20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.11.13 / Öl-Reichtum quasi verschenkt / Iren, aber auch Brasilianer erzürnt über ihre Regierungen, die die Ressourcen des Landes nicht besser nutzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Öl-Reichtum quasi verschenkt
Iren, aber auch Brasilianer erzürnt über ihre Regierungen, die die Ressourcen des Landes nicht besser nutzen

Gegen einen Ausverkauf von Ölreserven an internationale Ölkonzerne gehen immer mehr Bürger auf die Barrikaden und monieren, dass für einen kurzfristigen Gewinn langfristige Einkommensquellen verschleudert werden. Die Distanz zwischen politischen Eliten und Bevölkerung wächst. Jüngstes Beispiel ist Brasilien. In diesem aufstrebenden Schwellenland wurden gerade die umfangreichen Ölfelder des „Campo de Libra“ mit bis zu zwölf Milliarden Barrel vor der Küste Rios versteigert und mangels Konkurrenten an ein Bieter-Konsortium, darunter Shell und Total, abgegeben. Heftige Proteste vor dem Auktionshaus richteten sich gegen den „Ausverkauf“. Nur Polizei-Hundertschaften mit Tränengas konnten die Veranstaltung schützen.

In Europa schließt sich das irische Volk in Protestbewegungen gegen die Dubliner Regierung zusammen. Revolten gegen die Ausplünderung der Ölvorräte vor den Küsten durch ausländische Konzerne, ohne dass die Regierung in Dublin davon profitiert, sind an der Tagesordnung. Es handelt sich um verschenkten Reichtum, der für die Gesundung der irischen Finanzen und der Wirtschaft bitter nötig ist.

Der geschätzte Kolumnist der „Irish Times“, Fintan O’Toole, fasst den Unmut so zusammen: „Wenn selbst Diktaturen in Dritte-Welt-Ländern bessere Deals mit den Ölfirmen abschließen, warum können wir das nicht?“ Und weiter: „Alle wichtigen Entscheidungen im Land werden von der Troika aus Europäischer Zentralbank, Europäischer Kommission und Internationalem Währungsfonds getroffen. Die Regierung setzt das bloß um. Das führt dazu, dass sie psychologisch nicht in der Lage ist, etwas Eigenständiges zu tun.“

Es sollen zehn Milliarden Barrel Erdöl sowie große Gasvorkommen sein, die Irland vor seiner Westküste durch Lizenzvergabe aus der Hand gibt. Die größten Energiequellen im Atlantik gehören inzwischen internationalen Ölgesellschaften. Der irische Staat hingegen erhält keinen Anteil daran, null Energie- und Versorgungssicherheit. Lediglich eine Steuer von 25 Prozent auf die Gewinne fließt an die Regierung. Der Wert der so verschleuderten Öl- und Gasfelder beträgt rund 600 Milliarden Euro.

Und die Suche nach ergiebigen Quellen geht weiter. Denn bislang wurden nur etwa 160 Bohrungen vorgenommen (durch Großbritannien in der Nordsee 4000). Der Widerstand gegen die geplante Gas-Raffinerie im Binnenland und eine Hochdruckpipeline in der Nähe Rossports vor allem der Vereinigungen „Shell to Sea“ und „Own Our Oil“ wächst, die Verhaftungen von Demonstranten sowie aggressive Handlungen wachsen ebenfalls. So wurde unter anderem das Boot des protestierenden Fischers Pat O’Donnel von bewaffneten Maskierten geentert und versenkt. Die drastischen Maßnahmen des Staates zum Schutz der Konzerne erregen die Bevölkerung.

Die widerspenstigen Gegner verweisen darauf, dass Irland in den umgebenden Gewässern über Hoheitsrechte von der neunfachen Größe der Insel verfügt, in denen womöglich Milliardenreserven an Öl und Gas ruhen. Norwegen zum Beispiel, das durch Öl ein wohlhabender Staat wurde, nimmt von den ausbeutenden Konzernen 78 Prozent Steuer.

Und auch der Nachbar Großbritannien mache es vor, wie aus dem flüssigen Gold auch Geld für die wirtschaftliche Entwicklung im Lande gezogen werden kann. Die Briten erlösten aus ihren Nordseefeldern in den letzten Jahren rund 300 Millionen Pfund (345 Millionen Euro) durch das Ölgeschäft in der Nordsee.

„Es könnte die neue Nordsee werden“, schwärmte Tony O’Reilly, Chef der Firma Explorers Providence, die im Süden bei Cork fündig wurde. Doch Öl zu entdecken ist eine Sache, es unter erschwerten Bedingungen zu erschließen, aufwendige Pipelines zu bauen und die Förderung wirtschaftlich umzusetzen, eine andere. Und dafür fehlt den Iren, wie anderen ärmeren Ländern weltweit, das Geld, also müssen große Konzerne wie Exxon oder Shell mit ihrer Technik und ihrem Fachwissen einspringen – allerdings zu Konditionen, die ihnen in die Kassen spielen.

Ähnliche Protestbewegungen gibt es in Westafrika und in Asien, wie etwa auf den Philippinen und in Birma. Denn vor den Küsten der Tigerstaaten Südostasiens stoßen Bohrinseln auf immer mehr Erdgas und Öl. Vietnam hat am meisten Glück: Dort erstrecken sich die Felder wie ein Teppich von Norden nach Süden – darunter ein gigantisches Ölfeld wie in Saudi-Arabien. Joachim Feyerabend


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren