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19.10.13 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Wahnsinn und Gelassenheit / Worüber sich die Amis stritten, warum wir uns keine Sorgen machen, und wofür die Limburger Affäre noch nützlich sein wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-13 vom 19. Oktober 2013

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Wahnsinn und Gelassenheit / Worüber sich die Amis stritten, warum wir uns keine Sorgen machen, und wofür die Limburger Affäre noch nützlich sein wird

Worum ging es eigentlich in den USA? „Haushaltsstreit“ lautete die meistverwendete Überschrift, und wer den Blick nur kurz über den Teich schweifen ließ, dem mochte sich folgendes Bild aufdrängen: Da gibt es einen großen Geldschatz irgendwo in Washington, in den der gute Präsident Obama hineingreifen will, um den Armen und Beladenen etwas Gutes zu tun.

Vor dem Schatz aber hatten sich fiese Gesellen postiert, die dem Gutestuer den Weg versperrten. Man nennt sie „Republikaner“, dem deutschen Medienkonsumenten auch schlicht als „die Bösen“ bekannt. Angetrieben werden „die Bösen“ von der noch böseren Tea-Party-Bewegung, in der sich nach hiesiger Pressebewertung die amerikanischen Entsprechungen von Graf Dracula und Jack the Ripper zusammengerottet haben.

Wer nach flüchtigem Hinschauen indes etwas genauer hinüberspähte, sah etwas anderes als einen Goldschatz, nämlich einen gigantischen Schuldenberg, umgerechnet mehr als zwölf Billionen oder 12000 Milliarden Euro hoch. Davor zankten sich die US-Politiker, ob es nun langsam genug sei mit dem Schuldenmachen oder ob noch ein ordentlicher Batzen drauf soll. Ein ganzes Drittel des US-Staatsetats wird in diesem Jahr nur mit neuen Schulden finanziert. Sprich: Der Laden ist eigentlich pleite. Nur weil die Notenbank wie behämmert neues Geld ausspuckt und der Regierung Monat für Monat mehr als 60 Milliarden Euro rüberschaufelt, läuft der faule Zauber weiter.

Wie lange man das machen kann, weiß eigentlich keiner so genau. Und was kommt, wenn es eines Tages aus irgendeinem Grund nicht mehr weitergeht mit dem Schuldenmachen, wollen die meisten auch lieber gar nicht wissen. Ein Wirtschaftsjournalist hat dieser Tage Albert Einstein zitiert, der eine eigentlich simple Wahrheit ausgesprochen hat: Es sei Wahnsinn, für immer die gleiche Versuchsanordnung unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten.

Aber welche „Versuchsanordnung“ haben wir denn gerade in den USA wie auch in der Euro-Zone oder erst recht in Japan? Es ist die, die in Deutschland vor genau 90 Jahren schon einmal für rasante Resultate sorgte, als die Reichsbank vom Gelddrucken gar nicht genug bekommen konnte.

Im Grunde hätte man es damals schon wissen können, welches Monster bei so etwas geboren wird. Es war nicht das erste Mal, dass mit der Gelddruckmaschine gespielt wurde, und zuvor schon war das jedes Mal im Desaster geendet. Aber Reichsbankchef Rudolf Havenstein versicherte allen Skeptikern, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und alles unter Kontrolle habe. Fünf Tage nach der Währungsreform traf ihn am 20. November 1923 der Schlag.

Heute machen sich wieder viele Leute Sorgen, wenn der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, die Notenpresse antreibt, wenn EZB-Präsident Mario Draghi bankrotte Banken und Staaten mit frischen, ungedeckten Euros quasi unbegrenzt vollpumpt und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe ankündigt, die Geldmenge bis Ende 2014 verdoppeln zu wollen. Doch Bernanke, Draghi und Abe versichern, aus den Erfahrungen Havensteins und anderer gelernt und alles unter Kontrolle zu haben.

Wir müssen uns also keine Sorgen machen. Und das tun wir ja auch nicht, die Deutschen blicken voller Vertrauen auf die verantwortlichen Akteure und strahlen eine bewundernswerte „Gelassenheit“ aus, wie Beobachter aus aller Welt anerkennend vermerken. Gelassenheit. Einstein würde es Wahnsinn nennen.

Aber egal, wie wahnsinnig gelassen wir nun sein mögen, auch unsere Gelassenheit hat Grenzen. Die Sache mit dem Limburger „Protz-Bischof“ hat die Nation schwer erregt. Was für ein eitler Gockel, der sich da eine Prunkresidenz für mittlerweile geschätzte 40 Millionen Euro hat hinsetzen lassen! Unerträglich für die Gesellschaft und untragbar für die katholische Kirche, da waren sich schnell alle einig: Weg mit dem!

