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12.10.13 / Friedenssignale erzürnen Saudis / US-Luftangriffe auf Syrien hätten denvon Riad finanzierten Islamisten in die Karten gespielt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-13 vom 12. Oktober 2013

Friedenssignale erzürnen Saudis
US-Luftangriffe auf Syrien hätten den von Riad finanzierten Islamisten in die Karten gespielt

Weithin gilt die Bereitschaft des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad, seine Chemiewaffen unter internationaler Kontrolle vernichten zu lassen, als Schritt in die richtige Richtung. Nicht so in Saudi-Arabien. Vertreter des dortigen Regimes sind wegen des Chemiewaffenabkommens geradezu außer sich.

Die von den USA unterstützte Politik zur Chemiewaffenkontrolle gibt Assad Zeit, „noch mehr Menschen seines Volkes zu töten und zu foltern“, so die erstaunliche Reaktion des saudischen Außenministers Saud al-Faisal von der das „Wall Street Journal“ berichtet. Ähnlich schweres Kaliber – obendrein noch gegen den langjährigen Verbündeten USA gerichtet – hat inzwischen Prinz Turki, ein ehemaliger saudischer Diplomat, aufgefahren. Das Chemiewaffenabkommen gebe US-Präsident Barack Obama die Möglichkeit, Assad beim Abschlachten seines Volkes zu helfen, so Turki.

Allerdings scheint nicht nur das Einlenken des US-Präsidenten auf den russischen Vorschlag zur Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals dem saudischen Prinzen ein Dorn im Auge zu sein. Unmut erregen auch die Friedenssignale des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani. Während international der Führungswechsel im Iran Hoffnungen auf Entspannung ausgelöst hat, scheint der saudische Prinz auf eine vollständige Vergiftung der Atmosphäre zu setzen. Irans Führung solle wegen Unterstützung von Kriegsverbrechen in Syrien vor ein internationales Gericht gestellt werden, so die Forderung Turkis.

Führt man sich vor Augen, was vom saudischen Sicherheitsexperten Mustafa Alani vom Gulf-Research Center angekündigt worden ist, scheint sich Riad durch Obama im Fall von Syrien verraten zu fühlen: „Wir werden von unseren Feinden lernen, wie man mit den USA umgeht.“

Dass das Chemiewaffenabkommen, aber auch die jüngsten Friedenszeichen aus Teheran bei den Saudis derartig harsche Töne auslösen, ist nur allzu folgerichtig. Riad und Teheran konkurrieren erbittert um die Vormachtstellung in der Region. Der Konflikt in Syrien ist für beide Mächte lediglich der Schauplatz, an dem der Machtkampf ausgetragen wird. Der Vorwurf, Assad setze Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung ein, war stets eine Trumpfkarte der Saudis, um den Westen zu einem Eingreifen in Syrien zu bewegen. Kaum erstaunlich, dass es der saudische Geheimdienst war, der westliche Regierungen als erster mit der Meldung versorgte, dass die syrischen Regierungstruppen Chemiewaffen einsetzen.

Für Saudi-Arabiens Syrien-Strategie ist Assads Angebot zur Vernichtung seines Chemiewaffen-arsenals nicht der einzige Rück-schlag. Bereits im August hatte sich der saudische Prinz Bandar bin Sultan in Moskau eine Abfuhr bei Wladimir Putin eingehandelt. Das Angebot des saudischen Geheimdienstchefs, der als wichtiger Strippenzieher im Syrien-Konflikt gilt, lautete, dass Russland seinen Verbündeten Syrien fallen lässt, wofür sich dann Saudi-Arabien im Gegenzug erkenntlich zeige wie etwa mit Waffenkäufen und einer gemeinsamen saudisch-russischen Kontrolle der Ölpreise auf dem Weltmarkt.

Laut britischem „Telegraph“ soll der Neffe des saudischen Königs noch ein weiteres Angebot im Gepäck gehabt haben. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich diese zusätzliche Offerte allerdings als eine geschickt verpackte Drohung. „Ich kann ihnen die Garantie geben, die Winter-Olympiade nächstes Jahr zu schützen. Die tschetschenischen Gruppen, welche die Sicherheit der Spiele bedrohen, werden von uns kontrolliert“, so Prinz Bandars „Schutzangebot“ an Putin für die Olympischen Spiele in Sotschi. Aufschlussreich auch, was Prinz Bandar laut „Telegraph“ mit Blick auf tschetschenische Kämpfer in Syrien von sich gegeben haben soll. Sie wären lediglich ein Druckmittel, das nach Bedarf ein- und ausgeschaltet werden könne. „Diese Gruppen sind keine Bedrohung für uns, wir benutzen sie.“

Einiges spricht dafür, dass diese eiskalte Strategie der Saudis auch bei der jüngsten Entwick-lung innerhalb der syrischen Opposition eine Rolle gespielt hat. 14 Rebellengruppen haben sich gegen den syrischen Nationalrat (SNC) und dessen „Freie Syrische Armee“ zusammengetan und eine „Armee des Islam“ gegründet. Die Diagnose von Aron Lund, der als einer der profundesten westlichen Experten für die syrische Opposition gilt, zu dem Schritt lautete, dass die westliche Syrien-Strategie entkernt und durch einen islamistischen Ansatz ersetzt werden solle. Mit in das Bild der zunehmenden Radikalisierung der syrischen Opposition passt ein Bericht der Zeitschrift „USA Today“. So habe Saudi-Arabien bereits im April mehr als 1000 zum Tode verurteilten Häftlingen eine Begnadigung und monatliche Auszahlungen an ihre Familie angeboten, wenn sie sich für einer Teilnahme am Kampf gegen die Regierungstruppen in Syrien verpflichteten. Norman Hanert


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