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12.10.13 / Lenkung aus bester Absicht / Politik und Wirtschaft versuchen, Frauen für Männerberufe zu gewinnen Was der Girl’s Day und andere Projekte nicht schafften, soll jetzt eine Miniserie bewirken: Frauen sollen sich mehr für Technikberufe interessieren.

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-13 vom 12. Oktober 2013

Lenkung aus bester Absicht
Politik und Wirtschaft versuchen, Frauen für Männerberufe zu gewinnen Was der Girl’s Day und andere Projekte nicht schafften, soll jetzt eine Miniserie bewirken: Frauen sollen sich mehr für Technikberufe interessieren.

„Die kontinuierliche Steigerung des weiblichen MINT-Nachwuchses setzt sich auch in 2011 fort“, jubelte zu Beginn des Jahres der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte „Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen“. Mit MINT sind die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gemeint, für die die Politik, aber auch die Wirtschaft schon seit Jahren verzweifelt versucht, Frauen zu gewinnen. Zahlreiche Initiativen und Projekte, von denen der sogenannte Girl’s Day wohl der bekannteste ist, sollen Frauen für Männerberufe begeistern. Doch so richtig scheinen die mit viel Staatsgeld unterstützten Programme nicht zu fruchten, denn die meisten Hörsäle der Technischen Hochschulen in Deutschland sind noch immer eine Männerdomäne.

Doch aus politischer Sicht darf das nicht sein. Völlig unabhängig von ideologischen Motiven wünscht sich zudem auch die Wirtschaft mehr Frauen in den Berufen, um trotz der Alterung der Gesellschaft auf ein gleichbleibendes Reservoir an Fachkräften zurückgreifen zu können.

Daher ist die Jubelmeldung des „Nationalen Paktes für Frauen in MINT-Berufen“ mit Skepsis zu betrachten, denn obwohl die absoluten Zahlen bei den Studienanfängerinnen stiegen, weil einfach mehr Studenten an die Hochschulen strömten, sank der prozentuale Anteil in Mathematik und Naturwissenschaften von 2007 auf 2011 von 40,8 auf 36 Prozent. In der Ingenieurswissenschaft ging er von 21,8 auf 20,6 Prozent zurück. Das bereitet auch der Bundesagentur für Arbeit (BA) Sorge, denn die natürlichen Interessen der Frauen führten diese häufig in Berufe, die schlecht bezahlt würden, wenig Aufstiegschancen böten oder aber wegen demografischer und technischer Entwicklungen immer seltener gebraucht würden, so BA-Sprecherin Anja Huth im „Spiegel“.

Nun startet demnächst ein weiterer vom Staat geförderter Versuch, Frauen für MINT-Berufe zu begeistern. Und zwar hatte Uwe Freiherr von Lukas, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Grafische Datenverarbeitung in Rostock, angesichts der vielen freien Stellen bei sich im Haus die Idee, über Vorbilder Frauen für die MINT-Berufe zu begeistern. Da es zu wenig reale Vorbilder in der Berufswelt gäbe, entwickelte er die Idee der „Science-Soap“. Im November startet nun über Facebook der Versuch, mit der Miniserie „Sturm des Wissens“ Frauen für ein Studium im MINT-Bereich zu gewinnen. Im August drehten Studenten in Rostock bereits die ersten, jeweils zehnminütigen Folgen der Miniserie. Und tatsächlich wird hier so manches Seifenoper-Klischee bedient. Hauptfigur ist die junge Nele, die nicht im Hotel des Vaters arbeiten will und durch einen süßen Physikstudenten in die Welt der Naturwissenschaft gelockt wird. Hier darf man allerdings kritisch fragen, wie viele süße Physikstudenten es im wahren Leben gibt, und ist die Physik selbst aus Sicht von Kennern so absolut unattraktiv, dass man nur über eine Liebesgeschichte zu ihr hinführen kann?

Allerdings ist die Idee einer Seifenoper vielleicht gar nicht so aus der Luft gegriffen, denn Wissenschaftler haben bereits vor Jahren nachgewiesen, dass der drastische Rückgang der Geburtenrate in Brasilien mit dem Serienkonsum brasilianischer Frauen zusammenhängt. Da in den Telenovelas immer viele schöne Frauen mit wenigen Kinder vorkamen, eiferten die Brasilianerinnen ihnen nach und die Geburtenrate sank von 6,3 Kindern pro Frau in den 60er Jahren auf 2,3 im Jahr 2000. Und in den USA soll die Zahl der Forensik-Studentinnen um 64 Prozent angestiegen sein, seit es die beliebte Serie „CSI“ über wissenschaftliche Spurensicherung gibt.

Rebecca Bellano


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