27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
19.10.13 / »Walfängerei« in der Kiesgrube

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-13 vom 19. Oktober 2013

»Walfängerei« in der Kiesgrube

Einer der größten Walfriedhöfe liegt im Norden Deutschlands. In einer Kiesgrube bei Groß Pampau im Herzogtum Lauenburg in Schleswig-Holstein sind seit 1984 schon zehn versteinerte Walskelette freigelegt worden. Jetzt entdeckte ein Hobby-Archäologe Knochenteile eines vermutlich 15 Meter langen Wales. Die Wissenschaft feiert das bereits als eine Sensation: Noch nie wurde in Deutschland ein so großes versteinertes Skelett gefunden.

Der Hamburger Architekt Andreas Malchow war an einem Sonnabend in den weitläufigen Ton- und Kiesgruben zwischen Groß Pampau, Kankelau und Wotersen unterwegs, um seinem Hobby nachzugehen: Er sucht Fossilien. Auf der Zufahrt zu einer Grube entdeckte er einen kleinen Knochensplitter. „Vermutlich ist vorher ein Bagger dort entlanggefahren und hat den Knochen mit seiner Kette aus dem Wirbel des Wales gerissen“, glaubt Malchow.

Der Hobbyarchäologe meldete den Fund sofort an das Lübecker Museum für Natur und Umwelt. Dort sind bereits eine Vielzahl fossiler Tiere ausgestellt, darunter auch Funde aus Groß Pampau. Herausragendes Ausstellungsstück ist das Skelett eines acht bis zehn Meter langen Bartenwales. Es gilt als das am besten erhaltene Walskelett aus der Zeit des Tertiärs, das bisher in Deutschland gefunden wurde. Andere versteinerte Wale werden nur in Originalfundlage gezeigt, weil viele Knochen durch eiszeitliche Gletscherbewegungen zerbrochen und nicht rekonstruierbar sind.

Um welche Art es sich bei dem jetzt entdeckten und vor etwa elf Millionen Jahren gestorbenen Tier handelt, konnten die Experten vom Lübecker Museum an­hand des Knochensplitters nicht sagen. Nur eines war Museumsleiterin Susanne Füting klar: „Da kommt was Großes auf uns zu.“ Der jetzt gefundene Wal dürfte 15 Meter lang sein und damit die Ausmaße eines Pottwals haben. Das entspricht in etwa der Größe eines Linienbusses.

Dass sich bis zu zwölf Meter lange Buckelwale wie auch kleinere Schweinswale heutzutage hin und wieder in die Ostsee verirren, kann vorkommen. Doch Groß Pampau liegt knapp 80 Kilometer von der Ostsee entfernt. Vor Millionen von Jahren befand sich die Region allerdings in der Ur-Nordsee, deren Wasser warm und bis zu 50 Meter tief war. Ein idealer Tummelplatz für Wale, bis sie dann irgendwann starben und zu Boden sanken. Dass sie hier in versteinerter Form erhalten sind, lag an einer Tonschicht am Meeresboden, die von einem darunterliegenden Salzstock nach oben gedrückt wurde. „Eigentlich liegen die Walskelette in 120 Metern Tiefe, hier holen wir sie bei 33,50 Metern über Meereshöhe aus der Erde“, freut sich Grabungsleiter Gerhard Höpfner.

Nach den ersten Grabungen sind erst zwölf Wirbel mit Rippenansätzen zu sehen. Bis der Riesenwal vollständig freigelegt ist, können drei Monate vergehen. Die anschließende Präparierung dürfte weitere 2000 Stunden dauern. Höpfner ist sich sicher, dass auf dem Walfriedhof mehr Skelette zu finden sein werden, als Pampau Einwohner hat. Dort leben 150 Menschen. Obwohl erst zehn Wale entdeckt wurden, wittert Pampau schon das große Geschäft mit dem fossilen „Walfang“: Der Ort hat den Wal in sein Wappen aufgenommen. Harald Tews


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren