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12.10.13 / Mehr Demokratie mit Gysi?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-13 vom 12. Oktober 2013

Moment mal!
Mehr Demokratie mit Gysi?
von Klaus Rainer Röhl

Neuerdings wollen einige Leute das Rad wieder neu erfinden. Alle paar Jahrzehnte wird die Nummer mit der Volksfront noch einmal aufgetischt. Zuletzt von dem späten Ziehkind der Familie Augstein. „Versucht es doch mal mit Gysi!“, sagte Jakob Augstein am Tag nach der Wahl in einer Talkshow. Einer Talkshow wie alle. Schon bei der Auswahl der Eingeladenen. Ein matter Vertreter der Konservativen, ein müder Uralter, ein Spinner mit interessanten Ideen und zwei gut vorbereite Linke. Da also trat Jakob Augstein auf und vertrat die Thesen aus seinem neuen Buch „Sabotage. Warum wir uns zwischen Demokratie und Kapitalismus entscheiden müssen“. Darin macht er keinen Hehl aus seiner Meinung, dass wir uns für die Demokratie entscheiden müssten und gegen den Kapitalismus. Mutig, mutig. Schon in seinem Geburtsjahr (1967) durften meine Kinder es mit Fingerfarben auf Plakate schreiben: „Papitalismus muss putt“! Für ihn, Jakob Augstein, ist das offenbar eine neue Idee. Deswegen brachte er auch noch einmal die Frage: „Warum nicht mit der Linken?“ Wir übersetzen mal: Gegen den Kapitalismus und für die Demokratie. Für die Demokratie also mit Gysi? Der Sohn von Martin Walser eilt den Dingen gern schon voraus.

Zur Stunde, da diese Zeilen geschrieben werden, überlegen sich Gabriel und seine SPD noch, wie sie endlich mal wieder „gestalten“ (mitregieren) könnten. Die in der Partei bereits entmachteten Spitzenpolitiker der Grünen um Jürgen Trittin und Claudia Roth überlegen in die gleiche Richtung und wollen auch gern „gestalten“, sonst drohen ihnen weitere vier Jahre ohne Posten und Dienstwagen. Das ginge mit Angela Merkel, aber es ginge auch, nach einer gewissen Schamfrist wegen öffentlich gegebener Versprechen, mit Sigmar Gabriel als Kanzler und Gregor Gysi als Mehrheitsbeschaffer und Dulder zugleich. Zumindest für den aus der Art geschlagenen Augstein-Zögling eine Chance. Aber für die Demokratie? Dafür aber für die Kommunisten. Die Volksfront ist der Traum der Kommunisten, seit es sie gibt. Irgendwann muss doch das Gebet von Oma Meume in den Texten von Liedermacher Wolf Biermann in Erfüllung gehen: „Ach Gott, lass du den Kommunismus siegen.“ Und auch Erich Honecker hatte es vorausgesagt: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ Wenn nicht jetzt, wann dann? Bei der nächsten Wahl.

Was ist „Die Linke“, die nach Augstein und nicht wenigen anderen Partner der SPD sein sollte? Wer sind ihre Mitglieder? Im Westen sind es ein paar Funktionäre aus den Gewerkschaften, überqualifizierte Marxisten auf der Suche nach einem neuen revolutionären Objekt. Im Osten die alte Garde der alten KPD. Die dann, was wir bitte nie vergessen sollen, in einer ersten brüderlichen Umarmung die SPD der sowjetischen Besatzungszone schluckte. Das Produkt der Zwangsvereinigung nannte sich SED. Die Sozialistische Einheitspartei mit Staat und Stasi. Na und, würde Gysi sagen. Der Konkurs der DDR führte nicht zum Konkurs der Partei. Im Gegenteil, samt Funktionären, Büros und Bankkonten nannte sich die Partei fortan PDS, dann „Die Linke“. Ihre politische Gesinnung (vom Verfassungsschutz in einigen Bundesländern mit Recht beobachtet) änderte sich nicht. Sie, die neuen Funktionäre mit den modernen Haarschnitten und dem I-Pad und die ganz Alten, die in Un-Ehren ergrauten Ewiggestrigen aus den Funktionärs-Wohnvierteln, sind immer bereit zum letzten Gefecht. In dem Alter weiß man nie, wann es das letzte ist.

