19.04.2024

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05.10.13 / Im Land der Störche und der vielen Himmel / Buxtehuder Ostpreußen auf Spurensuche in der Heimat: Über Sehenswertes und erfahrene Gastfreundschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-13 vom 05. Oktober 2013

Im Land der Störche und der vielen Himmel
Buxtehuder Ostpreußen auf Spurensuche in der Heimat: Über Sehenswertes und erfahrene Gastfreundschaft

Knapp 50 Reisende aus Buxtehude, Stade und dem Umland reisten unter der Leitung des Vorsitzenden Wolfgang Weyer nach Ostpreußen.

Am Abend erreichte die Gruppe Stettin, die Stadt der pommerschen Herzöge. Bei der Stadtführung erfuhren die Reisenden viel über die Stadt, die insgesamt einen positiven Eindruck hinterließ. Über Schneidemühl und Bromberg gelangten die Teilnehmer in das kleine Dorf Kruttinnen, in den Wäldern Masurens gelegen. Einen Zwischenstopp mit längerer Pause machte die Gruppe in Thorn an der Weichsel, der Geburtsstadt des Astronomen Nikolaus Copernicus und der Herkunftsstadt der Thorner Kathrinchen, einer seit dem 13. Jahrhundert bekannten Lebkuchenart.

In Kruttinnen konnten die Teilnehmer auf dem malerischen Flüsschen Kruttinna paddeln, staken oder auch nur am Ufer spazieren gehen. Der Höhepunkt des Tages war eine Kutschfahrt durch Mischwälder am Muckersee vorbei, zu einem Dorf namens Galkoven. Hier begab man sich auf die Spuren der Familien von Lehndorff und Dönhoff. Die Gruppe kehrte in einem ehemaligen Teehaus der Familie von Lehndorff ein, das früher zum Schloss Steinort, dem Sitz der Familie, gehörte.

Am nächsten Tag stand Allenstein, die Hauptstadt der Woiwodschaft Ermland und Masuren auf dem Programm. Die Altstadt ist gepflegt und restauriert, es gibt noch viele deutsche Spuren. Im Kopernikus-Haus, dem Haus der deutschen Minderheit in der Region, wurde auch Station gemacht.

Das nächste Ziel hieß Neidenburg. Die Gruppe besichtigte die Burg aus der Ordenszeit. Sie gilt als die zweitgrößte Anlage nach der Marienburg. Bei der Busreise am nächsten Tag in die nähere Umgebung war das ehemalige Philipponenkloster in Eckertsdorf das erste Ziel. Heute ist es in Privatbesitz, da die letzten Nonnen verstorben sind. Die Philipponen oder auch Altgläubige genannt, waren Religionsflüchtlinge aus Russland, die im 19. Jahrhundert nach Preußen kamen. Ein weiteres Ziel war das Dorf Weissuhnen. Dort war die Reisegruppe zu Gast in der evangelischen Kirche. Pastor Pysz berichtete über seine Arbeit und über die Probleme seiner Kirche im katholischen Polen. Mit dem Pastor zusammen besuchte die Gruppe Johannesburg. Hier steht nur ein früheres Wohnhaus als Gemeindehaus zur Verfügung, Die ehemalige große evangelische Kirche, ein schöner Holzbau, wurde mit Ende des Zweiten Weltkrieges von der katholischen Kirche Polens in Besitz genommen.

Am frühen Nachmittag begab sich die Reisegruppe nach Rud-czanny. Von hier aus kann man die großen masurischen Seen befahren, bis zum Mauersee nach Angerburg. Die Buxtehuder fuhren nur bis Nikolaiken, wo sie drei Stunden verbrachten. Bei bestem Dampferwetter konnten sie die Fahrt genießen, die vielen Segelschiffe anschauen, die herrliche Wolkenbildung beobachten, oder einfach sich nur von der Sonne bescheinen lassen. Wer Nikolaiken kannte, der war überrascht von dem Betrieb, der jetzt dort herrscht.

Das Ziel des nächsten Tages war Kauen [Kaunas] in Litauen, an der Memel gelegen. Zunächst wurde aber der Ort Heiligelinde besucht. Die restaurierte Wallfahrtskirche stand Besuchern trotz des stattfindenden Gottesdienstes offen, und man konnte dem Orgelspiel lauschen und sich die dazu bewegenden Figuren beobachten. Gegen Mittag erreichte die Reisegruppe Goldap, die Patenstadt Stades. Vor den Toren der Stadt, am 272 Meter hohen Goldaper Berg, entwickelt sich ein Skigebiet, gefördert von der EU. Gegen Abend kamen die Teilnehmer in Kauen, der Hauptstadt Litauens zwischen den beiden Weltkriegen, an. Der nächste Tag begann mit einer Stadtführung durch Alt- und Neustadt, wobei der Dom, das historische Rathaus und die Burg am Zusammenfluss von Memel und Neris besonders zu nennen sind. Es konnten auch Hinterlassenschaften aus der Sowjetzeit „bewundert“ werden, so beispielhaft eine besonders bauhistorisch interessante gotische Kirche, die als Werkstatt zweckentfremdet wurde.

