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28.09.13 / Chimäre Elektroauto / Bisher gibt es das spritlose Fahrzeug vor allem in den Visionen der Politiker

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-13 vom 28. September 2013

Chimäre Elektroauto
Bisher gibt es das spritlose Fahrzeug vor allem in den Visionen der Politiker

Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) waren Elektroautos die Medienstars. Aber wird das Auto der Zukunft wirklich elektrisch angetrieben? Und wie lange wird eine solche Zukunft auf sich warten lassen? Die Gegenwart sieht für das Elektroauto eher düster aus.

Eigentlich sollte die IAA, die just am Wahltag zu Ende ging, den Durchbruch für das Elektromobil markieren. Die alte und wohl auch neue Kanzlerin Angela Merkel steht treu zu ihrem Wort, dass bis 2020 eine Million spritloser Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen sollen. Matthias Wissmann, Vorsitzender des Verbands der Automobilindustrie (VDA), setzte noch eins drauf und kündigte schon für das kommende Jahr „ein paar 10000 E-Autos“ an.

Hersteller wie BMW und VW präsentierten stolz neue, serienreife Elektromobile. Von umweltbewegten Politikern und Journalisten wurden sie begeistert gefeiert, die Besucher (insgesamt kamen 900000, weniger als zuletzt vor zwei Jahren) wandten sich lieber anderen zu, nämlich den flotten Flitzern und noblen Boliden, die man hier bestaunen, selber aber wohl nie kaufen kann.

In dieser Kategorie tritt Mercedes an. Der Elektro-SLS mit dem Stern sieht nicht nur aus wie ein reinrassiger Sportwagen, er ist auch einer. Vier Elektromotoren à 188 PS schaffen ein Leistungsvolumen, das man tunlichst nur auf abgesperrter Rennstrecke zur Entfaltung bringen sollte. Der Preis entspricht dem einer gehobenen Eigentumswohnung, Volumen und Gewicht der Antriebsbatterien (fast 550 Kilo) schränken den Nutzwert deutlich ein. Dieses Edelgefährt wird, wie „Spiegel-Online“ richtig bemerkt, weder die Verkaufszahlen der Elektrobranche hochschnellen lassen noch das Weltklima retten.

Auch wenn der vollelektrische BMW i3 „nur“ 35000 Euro kostet (als Hybrid 5000 mehr) und der VW Up sogar „nur“ 27000 Euro – im Prinzip haben sie das gleiche Kostenproblem wie der zehnmal so teure Mercedes: Gegenüber vergleichbaren Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb sind sie viel zu teuer. Wer heute elektrisch fahren will, um Umwelt, Klima oder das eigene Öko-Gewissen zu schonen, muss schon bei der Anschaffung einen fünfstelligen Betrag zusätzlich aufbringen.

Auch in anderen Belangen fällt der Vergleich zwischen Strom und Sprit ungünstig aus. Komfortabel ausgestattete, hinreichend leistungsstarke Autos mit modernen Verbrennungsmotoren können es heute auf Reichweiten von 800 Kilometer und mehr bringen. Elektroautos hingegen müssen nach 100 bis 150 Kilometer an die nächste Steckdose.

Natürlich wird an neuen, effizienteren (also kleineren, leichteren und billigeren) Batterien gearbeitet. Doch was nützt das, wenn die Infrastruktur fehlt? Normale Steckdosen reichen zwar „im Prinzip“ aus, haben aber so wenig Ladekapazität, dass jeder Tankstopp mehrere Stunden dauert. Ein dichteres Netz leistungsstarker Stromtankstellen aber gibt es in Deutschland noch nicht. Und selbst wenn das mit hohem Investitionsaufwand geändert wird – wie sieht es in den Mittelmeerländern aus? Glaubt die Politik wirklich, dass zum Beispiel des Deutschen Lieblingsreiseland Spanien unserer Energiewende zuliebe massenhaft Elektrotankstellen baut?

Vermeintliche Vorteile des Elektroautos schrumpfen zusammen, wenn man das Gesamtsystem von Stromerzeugung, -transport und -speicherung einbezieht. Unklar ist auch, woher der Strom kommen soll – aus stillgelegten Kraftwerken? Vorerst also beschert das Elektroauto uns offene Fragen und höhere Kosten; die Lösungen liegen in weiter Ferne. Sollten sie gefunden werden, werden auch wir elektrisch fahren – aber erst dann. Hans-Jürgen Mahlitz


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