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09.11.13 / Belgrad auf die Sprünge helfen / Für die 2014 startenden Beitrittsverhandlungen Serbiens zur EU soll die Kultur des Landes als Werbeträger dienen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-13 vom 09. November 2013

Belgrad auf die Sprünge helfen
Für die 2014 startenden Beitrittsverhandlungen Serbiens zur EU soll die Kultur des Landes als Werbeträger dienen

Einmal mehr werden es die Deutschen sein, die Serbiens darbender Kultur auf die Sprünge helfen sollen. Zuletzt wurde das beim populären „Internationalen Belgrader Theaterfes­tival“ (Bitef) deutlich, das von einem deutschen Ensemble eröffnet wurde. Was durchaus Symbolkraft hat, startete doch das serbische Theater vor 200 Jahren mit einem Stück von August von Kotzebue, und Bitef wird seit seiner Gründung 1967 von dem Brecht-Übersetzer Jovan Cirilov geleitet.

Deutsche Präsenz beim Bitef garantiert mehr Gäste und Re­nommee beim ältesten Theaterfestival der Welt. Dessen Etat wurde mit 37 Millionen Dinar (etwa 326000 Euro) „fast hal­biert“, klagt Verwaltungschefin Jelena Kajgo, die bis zuletzt noch auf „die Hilfe ausländischer Kulturzentren“ gehofft hat. Wer in Belgrad etwas zu sagen hat, der mobilisiert deutsche Hilfe, und sei es nur symbolische.

Offenkundig haben diese Winke mit dem deutschen Zaunpfahl ge­wirkt, denn Premier Ivica Dacic rückte in einem Nachtragshaushalt 320 Millionen Dinar heraus und versprach mehr Mittel für die Kultur, auch um Eindruck auf die EU zu machen, mit der man im Ja­nuar 2014 Beitrittsgespräche starten will. Die Zusage freut den Übersetzer Dusko Paunkovic, seit Ende 2012 Präsident des Nationalrats für Kultur (NSK). Der entstand 2011 als Beratergremium für Regierung und Parlament und vereint 19 Mitglieder aus allen Zweigen und Institutionen der Kultur. Der NSK kann nicht entscheiden, aber Druck ausüben, bestimmte sein erster Präsident, der Bildhauer Dusan Otasevic.

Druck ist heute nötiger denn je, da Belgrad 2020 Kulturhauptstadt Europas werden will, aber laut NSK ist der „Zustand der Kultur unhaltbar“. Schon am 22. Juni protestierten Kulturschaffende „gegen Kulturmord“, und seither geben die über 1000 Mitglieder der 16 Kulturverbände keine Ruhe: Der Staat soll endlich das seit 2009 überfällige Kulturgesetz und die „Entwicklungsstrategie der Kultur Serbiens“ für die nächsten 20 Jahre erlassen und nicht nur die Kulturaufwendungen auf 1,2 Prozent des BIP anheben, sondern auch den „Kitsch“ und „Schund“ in der Architektur aus kommunistischer Zeit beseitigen.

Weitere Aufgaben folgen: Die seit 1990 bearbeitete „Serbische Enzyklopädie“ ist erst beim zweiten Band angekommen, was mit knapp 900 Mitarbeitern nicht gerade als Heldentat zu bezeichnen ist. Amtliche Vorwürfe, serbische Filme seien „antiserbisch“, verstehen viele Filmemacher als Verunglimpfung serbischer Cineastik, die nach 1960 Weltruhm errang und derzeit bei Festivals von Venedig bis Berlin gut angesehen ist. Das 1967 geschaffene „Institut zur Erforschung der Kulturentwicklung“ soll laut NSK bestehen bleiben und die neue Liste der 60 „Kulturinstitutionen von nationaler Bedeutung“, auf der auch das „Museum in Pristina mit zeitweiligem Sitz in Belgrad“ steht, will der Kulturrat noch erweitert sehen. Es geht schließlich um Prestige und Geltung serbischer Kultur daheim und im Ausland. Wolf Oschlies


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