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12.10.13 / Fährgeld ins Jenseits / Paderborns »Credo«: Schau über die Missionierung europäischer Heiden im Mittelalter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-13 vom 12. Oktober 2013

Fährgeld ins Jenseits
Paderborns »Credo«: Schau über die Missionierung europäischer Heiden im Mittelalter

Paderborn wird seinem Ruf als katholische Hochburg Westfalens gerecht und präsentiert eine überwältigende Ausstellungs-Trilogie über die Christianisierung Europas im Mittelalter.

Vor 1700 Jahren wurde mit der Mailänder Vereinbarung der römischen Kaiser Konstantin und Licinius die christliche Religion erstmals toleriert. Dieser für die Ausbreitung des christlichen Glaubens entscheidende Wendepunkt ist Anlass einer überwältigenden kunst- und kulturhistorischen Ausstellung mit rund 800 kostbaren Exponaten in drei Paderborner Museen. Die Schau dokumentiert im Erzbischöflichen Diöze­sanmuseum und im Museum in der Kaiserpfalz die Ausbreitung des Christentums in Europa. In der Städtischen Galerie Am Abdinghof geht es abschließend um den Blick Europas auf seine christlichen Wurzeln mit Beispielen von der Renaissance bis zur Gegenwart.

Das Christentum ist die einzige Hochreligion mit ausdrücklichem Bekehrungsauftrag. In der Bibel sind folgende Worte Jesu festgehalten: „Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern.“ Zeugnisse weitgehend friedlich erzielter Missionserfolge sind im Diöze­sanmuseum versammelt. Ein Tragaltar (8. Jahrhundert, mit späteren Ergänzungen) wird mit Willibrord (657/58–739), dem Apostel der Friesen, in Verbindung gebracht. Ausstellungspremiere feiern dabei Objekte aus der bislang ältesten entdeckten christlich-angelsächsischen Fürstenbestattung (Essex, spätes 6./frühes 7. Jahrhundert): Dem „Prinzen von Prittlewell“ waren zwei Goldblechkreuze auf die Augen gelegt und zusätzlich zwei Münzen mitgegeben worden. Das deutet auf christlichen Glauben mit heidnischer Note hin, denn man kann die Münzen als Fährgeld für die Überfahrt ins Totenreich betrachten. Es war üblich, Elemente des althergebrachten heidnischen Glaubens in die christliche Religion aufzunehmen. In Norwegen etwa wurde Sigurd der Drachentöter, der berühmteste skandinavische Held und Heide, dazu ausersehen, das Böse aus dem Kirchenraum fernzuhalten. Das veranschaulicht dabei sehr gut eine Schnitzerei auf einer hölzernen Portalwange (um 1200) von der Stabkirche in Vegusdal.

Auch Zwangsmissionierungen waren üblich. Die sind Thema im Museum in der Kaiserpfalz. Eine der rechtlichen Säulen, auf die der Deutsche Orden seine Eroberungen und die Herrschaft im Baltikum gründete, war die von Kaiser Friedrich II. 1226 ausgestellte Urkunde. Auf den Beginn die Missionierung der Elb- und Ostseeslawen wiederum weist die vermutlich 968 ausgestellte Urkunde Kaiser Ottos I. hin, die Magdeburg zum Erzbistum über „alle Slawen jenseits der Saale“ erhob. Das Ringen um die Bekehrung der Slawen dauerte 200 Jahre. Die erste gewaltsame Missionierung eines ganzen Volkes aber geht auf Karl den Großen zurück. Mit Unterbrechungen dauerte der 772 zwischen Franken und Sachsen aufgenommene Krieg 32 Jahre. Ausgestellt sind Langschwerter, Pfeilspitzen, zwei eingeschlagene Schädel und der Erlass Karls des Großen, der die Ausübung heidnischer Kulte und die Missachtung der christlichen Religion mit der Todesstrafe bedrohte. Matthias Becker schreibt im Aufsatzband: Karl wurde bewusst, „dass Politik und Religion nicht zu trennen waren, dass nur die Annahme des christlichen Glaubens die Sachsen von weiterem Widerstand abhalten könnte.“ Veit-Mario Thiede


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