Nachmittags wurde die beeindruckende Wasserburg Trakai, zirka 70 Kilometer östlich von Kauen gelegen, besucht. Die Anfänge gehen bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück und sie war zeitweise die Residenz von Großfürst Vitautas dem Großen. Trakei ist auch das religiöse und kulturelle Zentrum der Karaimen oder Karäer. Es wird vermutet, dass diese Volksgruppe im 8. bis 10. Jahrhundert von der Krim nach Trakei übersiedelte. Die Häuser der Karaimen sind gelb gestrichen und haben im Giebel zur Straße drei Fenster.

Die Reise ging an der Memel entlang und bot lohnenswerte Ausblicke auf den Fluss. Viele Störche auf Futtersuche waren zu beobachten, die ihre Jungen für den langen Flug in den Süden fit machten. Auf der gesamten Reise bekam die Reisegruppe wohl um die 500 Störche zu sehen. Über Schmalleningken erreichte sie das Memelgebiet und bald auch den Ort Matzicken, Geburtsort des deutschen Schriftstellers und Bühnenautors Hermann Sudermann (1857–1928). In seinem Geburtshaus ist ein sehenswertes Museum eingerichtet.

Heydekrug war das nächste Ziel. Dort gibt es eine berühmte evangelische Kirche, die sich durch ein in blauer Farbe gehaltenes Altarbild auszeichnet. Dort sind bekannte Persönlichkeiten abgebildet, die der evangelischen Kirche zugehörig sind. In Memel rollte der Bus auf die Fähre zur Kurischen Nehrung und nach guten 45 Kilometern war Nidden erreicht. Auf der schön angelegten Promenade führte der Weg an charakteristisch blau gestrichenen Häusern und blühenden Sommergärten mit Stakettzäunen vorbei über einen Kiefernwald zur Düne. Auf dem höchsten Punkt der Düne steht eine Sonnenuhr. Von dort hat man einen weiten Blick in das Königsberger Gebiet sowie auf das Festland, über dem sich oft bizarre Wolkengebilde türmen, während sich über Haff und Nehrung ein blauer Himmel wölbt. Nicht umsonst nennt man das Gebiet „das Land der vielen Himmel“. Vom Hafen Nidden aus kann man Segeltouren, Fahrten mit einem Kurenkahn oder mit einem Motorschiff unternehmen.

Das tat auch die Buxtehuder Gruppe, die das Schiff „Austeja“ charterte, um das Memeldelta zu erkunden. Unterwegs kam den Ausflüglern eine alte Bekannte entgegen, das Motorschiff „Forelle“, welches jahrzehntelang im Buxtehuder Hafen zu Hause war. Bereits bei einer ähnlichen Reise im Jahre 2003 wurde das Schiff hier entdeckt.

Bald kam vom Festland die Windenburger Ecke mit dem kleinen Leuchtturm und der Vogelwarte in Sicht. Die Mündung des Flusses Minge war bald erreicht und das Schiff nahm Kurs auf das Dorf Minge. Links und rechts alte und auch neue Häuser und wieder Storchennester. Die Fahrt endete in Kinten, von wo ein Bus die Gesellschaft zur Vogelwarte brachte. Eine Führung gab es auch, eine Dolmetscherin übersetzte die Ausführungen des Direktors Vytautas Jurys. Er berichtete, dass sich die Vogelwarte in einem der größten Zugvogelkorridore Europas befindet. Im September und Oktober sollen nicht selten über drei Millionen Vögel hier vorbeiziehen, von denen gegenwärtig jährlich zwischen 60000 - und 80000 Vögel beringt werden. Ein Besuch der Niddener Kirche und dem daneben liegenden Friedhof ist Pflicht. Hier sind besonders alte Grabstellen aus früherer Zeit sehenswert, sogenannte Kurengräber mit eigentümlichen Holzkreuzen.

Am nächsten Tag hieß es von Nidden Abschied nehmen. Wieder ging die Fahrt über die schmale Nehrungsstraße, die schon Königin Luise im Winter 1806 auf der Flucht vor Kaiser Napoleon benutzte. In Schwarzort wurde noch einmal Station gemacht. Hier ist unter anderem der Hexenberg sehenswert. Zahlreiche hölzerne Skulpturen sind zu sehen, die Figuren aus der litauischen Märchenwelt darstellen.

In Memel angekommen, traf die Reisegruppe Herrn Piklaps, den Direktor des Simon-Dach-Hauses, dem Kulturzentrum der deutschen Minderheit im Memelland. Herr Piklaps zeigte den Gästen seine Stadt und wusste viel über das alte Memel und das neue Klaipeda zu erzählen. Ein Höhepunkt war der Platz vor dem Theater mit dem Ännchen-von-Tharau-Brunnen. Sehenswert war auch das Gebäude, in dem sich Königin Luise mit Kaiser Napolion traf.

Bis zur Einschiffung auf die Fähre nach Kiel war noch Zeit für den Besuch des Bernsteinmuseums von Polangen, zirka 25 Kilometer nördlich von Memel an der Ostseeküste gelegen. Hier erfuhren die Reisenden viel über Bernstein, auch Menge und Qualität der Exponate war beeindruckend.

Abends trafen sich alle wieder im Simon-Dach-Haus zum Abendessen, wobei auch Lieder gesungen wurden. Bald hieß es einschiffen auf die Fähre „Victoria Seaways“. Die Überfahrt gestaltete sich ruhig, die Sonne schien und die Sicht war gut, sodass man den Schiffsverkehr auf der Ostsee beobachten konnte. Peter Meinecke


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