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12.10.13 / Wachstumsmarkt Nachhilfe / Beteiligungsgesellschaften profitieren von Bildungspolitik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-13 vom 12. Oktober 2013

Wachstumsmarkt Nachhilfe
Beteiligungsgesellschaften profitieren von Bildungspolitik

Es stimmt schon nachdenklich, wenn der Chef der Münchner Beteiligungsgesellschaft Aurelius AG, Dirk Markus, gegenüber dem „Handelsblatt“ sagt, dass das beste Geschenk, das die Politik ihm in den letzten Jahren gemacht habe, das G8 sei. Mit G8 meint der Investor, der auch Anteile an renommierten Firmen wie dem Schnapshersteller Berentzen oder dem Autoradio-Produzenten Blaupunkt hält, den auf acht Jahre verkürzten Gymnasialbesuch, was in diesem Zusammenhang vermutlich für Verwirrung sorgt. Was hat der Chef einer Private-Equitiy-Gesellschaft, die ein Vermögen von fast 1,2 Milliarden Euro verwaltet, mit der Länge der Schulzeit in Deutschland zu tun?

Schon wer letztens im „Handelsblatt“ die Auflistung der größten Franchise-Unternehmen in Deutschland gelesen hat, kam ins Staunen. Ein typisches Franchise-Unternehmen ist McDonald’s. Hier sind Produkte und Vermarktung einheitlich, doch viele der einzelnen Filialen gehören Kleinunternehmern, die McDonald’s Geld dafür zahlen, dass sie dessen Konzept nutzen. Weitere große Franchise-Unternehmen sind hierzulande Tui, Fressnapf, Burger King und eben Schülerhilfe und Studienkreis. Letztere Marke gehört Aurelis. Erst Anfang dieses Jahres hat der Investor den auf Nachhilfeunterricht spezialisierten Studienkreis vom Cornelsen Verlag gekauft. Aurelius folgte mit dem Aufkauf der Geschäftsentscheidung der ebenfalls in München ansässigen Investmentgesellschaft Paragon Partners, die bereits 2009 die Schülerhilfe gekauft hatte. Grund für das Engagement der beiden Investoren: „Bildung ist ein echter Wachstumsmarkt“, so Markus. Und hier schließt sich der Kreis. Denn weil der erhöhte Lernstoff durch den von der Politik auf acht Jahre verkürzten Gymnasialbesuch dafür sorgt, dass mehr Schüler als sonst nicht mitkommen, brauchen sie Nachhilfe. Da diese teuer ist, können sich nur Eltern aus der Mittel- und Oberschicht diese leisten, was aus Sicht von Bildungsexperten die Bildungsungerechtigkeit im Land erhöht. Dabei betonen Politiker immer wieder, wie wichtig ihnen Bildungsgerechtigkeit sei, doch offenbar schafft die Schule es nicht, einigermaßen homogene Leistungsgruppen zu schaffen, wo alle Schüler in einem ähnlichen Lerntempo auch ohne Hilfe von außen den Stoff erlernen.

Aber auch in den Jahren vor G8 sollen deutsche Eltern rund eine Milliarde Euro jährlich in Nachhilfeunterricht investiert haben. Das meiste davon, rund 70 Prozent, geht an private Nachhilfelehrer, aber Studienkreis und Schülerhilfe profitieren offenbar noch umfassend genug, so dass die Unternehmen für Beteiligungsgesellschaften attraktiv sind. Bei Nachhilfegruppen mit bis zu fünf Schülern, die jeweils mindestens acht Euro zahlen, Lehramtstudenten als Honorarkräften, die ohne jede Sozialversicherung auch nur rund acht bis zehn Euro die Stunde verdienen, ergibt sich nach Abzug aller Nebenkosten eine attraktive Rendite. Allerdings erhalten Schülerhilfe und Studienkreis auch gute Bewertungen, da sich die Schüler in der Schule oft verbessern, was vielleicht auch daran liegen mag, dass in Kleingruppen individuelle Förderung leichter möglich ist. Bel


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