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26.10.13 / Wie das Regentschaftskönigreich Polen entstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-13 vom 26. Oktober 2013

Wie das Regentschaftskönigreich Polen entstand

Nachdem deutsche und österreichisch-ungarische Truppen bis Ende August 1915 die russische Provinz Weichselland erobert hatten, teilten sie das Territorium auf zwei Generalgouvernements auf: im Norden das deutsche mit Sitz in Warschau unter Generaloberst Hans von Beseler, im Süden das österreichisch-ungarische mit Sitz in Lublin unter Feldzeugmeister (General) Karl Kuk. Während es im österreichischen Teil keine gesonderte Zivilverwaltung gab, sondern diese zugleich in den Händen des Militärs lag, stand neben Generaloberst von Beseler in der Person von Wolfgang von Kries ein „Chef der kaiserlich-deutschen Zivilverwaltung beim Generalgouvernement Warschau“, wobei kleinere Gebiete um die Städte Suwałki und Augustów unter deutsche Militärverwaltung gestellt wurden.

Bei der Provinz Weichselland handelte es sich um das ehemalige „Kongresspolen“, das 1815 im Wiener Kongress Russland zugesprochen und anschließend als Königreich Polen vom russischen Zaren in Personalunion mitregiert worden war. Erst nach dem polnischen Aufstand von 1830 und dessen Niederschlagung hatte sich Russland das Gebiet als Provinz einverleibt.

Schon zu Beginn des Ersten Weltkrieges ging Kaiser Wilhelm II. von einer raschen Besetzung des russischen Territoriums aus, auf dem er dann einen polnischen Staat zu gründen beabsichtigte. Abgesehen von kleineren Annexionen durch die Mittelmächte sollte das neue unabhängige Polen eng mit diesen verbündet sein. Eine Einschränkung der Souveränität war allerdings für die polnische Armee vorgesehen, die unter dem Oberbefehl des Deutschen Kaisers stehen sollte. Insbesondere die Oberste Heeresleitung unter Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und General Erich Ludendorff erhoffte sich durch die Schaffung polnischer Streitkräfte eine militärische Stärkung an der Ostfront.

Der künftige polnische Staat sollte ein Königreich sein. Als aussichtsreichste Kandidaten für den Thron galten der im galizischen Saybusch [Zywiec] lebende Erzherzog Karl Stephan von Österreich und sein ältester Sohn, Erzherzog Karl Albrecht von Habsburg-Lothringen, die beide fließend die polnische Sprache beherrschten. Daneben gab es auch Pläne, das neue Königreich mit Galizien zu vereinigen und vom österreichischen Kaiser und ungarischen König in Personalunion mitregieren zu lassen, womit aus der Doppelmonarchie ein trialistisches Staatswesen mit drei Reichsteilen unter einem Herrscher geworden wäre. Dagegen regten sich aber sowohl bei den Deutsch-Österreichern als auch in Ungarn Widerstände, weil in den dann geschaffenen Grenzen das slawische Element eindeutig dominiert hätte.

In den Jahren 1915 und 1916 verfasste Generalgouverneur von Beseler einige Denkschriften für ein selbständiges Polen. Ihm gelang die Gründung einer prodeutschen polnischen Partei mit dem Namen „Klub der Anhänger des polnischen Staatswesens“ unter Władysław Studnicki, der sich für eine enge Anbindung an Deutschland aussprach. Am 5. November 1916 war es dann soweit: Im Königsschloss zu Warschau veröffentlichte von Beseler den Beschluss des deutschen und des österreichisch-ungarischen Monarchen zur Errichtung eines Königreichs Polen, Generalgouverneur Kuk verkündete dieselbe Proklamation in Lublin. Erstmals seit 1831 wehten wieder polnische Fahnen in der Öffentlichkeit – es war die Geburtsstunde eines neuen polnischen Staates, dessen genaue Grenzen allerdings noch nicht feststanden und der auch noch ohne König war. W.R.


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