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26.10.13 / Kommunisten im Aufwind / Prag: Präsident Zeman drängt Sozialdemokraten zum Tabubruch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-13 vom 26. Oktober 2013

Kommunisten im Aufwind
Prag: Präsident Zeman drängt Sozialdemokraten zum Tabubruch

Erstmals seit der Revolution von 1989 haben die Kommunisten in Tschechien die Chance, zumindest indirekt wieder an der Regierung beteiligt zu werden. Meinungsumfragen sagen den Linksparteien einen Sieg bei den Parlamentswahlen am 25. und 26. Oktober voraus. Noch offen ist, ob die Sozialdemokraten tatsächlich schon zu einem Tabubruch bereit sind, der in Prag mittlerweile als reelle Möglichkeit gehandelt wird: eine sozialdemokratische Minderheitsregierung, die durch die Kommunisten geduldet wird.

Sollte es tatsächlich soweit kommen, wäre dies für die „Kommunistische Partei Böhmens und Mährens“ (KSCM) die nachträgliche Bestätigung für einen erstaunlichen Sonderweg. Im Gegensatz zu anderen kommunistischen Parteien des ehemaligen Ostblocks hat die KSCM nicht einmal versucht, sich einen „Wendemantel“ umzuhängen. Die Partei hat sich nie als gemäßigte, reformierte Linkskraft präsentiert. Zwar ist das Parteisymbol heute nicht mehr Hammer und Sichel, sondern ein Paar roter Kirschen, sehr viel mehr an politischer Kosmetik hat es allerdings nicht gegeben. Der Versuch, das Wort „kommunistisch“ aus dem Parteinamen zu streichen, wurde in einem parteiinternen Referendum abgelehnt. Bis heute ist die Unterstützung der sozialistischen Regime in Nordkorea und Kuba fester Teil des Selbstverständnisses. Demonstrativ geschieht auch die Ablehnung von Politikern, die sich für die Überwindung der kommunistischen Diktatur in Böhmen und Mähren eingesetzt haben.

Wie perfide das konkret aussehen kann, bewies KP-Chef Vojtech Filip anlässlich des Todes von Vaclav Havel. Filip, der als Vertreter des „pragmatischen“ Parteiflügels gilt, betrauerte den Tod eines „großen Führers“. Gemeint war allerdings nicht der Bürgerrechtler Havel, sondern der zeitgleich verstorbenen nordkoreanische Diktator Kim Jong-il. Ein weiterer fester Bestandteil des Selbstverständnisses der tschechischen Kommunisten ist das Festhalten an den Benesch-Dekreten der Nachkriegszeit und eine strikte Ablehnung jeglicher Eigentumsansprüche der vertriebenen Sudetendeutschen.

Diese Mixtur aus linkem Populismus und Chauvinismus kommt erstaunlicherweise bei einem Teil der Tschechen gut an. Bei den letzten Regionalwahlen 2012 wurden die Kommunisten mit über 20 Prozent zur zweitstärksten Kraft des Landes gewählt. Derweil wird der im Jahr 1995 gefasste Abgrenzungsbeschluss der Sozialdemokraten immer lascher gesehen. Mit Unterstützung der Sozialdemokraten stellen die Kommunisten bereits seit 2008 in der Region Aussig den Kreishauptmann.

Einen gehörigen Anteil daran, dass die Kommunisten politisch zunehmend als salonfähig gelten, hat Tschechiens Präsident Milos Zeman. Ausgerechnet in einem Interview mit der KP-Parteizeitung bändelte Zeman mit den linken Betonköpfen an und gab die gewünschte Richtung vor. „Ich finde, die Kommunistische Partei sollte eine vierjährige Zwischenphase absolvieren, in der sie eine Minderheitsregierung der Sozialdemokraten toleriert“, so Zeman. Dass er sich als Staatspräsident so offen in die Parteipolitik einmischt, hat mit den ureigensten politischen Zielen von Zeman selbst zu tun. Kaum noch zu übersehen ist, dass er die Rolle aller Parteien einschränken will, um das politische System nach eigenem Gusto zu einem Präsidialsystem umzubauen. Durchsetzen lassen sich derartige Pläne für Zeman nur mit einer Linksregierung, bei der die Kommunisten eingebunden sind. N.H.


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