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19.10.13 / Das Kreuz soll weg / Al-Nour-Gemeinde wirbt für den Umbau einer Kirche – Gebäude steht leer und droht zu verfallen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-13 vom 19. Oktober 2013

Das Kreuz soll weg
Al-Nour-Gemeinde wirbt für den Umbau einer Kirche – Gebäude steht leer und droht zu verfallen

„Die Umwidmung einer Kirche in eine Moschee ist nicht in unserem Sinne“, kommentierte der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke im Februar den Umstand, dass in Hamburg eine ehemals evangelische Kirche in den Besitz der muslimischen Al-Nour-Gemeinde gelangt ist. Auch bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) reagierte man verwundert. Derweil schafft die muslimische Gemeinde Fakten, die Umbaupläne bedürfen nur noch der Baugenehmigung.

Seit Monaten versucht Daniel Abdin, Vorsitzender der Al-Nour-Gemeinde im Hamburger Stadtteil St. Georg, Ängste und Vorurteile abzubauen. Dies tut der im Libanon geborene und im Alter von 17 Jahren nach Deutschland gekommene Telekommunikationsfachmann mit vollem Elan auch noch nach Feierabend, denn der Angestellte und zweifache Familienvater erfüllt sich gerade einen Herzenswunsch. Seit elf Jahren ist er Vorsitzender der muslimischen Gemeinde und seit acht Jahren sucht er nach einer neuen Bleibe, da die Tiefgarage, in der jetzt gebetet wird, dunkel, kalt und nicht repräsentativ ist. Außerdem will er, dass die Muslime in Deutschland das Hinterhofimage ablegen und mehr Teil des öffentlichen Stadtbildes werden.

Doch sein Ansinnen stößt nicht überall auf Begeisterung. Zudem ist das neue Quartier auch noch ausgerechnet eine Kirche. Schon jetzt hat mancher Deutsche das Gefühl, der Islam wäre in Deutschland zu sehr auf dem Vormarsch und verdränge Werte und Traditionen des christlichen Abendlandes immer mehr. Abdin, der auch Vorsitzender der Schura, des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, ist, weiß um dieses Problem und daher wird das in den 60er Jahren erbaute Gebäude der früheren Kapernaum-Kirche in Hamburg-Horn, das bereits 2002 entweiht und von der EKD an einen privaten Investor verkauft worden war, von außen nur minimal verändert. Jedoch kommt oben an der Spitze das Kreuz weg. Ein anderes allerdings soll bleiben, denn eine Zerstörung der bunten Fenster, von denen eines ein Kreuz zeigt, würde zu viele Gefühle verletzen. Von innen hingegen soll es überdeckt werden, um wiederum die Gefühle der eigenen Gläubigen nicht zu verletzen. Die Sanierung soll insgesamt 1,5 Millionen Euro kosten, die derzeit noch gesammelt werden. Den sechsstelligen Kaufpreis für die im Internet bei Immobilienscout angebotene Kirche hatte die Gemeinde schnell zusammen, doch das Geld für den Umbau ist schwerer zusammenzubekommen. Zumal auch nur etwa die Hälfte der 600 Gemeindemitglieder mit umzieht. Zu viele bevorzugen den jetzigen Standort, da nach dem Gebet noch auf dem Steindamm, der zahlreiche Geschäfte von Muslimen beherbergt, eingekauft oder gegessen wird. Der neue Standort liegt hingegen mitten in einem Wohngebiet.

Egal, wie Abdin es dreht und wendet, der 50-Jährige muss seinen Gemeindemitgliedern, aber auch jenen skeptischen Deutschen einen Kompromiss anbieten. Das ist keineswegs seine Schuld, denn eigentlich wäre dies Aufgabe der Politik. Schließlich hat sie jahrzehntelang Gastarbeiter angeworben, Zuwanderer ins Land geholt, aber gleichzeitig behauptet, Deutschland wäre kein Einwanderungsland, obwohl es das faktisch längst ist. Allerdings wurde nicht die dafür notwendige Infrastruktur geschaffen, was dazu führt, dass es noch so viele Hinterhofmoscheen gibt, gleichzeitig aber jetzt vom muslimischen Ausland finanzierte Riesenmoscheen aus dem Boden schießen. Auf Bedenken, aber auch Bedürfnisse der einheimischen, aber auch der zugewanderten Bevölkerung wurde wenn überhaupt zu spät Rücksicht genommen.

„Wir vertreten einen Mainstream-Islam“, versucht Abdin Ängste zu nehmen und zeigt auf die Umbaupläne, nach denen der Rotklinker von innen mit weißen Platten überdeckt wird, die muslimische Symbole zeigen. Doch als er nach der Haltung der Gemeinde zum Kopftuch gefragt wird, gerät er kurz aus dem Konzept. Der während des Gesprächs anwesende Imam, der vor zehn Jahren aus dem Libanon nach Deutschland kam, aber dessen Deutsch noch ausbaufähig ist, sagt Abdin auf Arabisch einige Sätze. Abdin erklärt, das Kopftuch sei für sie so wie Bekleidung, man renne ja auch nicht nackt auf der Straße rum. Zugleich merkt er aber, dass er so nicht überzeugt. „Wir zwingen niemanden, ein Kopftuch zu tragen“, sagt er dann, betont aber auf Nachfrage, dass ein Kopftuch zur Teilnahme am Gottesdienst Pflicht sei. Seine Frau trage aber nur dann eines und das sei für sie selbstverständlich, fügt er hinzu.

Während er und der Imam sich auf ihrer Sprache zur Kopftuchfrage unterhalten, beten neben dem Büro in der mit Teppich ausgelegten Tiefgarage etwa 30 überwiegend junge und zum Teil auch bärtige Männer. Diese Halle durchschreiten darf eine Frau nur in Ausnahmefällen und es dürfte bei den meisten deutschen Frauen gemischte Gefühle hervorrufen. Denn während Gleichberechtigung von Mann und Frau in der deutschen Gesellschaft ein hohes Gut ist und dieses in Form von angedachter Frauenquote in Aufsichtsräten politisch sogar übersteigert wird, regiert hier der Koran. Gleichberechtigung von Mann und Frau kommt aber im Grundgesetz, das hierzulande für alle gilt, jedoch noch vor der freien Religionsausübung. Ganz abgesehen davon stellen die vielen überwiegend jungen Männer auch ein gewisses Bedrohungspotenzial dar, auch wenn sie jetzt friedlich auf dem Boden sitzen.

Doch Abdin, der betont, wie wichtig Integration sei, Assimilation aber ablehnt, hat das Werben für sein Projekt nicht aus dem Blick verloren. Sofort merkt er an, dass Männer und Frauen in dem neuen Gotteshaus gemeinsam in einem Raum beten werden, nur dass die Frauen oben auf einer Empore, schräg über den Männern wären. Auf die Frage, ob dies denn allen Gemeindemitgliedern zusage, betont er, dass er aus Sicht mancher Muslime zwar einen Wischiwaschi-Islam vertrete, aber das entspreche nicht dem Denken seiner Gemeinde. Stünde sie nicht hinter ihm, wäre er nicht seit elf Jahren ihr Vorsitzender. Rebecca Bellano


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