Auch, dass der promovierte Agraringenieur im Notfall auch melken und einen Trecker fahren kann, bringt bei den bodenständigen Wählern im ländlichen Brandenburg durchaus Punkte.

Besser als Platzeck hat der bisherige Innenminister Woidke zudem erkannt, wie wichtig den Bürgern die Sicherheitslage im Land ist. Scheinbar un-ideologisch hat er inzwischen eingestanden, dass es immer noch große Probleme mit Grenzkriminalität und Einbruchsdiebstählen im Berliner Umland gibt. Überwiegend positiv dürfte im Land zudem aufgenommen worden sein, dass der Platzeck-Nachfolger keinen weiteren Anlauf zu einer Länderfusion mit Berlin plant. Im Jahr 1996, als es zu einer (gescheiterten) Volksabstimmung über eine Länderehe kam, galt Woidke als glühender Fusionsbefürworter. Nun, fast zwei Jahrzehnte später, sieht er, dass für das Projekt bei den Brandenburgern keine Mehrheit zu gewinnen ist. Die Gründe für die Ablehnung seien geblieben, so Woidke. Zum einen stünden 2,5 Millionen Brandenburgern 3,5 Millionen Berlinern gegenüber. Berlin habe zudem gut 60 Milliarden Euro Schulden, Brandenburg nur 18 Milliarden.

All das sind gute Aussichten, dass die SPD auch nach dem Abgang Platzecks ihre Macht behaupten kann – sollte man zumindest meinen. Tatsächlich jedoch droht die märkische SPD in den kommenden Jahren trotzdem in schwieriges Fahrwasser zu geraten: Seit 1990 ununterbrochen an der Macht können die Genossen Verschleißerscheinungen kaum noch verbergen. Schon als es darum ging, einen Nachfolger für Platzeck zu finden, war offenkundig, wie schwach die SPD aufgestellt ist, wenn es um vorzeigbares Spitzenpersonal geht.

Als Warnsignal kann die Posse gelten, die sich um den Landratsposten im Landkreis Teltow-Fläming abgespielt hat. Rechtskräftig wegen Untreue und Vorteilsannahme verurteilt war im Dezember 2012 der langjährige Amtsinhaber Peer Giesecke (SPD) abgewählt worden. Zur Direktwahl eines neuen Landrats trat die SPD dann mit dem Kandidaten Frank Gerhard an. Kurz vor dem Wahltermin wurden indes auch gegen Gerhard Korruptionsvorwürfe laut, auch er ist inzwischen rechtskräftig verurteilt. Das Endergebnis des unwürdigen Hick-Hacks: Eine Kandidatin der Linken setzte sich in einer Stichwahl durch – die SPD stellt in Brandenburg einen Landrat weniger.

Die nächste böse Überraschung droht der SPD bei den Bundestagswahlen. Brandenburgs CDU, deren Repräsentanten sich innerhalb der Union zuweilen schon anhören mussten, die „schlechteste CDU Deutschlands“ zu sein, kann auf ihr historisch bestes Ergebnis hoffen. Im roten Brandenburg hat die Union erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten gute Chancen, den Genossen gleich mehrere Direktmandate abzujagen, so die Prognose der bisher recht zuverlässigen Hamburger Wahlforscher von „election.de“. CDU-Chef Michael Schierack ist realistisch genug, sich die guten Umfragewerte von Anfang September nicht als eigenen Verdienst ans Revers zu heften: „Der Bundestrend bläst uns diesmal in den Rücken. Die Kanzlerin genießt hohe Sympathie in Ostdeutschland“, so Schierack gegenüber den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“. Und: „Wir erhoffen uns vom Abschneiden natürlich auch Rückenwind für die Landtagswahl im nächsten Jahr.“

Ob es die CDU schon bei den Landtagswahlen im Herbst 2014 schafft, in Brandenburg stärkste Partei zu werden, darf indes bezweifelt werden. Die SPD scheint inzwischen erkannt zu haben, dass Wahlerfolge in ihrer jahrzehntelangen Hochburg Brandenburg keine Selbstläufer mehr sind. Woidkes Nachfolger als Innenminister, Ralf Holzschuher (SPD), hat angekündigt, dass es keine weitere Polizeireform geben wird. Das heiße Eisen „Kreisreform“ wird die SPD vor den Landtagswahlen 2014 ebenfalls kaum anpacken – zu groß ist die Gefahr, umgehend bei der Wahl abgestraft zu werden. Als große Unbekannte bleibt das Skandalprojekt Großflughafen BER. Sollten von dort in den kommenden Monaten neue Hiobsbotschaften oder gar nochmals massive Geldforderungen auftauchen, kann es im Herbst 2014 für Brandenburgs SPD tatsächlich noch einmal eng werden. Norman Hanert


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