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02.11.13 / Unabhängigkeit nur Trugbild / Ex-Kfor-Kommandeur über die wahre Lage im Kosovo

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Unabhängigkeit nur Trugbild
Ex-Kfor-Kommandeur über die wahre Lage im Kosovo

Am 3. November finden im Kosovo Kommunalwahlen statt, die von Kosovo-Albanern gestört werden könnten, um Serbiens guten EU-Fortschrittsbericht zu vermiesen. Die Kosovo-Serben wollen wiederum die Wahl boykottieren, um die „Unabhängigkeit“ des albanisch dominierten Kosovo zu behindern. Beide Seiten erschweren sich gegenseitig das Zusammenleben, wie Generalmajor Erhard Drews weiß, der von 2011 bis 2012 Kommandeur der internationalen Kosovo Force (Kfor) war. Drews ist ein loyaler Militär, aber auch ein kritischer Staatsbürger. Seine Erfahrungen und Erkenntnisse dieses Einsatzes trug er unlängst in Bonn vor 120 sachkundigen Hörern vor. Nach 14 Jahren internationaler Präsenz im Kosovo hätten sich die Rahmenbedingungen dort nicht grundsätzlich geändert, jüngste Abmachungen zwischen Pristina und Belgrad bewirkten wenig, Probleme seien weiterhin ungelöst in „dynamischer Stagnation“. „Chancen wurden vertan“, so Drews. „Wir hätten uns auf Jahrzehnte einrichten sollen, wenigstens auf Jahre.“

Das Kosovo leide an Defiziten bei Souveränität, Regierung und Verwaltung. Seine einseitige Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 widerspräche der (noch gültigen) UN-Resolution 1244 von 1999, die das Kosovo als Teil Serbiens sieht, in dem die Kfor für Sicherheit und Ordnung sorgen sollte. 50000 Soldaten aus 40 Ländern zählte diese 1999, Drews hatte noch 5500 Mann aus 29 Ländern unter sich. 105 UN-Staaten haben das Kosovo anerkannt, das wegen des Vetos Chinas und Russlands selber nicht in die UN aufgenommen wurde. Allerdings haben auch fünf EU-Staaten das Kosovo bisher nicht anerkannt, so dass der Druck der EU auf Serbien verpufft.

Die internationale Gemeinschaft interessiere sich kaum noch für das Kosovo, was die dortige Gewaltbereitschaft steigere, bedauert Drews. Temporäre Ruhe sei trügerisch. Drews berichtet, dass die Kosovo-Serben „um keinen Preis“ unter die Verwaltung von Pristina kommen wollten, Albaner fänden sich nur bedingt mit der „de facto-Zweistaatlichkeit des Kosovo“ ab. Die Kfor müsste im Grunde „ewig“ bleiben, um beide Seiten davon abzuhalten, sich zu attackieren. Zudem grassiere im Kosovo die organisierte Kriminalität, Schiebereien seien alltäglich, wie Drews an Benzinpreisen von Mitrovica bis Pristina belegt. Gewinne investiere man in Montenegro, nie im Kosovo selbst. Dafür blühe das Schmarotzertum: Dank Belgrader Hilfen hat das serbische Krankenhaus in Mitrovica dreimal mehr Personal als nötig, dank EU-Zuschüssen amtieren in Pristina fast 30 Vizepremiers und Minister.

Das Kosovo teilten einst Veteranen der Terrortruppe UCK unter sich auf und vertrieben noch heute jeden aus ihren Pfründen. Drews amüsiert es, wenn ein Ex-UCK-Boss wie Hashim Thaci, heute Premier des Kosovo, die Kfor als seine Privatarmee betrachte, der er befehlen könne. Drews weiß, dass die Unruhen von 2004 und 2011 nicht „ungesteuert“, sondern gezielt provozierte Pogrome gewesen seien. Und wenn ihn Thaci und Co. während seiner Kfor-Zeit beschimpften, entgegnete er: „Ich bin auf die Zufriedenheit von Herrn Thaci nicht angewiesen.“

Das nur nominell souveräne Kosovo bleibe natürlich ein UN-Protektorat, sagt Drews. Kosovos Unabhängigkeit sei ein Trugbild, Serbien stehe nicht „zwischen EU-Kandidatur und Nationalismus“, eher zwinge Belgrad Brüssel zu Konzessionen als umgekehrt. Wolf Oschlies


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