Den Kirchenmann dürfte das eigene Verhalten mittlerweile selbst ärgern. Das hatte er bestimmt nicht vorhergesehen. Was er sich wohl heute denkt? Wahrscheinlich: Hätte ich das bloß sein gelassen! Oder besser: Wäre ich statt Bischof doch Politiker geworden!

Wieso Politiker? Weil ihm dann ganz gewiss nichts passiert wäre. Zum Beispiel als Berliner Bürgermeister: Klaus Wowereit hat leicht das Hundertfache der Limburger Bausumme als Mehrkosten für seinen Großflughafen verpulvert. Bußgang? Rücktritt? Nichts da: Er hat bloß mit seinem Freund und Kollegen aus Brandenburg den Platz getauscht und schon war (für ihn) alles wieder gut. Die Medien hatten zwar kurz über die peinlich-dreiste Rochade gelästert, gaben dann aber auch Ruhe, derweil die Geldvernichtung im märkischen Sand munter weitergeht.

In Hamburg haben Politiker den Bauauftrag für ihren neuen Musiktempel dermaßen stümperhaft ausgehandelt, dass die Kosten um rund das Fünfzehnfache des Limburger Gesamtbetrags angestiegen sind. Der damalige Bürgermeister Ole von Beust genießt davon gänzlich ungerührt seinen „wohlverdienten Ruhestand“.

Natürlich haben jetzt jene Recht, die einwerfen, dass man das eine mit dem anderen nicht so ohne Weiteres vergleichen könne. Manche meinen ja, dass Kirchenleute nun mal eine „besondere Vorbildfunktion“ hätten und daher genauer beäugt werden müssten. Für die Masse der Deutschen sollte der Unterschied allerdings woanders liegen: Zumindest das Berlin-Brandenburger Abenteuer müssen alle Deutschen mitbezahlen, einige über den Länderfinanzausgleich und alle über Bundeszuschüsse. Die Kosten der Bischofsresidenz sind hingegen nur für die 700000 Katholiken des Bistums Limburg ein persönliches Ärgernis.

Gut, aber das erzählen wir lieber nicht so laut herum. Sonst nutzt sich der Gebrauchswert der hessischen Affäre für die Politik zu schnell ab. Und der kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: Wenn sich demnächst irgendein Kirchenmensch dazu versteigen sollte, die Politiker mit Verweis auf Hamburg oder Berlin zum sparsameren Umgang mit öffentlichem Geld zu ermahnen, müssen die Ermahnten bloß „Limburg“ zischen, und schon ist Grinsen und Schweigen.

Allerdings passiert es uns in letzter Zeit häufiger, dass uns das Grinsen gefriert wegen ungeheuerlicher Entdeckungen, über die auch die PAZ nicht schweigen will. Bei der jüngsten Enthüllung geht es nicht mehr „nur“ um Geld, es geht um alles: Viele unter Ihnen, vor allem die 40- bis 60-Jährigen, erinnern sich gut an die lustigen Asterix-Hefte – das kleine gallische Dorf, das tapfer der römischen Übermacht standhält.

Jetzt ist Schluss mit lustig: Der französische Kulturhistoriker Léon Poliakov hat herausgefunden, dass die Geschichten ein Pfuhl von Rassismus und Ausgrenzung sind. Die Gallier stünden nämlich für die „unverbildete, reine Rasse“, die in den Heften idealisiert würde. Deren Feind ist bezeichnenderweise eine multikulturelle römische Mischpoke, die aus blöden, verweichlichten Tölpeln besteht.

Auch das noch, Asterix ist Paläo-Nazi, als Comic getarnte Rassenhetze. Darauf wären wir ohne die wissenschaftliche Erweckung durch Herrn Poliakov nie gekommen. Aber nun müssen die Hefte wohl auf den Index. Pfui Teufel.

Die „Welt“ stellt dem rassistischen Gallierkaff die „kosmopolitische US-Metropole Entenhausen“ der Donald-Duck-Hefte als leuchtendes Beispiel gegenüber, wo glückliche Tierchen unterschiedlichster Gattungen durch die „von Dagobert Duck gesteuerte Geldherrschaft in Trab gehalten“ würden. So also sieht das Comic-Pendant der einzig erstrebenswerten Gesellschaft aus. Und in der Tat: In Entenhausen hätten sich Ben Bernanke und Mario Draghi auf Anhieb wohlgefühlt. Von den Galliern hätten die beiden dagegen wohl Prügel bezogen. Wo Sie selbst lieber leben wollten, behalten Sie in Ihrem eigenen Interesse besser für sich.


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