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05.10.13 / Deutsches Saitenwunder / Erst Framus-Gitarren machten die Beatles zur Erfolgsband – Die Wurzeln des Gitarrenbauers liegen im böhmischen Vogtland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-13 vom 05. Oktober 2013

Deutsches Saitenwunder
Erst Framus-Gitarren machten die Beatles zur Erfolgsband – Die Wurzeln des Gitarrenbauers liegen im böhmischen Vogtland

Die Instrumentenfirma Framus mit Wurzeln in Schönbach im Egerland gehörte in den 50er/60er Jahren zu den bedeutendsten Gitarrenbauern Europas. Der deutsche Elvis – Peter Kraus – spielte ebenso eine wie Bill Wyman von den Rolling Stones. Aber auch die Beatles benutzten Gitarren der nach der Vertreibung in Franken angesiedelten Firma.

Um 1900 war Schönbach [Luby] ein Zentrum des Instrumentenbaus. Nach 1945 wurden auch hier die Deutschen vertrieben. Dem 1917 in der Nähe von Schönbach geborenen Fred Wilfer gelang es nach der Kontaktaufnahme mit den politisch Verantwortlichen in Bayern, die Schönbacher Instrumentenbauer im Raum Erlangen anzusiedeln. Er selbst gründete am 1. Januar 1946 die „Fränkische Musikinstrumentenerzeugung Fred A. Wilfer K.G.“. Nach einigen Erweiterungen wurde die Firma 1954 in Bubenreuth sesshaft und war von da an als „Framus-Werke“ aktiv. Ab Mitte der 50er Jahre dominierten in der Firma die Gitarren. Diese wurden wegen ihrer Qualität weltweit verkauft – unter anderem auch nach England.

In Liverpool bekam im Juni 1956 ein gewisser Paul McCartney zu seinem 14. Geburtstag eine Trompete geschenkt. Da er aber musizieren und singen wollte, bat er seinen Vater, das Blasinstrument gegen eine Gitarre umzutauschen. Im Geschäft „Rushworth and Dreaper’s Music“ fand der Tausch zur Akustikgitarre statt. McCartney entschied sich für eine sechssaitige „Zenith Modell 17“.

Zunächst fiel ihm das Spielen schwer – bis er merkte, dass es eine für Rechtshänder war. „Ich wusste nicht, was ich machen sollte“, erinnert sich der Ex-Bea­tle, „es gab ja keine Lehrbücher für Linkshänder. Ich bekam keinen Rhythmus hin, weil ich ihn mit der falschen Hand spielte... Ich zog die Saiten neu auf, konnte aber den Sattel nicht auswechseln... Die dünnste Saite lag immer in einem fetten Graben, in dem normalerweise die dickste Saite lag – wir brachen einfach ein Stück Streichholz ab und klemmten sie damit fest. Außerdem mussten wir den Schlitz für die Basssaiten ein bisschen breiter machen. Wir machten das selbst, ein hochpräziser Heimwerkerjob. Aber es klappte, und die Saiten hielten halbwegs.“

Zum Spiel mit der Framus-Gitarre entstanden bald die ersten eigenen Melodien – und das erste eigene Lied „I Lost My Little Girl“. Am 6. Juli 1957 besuchte McCartney einen Auftritt der „Quarrymen“, John Lennons Skiffleband, in Wolton Village. Im Spätsommer, nach dem Urlaub mit der Familie, wurde er in Lennons Band aufgenommen. Kurze Zeit später kam George Harrison dazu. Die Basis der späteren Beatles stand.

Der erste Auftritt McCartneys mit den „Quarrymen“ war am 18. Oktober 1957. Nach einigen Umbesetzungen von Herbst 1957 bis Sommer 1958 nahmen die „Quarrymen“ im Juli 1958 Buddy Hollys „That’ll be the Day“ und das von McCartney und Harrison komponierte „In Spite of all the Danger“ auf. Beide Songs – und damit auch McCartneys Framus „Zenith 17“ – sind auf Teil 1 der Beatles-Anthology zu hören.

Im Oktober 1959 benannten sich die „Quarrymen“ John, Paul und George in „Johnny & The Moondogs“ um und am 21. Januar 1960 stieß Stuart Sutcliffe als Bassist dazu. Manche Beatles-Klassiker stammen bereits aus dieser Zeit. Im Frühjahr 1960 entstanden weitere Aufnahmen. Da die vier Gitarristen damals ohne Schlagzeug spielten, kam den Rhythmusgitarren – und eine davon war Pauls „Zenith 17“ – eine wichtige Rolle zu. Die vier spielten: „One after 909“ (erst 1969 auf „Let it be“ offiziell veröffentlicht), John Lennons allererste Komposition „Hello, Little Girl“ von 1957 (eine Beatles-Aufnahme erschien erst auf Anthology 1), „I’ll Follow the Sun“, (1964 auf „Beatles For Sale“).

Interessant sind zudem die weiteren Titel, da diese im künftigen Schaffen der Beatles nicht mehr auftauchen, aber Lennon, McCartney und Harrison zugewiesen sind: „I’ll Always be in Love With You“, „You Just Don’t Understand“, „Some Days“, „Thinking of Linking“, „Hey Darling“, „You Must Lie Every Day“ oder das Instrumentalstück „Cayenne“. Außerdem stammen aus der Zeit die Grundlagen für weitere Hits wie „I Saw Her Standing There“ oder „When I’m 64“ (1967 auf „Sgt. Pepper’s“).

