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12.10.13 / Krisen-Beschleuniger sondergleichen / Sportliche Großereignisse bringen laut einer Studie ökonomisch wenig und können sogar letzter Sargnagel sein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-13 vom 12. Oktober 2013

Krisen-Beschleuniger sondergleichen
Sportliche Großereignisse bringen laut einer Studie ökonomisch wenig und können sogar letzter Sargnagel sein

Die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Nutzen wird eine entscheidende Rolle spielen, wenn am 10. November in einem Bürgerentscheid darüber abgestimmt wird, ob München sich für die Olympischen Winterspiele 2022 bewerben soll. Tatsächlich erweisen sich immer mehr Sport-Großereignisse für die Allgemeinheit allerdings als finanzieller Reinfall.

Das Unternehmen Fidelity Investment, das die Olympischen Spiele zwischen 1964 und 2008 systematisch unter die Lupe genommen hat, kommt zu einem ziemlich eindeutigen Befund: Im historischen Rückblick war entweder wenig oder kein ökonomischer Nutzen durch Olympische Spiele festzustellen. Als profitabel gelten – wenn überhaupt – die Spiele von 1984 in Los Angeles. Das ebenfalls in den USA beheimatete International Centre for Olympic Studies konnte generell keine Olympischen Spiele ausmachen, die für den Austragungsort rentabel gewesen wären.

Mit den inzwischen astronomischen Kosten für derartige Großereignisse könnte es künftig nicht nur bei einem „nicht rentabel“ bleiben. Schule machen könnte vielmehr das Beispiel Griechenland: Ohnehin mit Strukturproblemen beladen, haben sich die in Athen ausgetragenen Olympischen Spiele im Jahr 2004 als zusätzlicher Krisen-Beschleuniger entpuppt. Nach kurzem Bauboom und dem noch kürzeren Sportspektakel blieben unter dem Strich zwölf Milliarden Euro Schulden, die Griechenlands Niedergang noch weiterbeschleunigt haben.

Derzeit sind gleich zwei Sport-Großereignisse in Vorbereitung, die das Zeug haben, ihrem Austragungsland nachhaltigen Schaden einzubringen. Für Japan könnte sich die Austragung der Olympischen Spiele im Jahr 2020 als letzter Sargnagel für das ohnehin überschuldete Land entpuppen. Schon jetzt ist Japan die Industrienation, die in Relation zur Wirtschaftsleistung den höchsten Schuldenstand hat. Die Vorbereitung der Spiele droht deshalb zu einem Rennen gegen die Zeit zu werden. „Die Gesamtverschuldung wird weiter steigen. Ich denke nicht, dass Japan bis 2020 überleben kann“, so unlängst eine Warnung des ehemaligen Hedgfondsmanagers Takeshi Fujimaki. Obendrein wird über den Olympischen Spielen in Japan das Dauerproblem der Atomruine Fukushima als zusätzliches Damoklesschwert schweben. Nur 200 Kilometer von Tokio entfernt könnte vor allem das Abklingbecken in Fukushima mit seinen 1300 Brennstäben selbst bei einem leichteren Erdbeben zu einem akuten Problem für ganz Japan werden.

Das Potenzial zum gigantischen Fehlschlag hat auch die Fußballweltmeisterschaft, die im Jahr 2022 im Golfstaat Katar ausgetragen werden soll. Momentan sorgt der Golfstaat noch wegen haarsträubender Arbeitsbedingungen seiner Gastarbeiter für Negativ-Meldungen. Je näher die WM rückt, desto höher allerdings wird die Wahrscheinlichkeit, dass bald andere Schlagzeilen auftauchen, die an dem 50-Milliarden-Dollar-Projekt Zweifeln lassen. Der Versuch der Scheichs, sich mit einer Fußball-WM internationales Re­nommee zu verschaffen, droht gleich auf mehreren Gebieten schiefzulaufen. Einer der Knack-punkte ist die Hitze in dem Wüstenemirat. Eine Verlegung der WM vom Sommer in den Winter verspricht zwar eine Entlastung bei den Temperaturen, die schon mal 50 Grad in den Stadien erreichen können. Dafür drohen im Winter aber massive finanzielle Probleme. So würde sich eine Winter-WM in Katar mit TV-Übertragungen der Fußball-Ligen in Spanien, Italien und Großbritannien überschneiden. Ebenso ungünstig wäre die Überschneidung dann mit Blick auf die US-Zuschauer, denen nach dem Wunsch der Fifa endlich der Fußball als Sportereignis schmack-haft gemacht werden soll. Parallel zu einer Winter-WM in Katar würde die Football-Saison (NFL) in den USA laufen und Zuschauer wegnehmen. Die Fifa, die für die Übertragungsrechte aus Katar eine Rekordsumme ausgehandelt hat, steht obendrein bei den Sendern im Wort, dass es keine Überschneidungen mit Ligaübertragungen in Europa und der US-NFL gibt.

Der Traum vom Fußball in der Wüste könnte sich noch aus einem anderen Grund zum Mega-Flopp entwickeln. Katar hatte versprochen, dass die Stadien klimatisiert werden, so dass die Temperaturen 27 Grad Celsius nicht überschreiten. Das Problem dabei: Nach Expertenmeinung sind Klimaanlagen für die Stadien in den benötigten riesigen Dimensionen technisch derzeit noch gar nicht realisierbar. Dazu kommen erheblich Probleme mit den Menschenrechten in dem Emirat. Westliche Medien überschlagen sich zwar mit Kritik an Putins Russlands wegen der Diskriminierung von Homosexuellen, Beachtung hätte allerdings auch eine Empfehlung von Fifa-Chef Sepp Blatter verdient: Homosexuelle sollen sich während der WM in Katar jeglicher sexueller Aktivitäten enthalten. Der Hintergrund: Im streng islamischen Katar ist gemäß der Scharia Homosexualität strafbar. Abschreckend für den klassischen Fußball-Touristen dürfte aber eine andere islamische Moralvorstellung sein. So wird es in den Stadien nicht erlaubt sein, Bier zu trinken.

Überschattet werden die zahlreichen Probleme obendrein noch vom Verdacht, dass im Vorfeld der WM-Vergabe massiv Schmiergelder geflossen sind. Nicht einmal als ausgeschlossen gilt deshalb, dass es im Fall Katars sogar zu einer Neuausschreibung der WM kommt. Norman Hanert


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