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12.10.13 / Preußen wird souverän / Vor 350 Jahren huldigten die Stände auf dem Königsberger Schlosshof dem Großen Kurfürsten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-13 vom 12. Oktober 2013

Preußen wird souverän
Vor 350 Jahren huldigten die Stände auf dem Königsberger Schlosshof dem Großen Kurfürsten

Es war ein langer und steiniger Weg, bis das Herzogtum Preußen und das Kurfürstentum Brandenburg sich zu einem Staate, bis die beiden ostdeutschen Neustämme der Brandenburger und der Preußen sich in einem gemeinsamen Staatsbewusstsein zusammenfanden. Stationen auf diesem Wege waren der Wehlauer Vertrag von 1657, in dem Polen die Souveränität des Kurfürsten Friedrich Wilhelm in Preußen anerkannte, der Frieden zu Oliva 1660, in dem diese Souveränität von den europäischen Mächten garantiert wurde, und schließlich der 18. Ok­tober 1663, als die preußischen Stände auf dem Schlosshof zu Königsberg dem Souverän huldigten.

Sechs Jahre hatte der Kurfürst gebraucht, bis er dieses Ziel erreichte. Dass er seinen hartnäckigsten Widersacher, den kneiphöfischen Schöffenmeister Hieronymus Roth, schließlich verhaften ließ, hat in der Geschichte mehr viel aufgewirbelt. Darüber werden die langen und geduldigen Verhandlungen häufig übersehen, mit denen die kurfürstlichen Räte, voran Otto von Schwerin, die auf ihre Privilegien pochenden Stände dafür gewannen, der Regelung, die schon von ganz Europa anerkannt war, auch ihrerseits zuzustimmen.

Rechtsbewusstsein und Eigennutz lagen bei diesem ständischen Widerstand eng beieinander. Wenn die Stände, besonders der Adel, für ihr gutes altes Recht fochten, was die Württemberger noch viele Menschenalter später taten, so vereinigte sich bei ihnen das Argument, dass auch der Landesherr das Recht nicht verletzen dürfe, mit dem Tatbestand, dass dieses alte Recht ihr Vorteil war und zum Schaden des Staates, wie der Kurfürst ihn schaffen wollte. Dass einige Vertreter der Stände lieber die Oberlehnsherrschaft des Polenkönigs behalten als die Souveränität des Brandenburgers anerkennen wollten, hat mit nationalen Motiven nichts zu tun. Der polnische Adelsstaat übte gerade im Stadium eines beginnenden Verfalls eine gewisse Anziehungskraft auf den Adel der Nachbarländer aus, weil dieser in der „Freiheit“, die der Adel in Polen genoss, besser seinen Vorteil zu wahren glaubte als unter einem Herrscher, der zäh und erfolgreich die Staatsmacht ausbaute. Es bedurfte vielen Zuredens und mancher Zugeständnisse Friedrich Wilhelms, bis die Stände, die auch von Polen keine Unterstützung mehr erhielten, nachgaben.

Im Frühjahr des Jahres 1663 hatte sich das politische Klima in Königsberg so weit gebessert, dass der Kurfürst am 30. April an einem Schießen der altstädtischen Bürgerschaft teilnahm. Er stiftete Preise und „bewies einem solchen exercitio ein gnädiges Gefallen“. Einig wurde man sich aber erst im Oktober. Am 17. Oktober huldigten die Oberräte und die höchsten Beamten, und am 18. fand auf dem Schlosshof die allgemeine Landeshuldigung statt. Nach der Festpredigt bestieg der Kurfürst die auf dem Hof aufgeschlagene Bühne und nahm auf einem mit rotem Samt ausgeschlagenen Thron den Eid entgegen. Ihm zur Seite standen der Landhofmeister mit dem Kurhut, der Oberburggraf mit dem Kurschwert, der Kanzler mit dem Zepter und der Obermarschall mit dem Marschallstab. Alle Edelleute, die Abgeordneten der Städte und die Beamten leisteten persönlich den Eid, wie ihn der Obersekretär Fabian Kalau vorlas. Die Feier schloss mit einem Volksfest im Stile der Zeit. Wein floss aus einem auf dem Schlossplatz errichteten Adler, und die kurfürstlichen Kämmerer streuten goldene und silberne Denkmünzen unter das Volk. Tagelang gingen die Festlichkeiten noch weiter mit Bewirtungen, Bärenhetzen und Feuerwerk und schlossen mit einem Gastmahl, das die Altstadt dem Kurfürsten und seiner Gemahlin auf dem Rathause gab. Damit war der Friede zwischen dem Landesherrn und seinem Lande hergestellt.

Der Kurfürst tat recht daran, dass er später von der Huldigung nach einem Bild des sonst unbekannten Malers Christoph Gercke von seinem Hofkup­ferstecher Gottfried Bartsch einen Stich anfertigen ließ, denn mit diesem Tage begann tatsächlich eine neue Epoche in der Geschichte Preußens. Das Herzogtum wurde jetzt endgültig aus dem Verband der polnischen Krone gelöst und mit Brandenburg enger verbunden. Es wurde zum Eckpfeiler des Staates, der sich aus der Enge des Anfangs in die Weite der europäischen Geschichte hinauszuarbeiten begann. Die Weichen waren gestellt zu neuer Fahrt. PAZ


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