Im Mai 1960 erfolgten die Umbenennungen in „The Silver Beetles“ beziehungsweise. „Silver Beatles“. Kurz nach McCartneys 18. Geburtstag am 18. Juni 1960 entschied er sich für eine neue Gitarre und schickte damit seine Framus „Zenith 17“ in den Ruhestand – auch wenn er sie natürlich behielt. Die E-Gitarre „Rosetti-Solid-7“ löste am 30. Juni 1960 die „Zenith“ ab.

Für unsere weiteren Betrachtungen wird das Jahr 1965 interessant, zumal sich hier auch in der Musik der Beatles Änderungen vollziehen. Und dazu trug auch eine weitere Framus-Gitarre, die zwölfsaitige akustische Wes­terngitarre, Modell „Hootenanny 5/024“, bei. Mit den Aufnahmen zur LP und zum Film „Help“ ab Januar/Februar 1965 trat diese wohl 1964 hergestellte und von John Lennon gekaufte „Hootenanny“ immer stärker in den Fokus und hatte ihren großen Auftritt im Spielfilm bei dem von John Lennon gesungenen und mit dieser Gitarre begleiteten Lied „You’ve Got to Hide Your Love Away“.

Die Ballade ist eines der ersten Beatles-Lieder, das sie nur auf akustischen Instrumenten aufnahmen. Bekannt ist auch, dass Lennon bei der ersten Einspielung von „Help“ die Einführung des Songs unterbrechen musste, weil ihm eine Seite seiner „Hootenanny“ gerissen war und er laut schrie, die Aufnahmen zu stoppen. Inwieweit bei „It’s Only Love“ die „Hootenanny“ Verwendung fand, ist nicht ganz klar. In der „Beatles Bible“ heißt es: „Akustische sechs- und zwölfsaitige Gitarren wurden auf dem ersten Track aufgenommen, be­gleitet von Bass und Schlagzeug“. Sowohl Harrison wie auch Lennon sollen eine zwölfsaitige Gitarre gespielt haben. Bei Harrison war es wohl seine zwölfsaitige Rickenbacker, Lennon wird mit einer zwölfsaitigen Akustikgitarre in Verbindung gebracht, was auf die „Hootenanny“ schließen ließe.

Ein weiterer Beatles-Evergreen verbindet sogar die Framus-Gitarren mit George Harrison. „Mi­chelle“ hatte McCartney schon in frühen Jahren, also mit der Zenith, im Grundgerüst komponiert. In dem Liebeslied kamen drei Akustik-Gitarren zum Einsatz – auch die Framus „Hootenanny“. Diese spielte bei den Aufnahmen jedoch George Harrison. Das Gleiche gilt für „Girl“, wo Harrison ebenfalls die Hootenanny zupft.

Ein weiterer Song, der in die Pop-Musikgeschichte einging, ist „Norwegian Wood“. Hier ist erstmals eine „Sitar“ zu hören. Aber auch eine zwölfsaitige Akustikgitarre war daran beteiligt. Primär wird diese Harrison zugeordnet, aber es gibt auch Stimmen, die meinen, dass Lennon hier seine „Hootenanny“ gespielt hat.

Erst bei der letzten Beatles-LP „Abbey Road“ (26. September 1969) besann sich Lennon wieder auf seine „Hootenanny“. Auf den Stücken „Polythene Pam“ und „She Came in Through the Bathroom Window“, die beide zum bekannten Medley auf der B-Seite gehören, ist sie zu hören. Komponiert hat Lennon „Polythene Pam“ in Indien im Frühjahr 1968. Eine Demoversion nahmen die Beatles im Mai 1968 auf (zu hören auf Anthology 3). Ebenfalls ins Jahr 1968 geht McCartneys „She Came in Through the Bathroom Window“ zurück – laut Lennon kam McCartney die Idee dazu bei einem gemeinsamen Aufenthalt in New York. Auch dieser Titel wurde zuerst während der „Get- Back-Sessions“ aufgenommen, diese Version erschien aber ebenfalls erst auf Anthology 3.

In 39 Einspielungen wurden Ende Juli 1969 beide Lieder dann im Paket für die Platte „Abbey Road“ eingespielt – mit Lennon an der „Hootenanny“, die gleich zu Beginn von „Polythene Pam“ den Akkord angibt. Es war hier übrigens das erste und einzige Mal bei den Beatles, dass zwei eigenständige Songs von zwei Songschreibern als ein Song aufgenommen wurden.

Die Framus-„Zenith“ befindet sich immer noch in Paul McCartneys Studio und war in den 90er Jahren noch in der Anthology-Reihe zu sehen, als McCartney den „Twenty Flight Rock“ spielte. Zum Verbleib von John Lennons „Hootenanny“ dagegen ist nichts bekannt. Gitarren der gleichen Baujahre und aus der gleichen Modellreihe sind jedoch im Framus-Museum in Markneukirchen zu besichtigen. Markus Bauer


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