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05.10.13 / Ignorierte Geistesblitze / Vergessene Erfinder: Nicht Bell, sondern Johann Reis erfand das Telefon

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-13 vom 05. Oktober 2013

Ignorierte Geistesblitze
Vergessene Erfinder: Nicht Bell, sondern Johann Reis erfand das Telefon

Ungerecht ist es allemal und gemein. Da haben Menschen geniale Ideen, sind aber nicht in der Lage, sie der Öffentlichkeit hinreichend anschaulich zu präsentieren oder die Erfindungen entsprechend zu vermarkten. Vielleicht kamen ihre Einfälle manchmal einfach zu früh. Die Zeitgenossen der Protagonisten des hier vorgestellten Buches waren fast immer skeptisch, wenn es um Neues ging. Sinn und Zweck der genialen Geistesblitze wurden allzu misstrauisch hinterfragt.

Weil der Lehrer Johann Phillip Reis aus Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Schülern die Funktion des menschlichen Ohres anschaulich vermitteln wollte, baute er das Modell einer Ohrmuschel. Anatomie und Technik wurden von ihm kombiniert, indem er statt Schallwellen elektrische Impulse einsetzte. „… und hatte bald die Freude, meine Mühe durch Erfolg belohnt zu sehen, indem es mir gelang, einen Apparat zu erfinden, durch welchen es möglich wird, die Funktionen der Gehörwerkzeuge klar und anschaulich zu machen, mit welchem man aber auch Töne aller Art durch den galvanischen Strom in beliebiger Entfernung reproduzieren kann. Ich nannte das Instrument Telephon“, berichtete Reis. Im Oktober 1861 stellte er seine Erfindung begeistert dem Physikalischen Verein vor. Bald sind einige Geräte davon im Umlauf. In Großstädten Europas baut man den Apparat nach. Reis hat keine Ahnung davon, ist auch nicht durch ein Patent geschützt. Er verbessert seine Idee und stellt sie Jahre später erneut vor. Warum wir bis heute die Erfindung des Telefons jedoch immer mit Alexander Graham Bell verbinden, ist in Armin Strohmeyrs Buch: „Verkannte Pioniere“ nachzulesen.

Der Autor führt uns 22 Mal in die Vergangenheit und jede Geschichte wäre es wert, verfilmt zu werden. Ist es zum Beispiel vorstellbar, dass eine Frau aus England zur Zeit der frühen Industrialisierung die erste Programmiersprache erfand? Warum wissen wir bis heute nicht einmal ihren Namen? Eben! Verkannte Pioniere, die sich aufmachten, hinter den Horizont zu schauen, sind Thema des Buches. Sie wollten mit ihren bahnbrechenden Ideen der Welt Neuerungen bringen, die für uns heute selbstverständlich sind. Und fast immer scheiterten sie.

Der promovierte Germanist und Autor vielbeachteter Biografien führt uns spannend und anschaulich in eine unbekannte, vergangene Welt. Niemand wird nach der Lektüre die Namen der Visionäre wieder vergessen. Silvia Friedrich

Armin Strohmeyr: „Verkannte Pioniere. Abenteurer. Erfinder. Visionäre“, Styria premium Verlag, Wien 2013, gebunden, 304 Seiten, 19,99 Euro


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