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26.10.13 / Pleitewelle voraus? / Nicht nur Staaten, auch immer mehr Unternehmen geraten wegen Überschuldung in Probleme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-13 vom 26. Oktober 2013

Pleitewelle voraus?
Nicht nur Staaten, auch immer mehr Unternehmen geraten wegen Überschuldung in Probleme

Zumindest bisher erschien Deutschland in der krisengeschüttelten Euro-Zone wie ein Fels in der Brandung. Tatsächlich drohen im Jahr 2014 gleich mehrere spektakuläre Unternehmenspleiten, so dass auch in Deutschland schnell wieder eine Krisenstimmung aufkommen könnte.

Was sich derzeit um die Firma A.T.U, Deutschlands größter Autowerkstattkette, abspielt, kann gut als nochmalige Bestätigung von Franz Münteferings (SPD) „Heuschrecken“-Vergleich gelten. Mit Blick auf Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften hatte der damalige SPD-Vorsitzende im Jahr 2005 ein vernichtendes Urteil gefällt: „Sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter.“ Im Fall der Werkstattkette A.T.U ist es mit der Anonymität der „Heuschrecke“ zwar nicht weit her, ansonsten hält der damalige Vergleich durchaus stand. Es ist der New Yorker Finanzinvestor KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.), der sich nun dem Vorwurf ausgesetzt sieht, A.T.U heruntergewirtschaftet und regelrecht ausgesaugt zu haben. Das einst erfolgreiche Unternehmen mit mehr als 600 Filialen und über 12000 Mitarbeitern kämpft gegen die drohende Pleite.

Der US-Eigentümer KKR hat A.T.U nicht nur hohe Schulden aufgehalst, sondern zusätzlich auch noch gefährliche Fehlkalkulationen zu verantworten. Wie für die sogenannte Privat-Equity-Branche üblich, hat KKR den größten Teil des Kaufpreises für A.T.U nicht selbst aufgebracht, sondern den Großteil der 1,45 Milliarden Euro mit Bankkrediten finanziert, die A.T.U selbst bedienen muss. Die Folge: Seit KKR bei A.T.U das Sagen hat, stieg die Schuldenquote des Unternehmens auf mehr als 78 Prozent der Bilanzsumme. Zu den hohen Schulden kamen Fehler bei der Unternehmensführung. Komplett verschlafen wurde etwa der Trend des boomenden Internet-Handels mit Autoteilen. Erst jetzt will A.T.U. auch auf diesem lukrativen Gebiet stärker mitmischen. Auch die im Jahr 2009 gezahlte Abwrackprämie für Altautos hat im Fall von A.T.U eine erstaunliche Folgewirkung gezeigt. Weil die mit der Prämie gekauften Neuwagen seltener zur Reparatur mussten, verlor die Werkstattkette massiv an Kunden.

Inzwischen laufen Bemühungen, die bei A.T.U angehäuften Schulden neu zu verhandeln. Im Gespräch ist die Umwandlung von Schulden in Firmenanteile. Diese Lösung wäre aber für KKR nachteilig, da der Finanzinvestor dann nicht mehr das alleinige Sagen hätte.

Angehäufte Unternehmensschulden könnten aber auch für eine andere Firma bald zum Problem werden. Bei der angeschlagenen Fluggesellschaft Air Berlin ist die Zahl der Passagiere im September erneut um 6,4 Prozent auf 3,3 Millionen gesunken. Da Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft auch am Beginn des Sommergeschäfts kein Geld verdient hat, klafft in der Bilanz nun erneut ein tiefes Loch. Obsolet ist damit das Ziel, noch in diesem Jahr aus eigener Kraft in die schwarzen Zahlen zu kommen. Sollte die erhoffte Trendwende bei Air Berlin weiterhin ausbleiben, könnte die Lage für das Unternehmen noch im Laufe des Jahres 2014 kritisch werden. Mit dem in einer tiefen Krise steckenden Stahlunternehmen ThyssenKrupp oder dem Kaufhauskonzern Karstadt unter seinem Neueigentümer Nickolas Berggruen gibt es gleich noch weitere Kandidaten, die das Potenzial haben, im Jahr 2014 für Negativ-Schlagzeilen zu sorgen. Nachdem die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 im Bewusstsein vieler bereits schon wieder verdrängt schien, wäre mit spektakulären Massenentlassungen oder Unternehmenspleiten auch in der deutschen Bevölkerung schlagartig das Gefühl zurück, wie das übrige Europa in einer Krise zu stecken. Der Ruf nach Steuergeldern zur Rettung angeschlagener Unternehmen dürfte dann nicht lange auf sich warten lassen und bei einer Großen Koalition von Unionsparteien und SPD wohl auch auf fruchtbaren Boden fallen.

Dass der Zug im übrigen Europa ohnehin in Richtung staatlicher Eingriffe und Subventionswirtschaft geht, macht ein Blick nach Frankreich deutlich. Nachdem der Autobauer Peugeot bereits sieben Milliarden Euro vom französischen Steuerzahler erhalten hat, ist nun sogar ein direkter Einstieg des Staates im Gespräch. Eine französische Staatsbeteiligung – gekoppelt mit dem Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Dongfeng – könnte dem angeschlagenen Autobauer insgesamt noch einmal drei Milliarden Euro an frischem Steuerzahlergeld in die Kasse spülen. Norman Hanert


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