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02.11.13 / Durchbruch mit der Luise / Vor 125 Jahren erhielt Emil Hundrieser für die Sitzstatue der Königin die »Kleine Goldene Medaille«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-13 vom 02. November 2013

Durchbruch mit der Luise
Vor 125 Jahren erhielt Emil Hundrieser für die Sitzstatue der Königin die »Kleine Goldene Medaille«

Vor 125 Jahren gelang dem gebürtigen Königsberger Bildhauer Emil Hundrieser mit seiner auf der 60. Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin vorgestellten Sitzstatue der Königin Luise der Durchbruch. Diese Arbeit war zwar ohne Auftrag erfolgt, aber dennoch für Hundrieser lukrativ, da die Königin Luise aufgrund ihrer Popularität schon in vielen Bildwerken geehrt worden war.

Das Modell zeigt Königin Luise, auf einem Empire-Lehnstuhl sitzend, soeben die Lektüre eines Buches unterbrechend, um sinnend zu verharren. Aufrechten Hauptes schweift ihr Blick in die Ferne. Das Werk ist in seiner ganzen Erscheinung idealisiert, Gewandbehandlung und Haarmodellierung weisen aber schon auf die neubarocke Stilform hin, die in Reinhold Begas’ Werk in Vollendung zum Ausdruck kommen sollte.

Auf der Ausstellung, die vom Juli bis zum Oktober des Dreikaiserjahres 1888 dauerte, waren weitere namhafte Kollegen wie Max Baumbach, Alexander Calandrelli, Emil Cauer, Gustav Eberlein oder Erdmann Encke mit Modellen vertreten. Hundrieser erhielt für sein Modell die „Kleine Goldene Medaille“. Georg Voß, der für die Zeitschrift „Kunst für Alle“ diese Ausstellung kommentierte, beschrieb Luises „runde Formenfülle“ als der des Encke’schen Standbildes im Tiergarten nachempfunden.

Maßgeblich war jedoch für Hundrieser laut Überlieferung eine von Johann Gottfried Schadows Hand gefertigte Büste der Königin Luise. Seitens der National-Galerie Berlin erfolgte der Auftrag, die Sitzstatue in carrarischem Marmor auszuführen. 1895 wurde das Werk von der National-Galerie Berlin angekauft. Doch bereits 1910 gelangte es als Leihgabe in den Kurpark von Bad Pyrmont, wo es heute noch zu besichtigen ist. Der Erfolg war sicherlich auch darin begründet, dass diese Luisen-Darstellung mit dem Sitzmotiv einen Prototypen der wilhelminischen Ära darstellte. Die Sitzstatue wurde auch auf der Münchner Internationalen Ausstellung 1892 vorgestellt, löbliche Erwähnungen in führenden Kunstzeitschriften und allgemeines Interesse an Hundriesers Werk folgten.

Mit seinem Modell zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal am „Deutschen Eck“ in Koblenz führte Hundrieser einen weiteren Prototypen ein, der formal vorbildlich für andere Bildhauer werden sollte. Das Motiv der Darstellung eines weiblichen Genius an der Seite der Reiterstatue war zwar bereits 1889 im Entwurf zum Reiterstandbild für das Kyffhäuser-Denkmal geboren, doch wurde hier die Variante preisgekrönt und zur Ausführung bestimmt. Erst 1895 konnte er das Modell von 1889 umsetzen. Dieses mit 14 Metern ohne Sockel damals größte Reiterdenkmal der Welt wurde 1897 feierlich eingeweiht. Reinhold Begas zum Beispiel hat das Motiv des weiblichen Genius an der Seite der Equestre-Statue für sein Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal in Berlin aufgegriffen. Begas Einfluss wiederum führte sehr früh zur Loslösung aus der von Hundriesers Lehrer Rudolf Siemering übernommenen Rauch-Tradition. Der neubarocke Kunststil, der als Zeitstil zu begreifen ist, drückt sich auch in Hundriesers Werken aus.

Mit Beginn des neuen Jahrhunderts ließ der Einfluss des Kaisers auf die Kunst seiner Zeit nach; die Avantgarde, zu der Künstler wie August Kraus, Louis Tailon oder Peter Breuer gehörten, setzte sich allmählich durch. Hundrieser war es jedoch zeitlebens nicht möglich, sich vom Neubarock zu lösen und die neuen Akzente in der Kunst aufzugreifen. Seine letzten Schaffensjahre sind geprägt durch überwiegende Arbeiten für einen privaten Auftraggeberkreis. Der Staat hatte ihn fast vergessen; in den wenigen, von kommunaler Seite ausgeschriebenen Wettbewerben, an denen der Künstler teilnahm, scheiterte er. Ihm war nur noch ein Auslandserfolg beschieden, eine internationale Wettbewerbsausschreibung zu einem Denkmal zum Andenken an die Gründung des Weltpostvereins. Hundriesers 1903 eingereichtes Modell brachte ihm einen ersten Preis. Der Erfolg war für ihn noch einmal sehr beachtlich, hatten doch etwa 120 Modelle zur Wahl gestanden, von denen lediglich sechs Entwürfe prämiert worden waren. Neben Hundrieser wurden drei weitere Bildhauer mit einem ersten Preis ausgezeichnet. In einer engeren Konkurrenz siegte dann aber ein Franzose, dem die Ausführung seines Modells zugesprochen wurde.

Hundrieser, der 1905 als Nachfolger Rudolf Siemerings, der in jenem Jahr verstorben war, Direktor des Rauch-Museums wurde, hat offensichtlich mit Aufnahme dieser Tätigkeit seine Bildhauerlaufbahn aufgegeben. Als Hund­rieser am 30. Januar 1911 in seiner Wohnung starb, hatte er den Ruhm um einige Jahre überlebt.

PAZ


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