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26.10.13 / Siegreiches Tor / Königsberger Landwehr stoppte in Leipzig die Franzosen – Laienschauspiel mit Gewehren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-13 vom 26. Oktober 2013

Siegreiches Tor
Königsberger Landwehr stoppte in Leipzig die Franzosen – Laienschauspiel mit Gewehren

Zum 200. Jahrestag der Völkerschlacht kamen bei Leipzig rund 6000 „Soldaten“ aus 26 Ländern zusammen, um in historischen Kos­tümen die Schlacht vor vielen Zuschauern nachzuspielen. Einige kamen auch in Uniformen der Königsberger Landwehr, deren von Napoleon vollkommen unterschätzte Kampftruppen einen großen Anteil an der Niederlage der Franzosen hatten.

Ob einer der Kombattanten als Carl Friccius verkleidet aufgetreten war, ist nicht bekannt. Der Königsberger Landwehr-Major (1779–1856) war als erster in das äußere Grimmaische Tor der Leipziger Vorstadt eingedrungen. Das hatte er so in seiner 1845 er­schienenen „Geschichte des Krieges in den Jahren 1813 bis 1814“ geschildert. Der rivalisierende Major von Mirbach veröffentlichte damals aber eine Gegendarstellung zu Friccius Kampfversion.

Dort wird geschildert, dass „die Division des Bülowschen Korps vom Prinzen Ludwig von Homburg-Hessen befehligt wurde. Zu dieser Division gehörte unter anderem das 3. ostpreußische Infanterie-Regiment, dessen 3. Ba­taillon unter Major Friccius stand“. Weiter wird in anderen Gefechtsberichten der damaligen Zeit vermerkt, dass das 3. ostpreußische Landwehrregiment vier Bataillone mit 3150 Köpfen hatte, die alle im Gefecht waren. Demnach behauptet von Mirbach, dass die Königsberger nicht die Ersten gewesen seien, die durch das Grimmaische Tor stürmten.

Der Gegenentwurf über die tatsächliche Lage der damaligen Königsberger findet sich im Schreiben des Majors Carl Friccius vom 19. Oktober 1813 an seine erste Gattin Friderike, geborene Meier, über die Erstürmung des äußeren Grimmaischen Tors zu Leipzig. In den noch frisch, unmittelbar nach den Kampf­ereignissen niedergeschriebenen Erinnerungen, die als Faksimiledruck des Urbriefs noch vorhanden sind, stellt er seinen persönlichen Anteil dar und beziffert die Verluste der Königsberger an diesem Tag mit „ongefähr 50 Mann“.

Der Königsberger Friccius war mit dem legendären preußischen General und Patrioten August Graf Neidhardt von Gneisenau freundschaftlich verbunden. Er wurde für seine patriotischen Taten mit dem schwedischen Schwertorden und eigenhändigem Glück­wunschschreiben des Kronprinzen von Schweden ausgezeichnet. Er erhielt das Eiserne Kreuz 2. und 1. Klasse sowie den russischen Annen-Orden 2. Klasse und wurde mehrfach militärisch bis zum Rang eines Oberstleutnants be­fördert.

Die Erstürmung des Leipziger Zentrums schilderte er wie folgt: „Leipzig also zu nehmen, war die große Aufgabe. Nachdem es stark be­schossen war, wurde der Sturm be­schlossen und mein Ba­taillon an die Spitze gestellt. Wir thaten was der entschiedenste Männer Muth nur vermag ... Mit eigner Hand stieß ich eine Mauer ein, kroch zuerst hindurch und war so der erste in der Stadt, wie es die Pflicht des Commandeurs ist. Mei­ne Leute folgten mir zum großen Theil, und unter dem fürchterlichsten Kugelregen drangen wir vor. Der Erfolg war, daß wir Tausende von Franzosen in der größten Flucht vor uns hertrieben. Mein Häuflein aber wur­de immer kleiner, zuletzt vielleicht nur 15 bis 20 Mann, und als wir die Franzosen auf einen großen freien Platz getrieben hatten übersahen sie unsere Schwäche, kehrten um und wir mussten zurück, nachdem aber wohl mehrere hunderte schon durch uns gefallen waren. Hätte man uns damals nicht im Stich gelassen, so wär Leipzig auf den ersten Angriff erobert und Napoleon, der noch darin war, gefangen genomen.“

Erschüttert schreibt in diesem Brief Friccius an seine Frau weiter: „Was mich am meisten kümert ist der Tod des Hauptmann Motherby der an meiner Seite beim ersten Eindringen fiel. Man kann von ihm sagen, er war ein Mann über allen Tadel erhaben.“

Friccius, später ein angesehener Geschichts- und Rechtswissenschaftler und von der Königsberger Universität im Jahr 1818 mit dem Ehrendoktor der Philosophie ausgezeichnet, auch gewählt zum Direktor der Königlich Deutschen Gesellschaft, war, nach seiner vormilitärischen Zeit Obergerichts­assessor beim Landes-Justizkollegium in Kalisch, in seinem Zivilverhältnis Oberlandesgerichtsrat in Königsberg und erlangte 1830 die Stellung eines General-Auditeurs der Armee in Berlin und Chefs des General- Auditoriats, der höchsten Militärjustizbehörde des Landes.

50 Jahre nach der Schlacht ermittelten die Leipziger durch damals noch lebende Augenzeugen, wer als erster durchs Grimmaische Tor fiel. Das Ergebnis „sprach durchaus für die Priorität der Königsberger Landwehr“. Als Dank errichtete man sieben Jahre nach des Majors Tod am Täubchenweg ein Friccius-Denkmal.

Bei der heutigen szenischen „Völkerschlacht“ konnten die Landwehr-Darsteller nicht wieder das Grimmaische Tor erobern. Es wurde 1831 abgerissen. Dafür ging man sich außerhalb auf einem Feld an den Kragen. Das Gute diesmal: Es gab keine Toten. Alle „Gefallenen“ standen wieder auf. Harald Tews/PAZ


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