Soll man die Kommunisten einbinden, beim Wort nehmen, ihre ausgestreckte Hand ergreifen? Für viele junge Sozialdemokraten ist es eine Bruderhand. Die kommunistische Bruderhand wollen neuerdings immer mehr SPD-Mitglieder ergreifen, sei es aus Neigung, sei es als letzten Strohhalm. Demokratie?

Die Gefahr besteht, dass sich so auf ganz legalem Wege in Deutschland die Anhänger der sozialistischen Verteiler-Bürokratie durchsetzen, sie die freie Marktwirtschaft, schrittweise natürlich, abschaffen und durch Gesetzesänderungen ihre Macht zementieren, den Schaden also unreparierbar machen.

Wo die Gefahr wächst, wächst da das Rettende auch? Aber wo? Vielleicht in der Gruppe „Liberale Offensive“ um den ehemaligen Generalstaatsanwalt Alexander v. Stahl, der von seiner eigenen Parteifreundin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger aus seinem Amt geworfen wurde. Von ihren Gegnern und den Medien wurde diese Gruppe verkürzt als nationalliberal und populistisch dargestellt. Nach der Wahl Guido Westerwelles zum Parteivorsitzenden wurde die „Liberale Offensive“ von der Parteiführung ausgegrenzt. Beziehungen zur österreichischen Schwesterpartei waren tabu. Das war nachweislich falsch, wie die letzte Wahl gelehrt hat. 4,8 Prozent war die Quittung. Vielleicht sollten sich die FDP-Mitglieder die Geschichte der österreichischen Schwesterpartei FPÖ ansehen. Als Haider 1986 anfing, die Partei umzukrempeln und eine konsequent liberale Politik anzusteuern, hatte die FPÖ noch gerade vier Prozent der Stimmbürger hinter sich. Letzte Woche hat die Schwesterpartei der FDP unter dem Parteiobmann Heinz-Christian Strache mit 21,4 Prozent der Stimmen ihren größten Sieg errungen. Wie haben sie gewonnen? Strache und seine FPÖ traten gegen den ein halbes Jahrhundert regierenden Parteienfilz von Sozialdemokraten und der Österreichischen Volkspartei, der dortigen CDU, an, machten Stimmung gegen den „Spuk der Zuwanderungsgesellschaft“ und vor allem dagegen, dass Milliarden EU-Gelder in ein Fass ohne Boden gepumpt werden.

Von Österreich lernen, heißt siegen lernen. Um es kurz zu machen, die FDP muss, damit sie in zukünftigen Wahlkämpfen überhaupt noch wahrgenommen wird und nicht alle Stimmen an die neue AfD verliert, das tun, was sie dauernd von sich selbst fordert: Liberale Politik machen. Sie muss mehr mit den „Menschen in unserem Lande“ reden und mit ihnen über deren Sorgen und Ängste sprechen. Auf Deutsch: Die „Menschen in diesem Lande“ sind nämlich die Deutschen.

Die nächste Wahl kommt bestimmt. Bereits als Europawahl. Die FDP ist nicht überflüssig. Aber wir brauchen eine wirklich liberale FDP, die nicht nur von Steuersenkungen und liberalisierten Märkten spricht, sondern auch glaubwürdig von der individuellen Freiheit in unserem Land, die bedroht ist wie noch nie. Zurück zu den Ursprüngen. Thomas Dehler, Erich Mende und Theodor Heuss. Ist das Populismus? Führt das nach rechts? Sicher besser als nach links. Da sind schon alle anderen. Erinnern wir uns an das Wort des großen alten Mannes Graf Lambsdorff: „Immer, wenn versucht wurde, Freiheit, Rechtsstaat und offenes geistiges Klima dadurch zu schützen, dass man sie einschränkt, war der Totalitarismus hinterher eher stärker als schwächer ... Nationalliberale sind immer ein Teil der FDP gewesen.“

Also bitte recht freundlich. Liberal und deutschfreundlich. Da ist noch viel Raum in der Parteienlandschaft. Patriotismus ist schon lange kein Schimpfwort mehr in Europa.

 

Dr. Klaus Rainer Röhl ist seit 1993 Mitglied der FDP. Er wird dem national-liberalen Flügel um den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander v. Stahl zugerechnet.


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