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02.11.13 / Späte Rechnung / Karibische Staaten wollen London, Paris und Den Haag verklagen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Späte Rechnung
Karibische Staaten wollen London, Paris und Den Haag verklagen

Teuer zu stehen kommen könnte Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich ihre koloniale Vergangenheit. Vertreter der Karibischen Gemeinschaft (Caricom) haben vor der UN-Vollversammlung eine Klage gegen die drei Staaten angekündigt, bei der am Ende Entschädigungszahlungen von mehreren Milliarden Euro stehen könnten. Konkret prüfen die 14 Caricom-Staaten derzeit, ob sie vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag Reparationszahlungen für die Folgen von Sklaverei auf ihrem Territorium einklagen können.

Die beschuldigten westeuropäischen Staaten sind gut beraten, die Caricom-Ankündigung ernst zu nehmen. Es handelt sich um mehr, als das sonstige politische Gepolter, mit dem vor der Uno Forderungen für mehr Entwicklungshilfe untermauert werden. Immerhin hat die renommierte Londoner Anwaltskanzlei Leigh Day, die in Menschrechtsprozessen als überaus erfolgreich gilt, den Auftrag zur Klagevorbereitung erhalten. Erst unlängst hat die Kanzlei Entschädigungen für Kenianer erstritten, die während des sogenannten Mau-Mau-Aufstandes während der 50er Jahre durch britische Kolonialbeamten gefoltert worden waren.

Sollte die Klage der karibischen Staaten in Den Haag Erfolg haben, wäre es abermals Großbritannien, das für seine Vergangenheit finanziell massiv zur Rechenschaft gezogen würde. Von den 14 Mitgliedsländern der Caricom waren vor ihrer Unabhängigkeit zwölf Staaten – wie etwa Belize und Barbados – britisches Kolonialgebiet. Lediglich Haiti und Surinam standen unter französischer beziehungsweise niederländischer Herrschaft.

Doch der Anspruch der potenziellen Kläger ist umstritten. Zwar hat die Ära der Sklaverei, in der die drei Länder verstrickt waren, fast 400 Jahre angedauert, inzwischen ist aber geraume Zeit verstrichen. Die Strategie der Kläger könnte deshalb vor Gericht darauf abzielen, die möglichen Auswirkungen der Sklaverei auf die heutigen Bewohner zu beweisen.

Nach Angaben von Martyn Day, Mitbegründer der Kanzlei Leigh Day, werden derzeit ökonomische Auswirkungen auf die Karibik-Bewohner geprüft, etwa die Unmöglichkeit, über Generationen Vermögen aufzubauen, oder aber gesundheitliche Folgewirkungen. Fast noch schwieriger dürfte es fallen, eine angemessene Entschädigungssumme zu finden. Zwar weigert sich die Kanzlei, Zahlen zu nenne, einige Medien sprechen aber bereits von mehr als 200 Milliarden Euro.

Aber selbst bei Abweisung der Klage droht den Regierungen Großbritanniens, Frankreichs und der Niederlande immerhin ein erheblicher moralischer Ansehensverlust, denn es ist äußerst widersprüchlich in Fragen von Menschenrechten und der Vergangenheitsbewältigung selbst gern mit erhobenem Zeigefinger andere zu belehren, eine Verantwortung für die eigene nationale Vergangenheit aber finanziell abzulehnen. Auf nichts anderes scheint es nach den ersten Reaktionen hinauszulaufen: Die Regierungen Großbritanniens, der Niederlande und Frankreichs haben Reparationszahlungen für ihre Sklavenhalter-Ära abgelehnt. Vor allem Frankreichs sozialistischer Präsident François Hollande könnte jedoch mit seiner Ablehnung gegenüber der eigenen linken Stammwählerschaft in Erklärungsnot geraten. N.H.


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