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09.11.13 / Die erste Konferenz der »Großen Drei« / Vor 70 Jahren berieten Stalin, Roosevelt und Churchill in Teheran das weitere Vorgehen im Zweiten Weltkrieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-13 vom 09. November 2013

Die erste Konferenz der »Großen Drei«
Vor 70 Jahren berieten Stalin, Roosevelt und Churchill in Teheran das weitere Vorgehen im Zweiten Weltkrieg

Vor sieben Jahrzehnten erfolgte in Teheran das erste persönliche Zusammentreffen von Stalin, Roosevelt und Churchill. Gesprächsthemen waren die weitere Strategie der Alliierten gegenüber den Achsenmächten sowie die Neuordnung Europas nach dem Krieg. Dabei wurden im Verlaufe der Konferenz zahlreiche Interessengegensätze zwischen der UdSSR, den USA und Großbritannien sichtbar, die zwar noch überbrückt werden konnten, aber schon die ersten Vorboten des kommenden Kalten Krieges darstellten. Zudem deutete sich an, dass das britische Empire auf dem besten Wege war, seinen Status als Weltmacht zu verlieren.

Nach mehreren missglückten Anläufen kam es vom 28. November bis zum 1. Dezember 1943 zu einer ersten persönlichen Begegnung der sogenannten „Großen Drei“ Josef Stalin, Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt. Veranstaltet wurde die „Eureka-Konferenz“ in Teheran, also der Hauptstadt des Iran, der im August 1941 von britischen und sowjetischen Truppen besetzt worden war, um einen angeb-lichen Versuch der Achsenmächte abzuwehren, Persien unter ihre Kontrolle zu stellen. Hier fühlte sich der Kremlchef, der bekanntlich unter einer starken Paranoia litt, noch relativ sicher, da der sowjetische Geheimdienst NKWD mit 3000 Mann präsent sein konnte.

Ziel von „Eureka“ waren Absprachen über die europäische Nachkriegsordnung sowie die weitere Kriegführung gegen Deutschland, Italien und Japan. Dabei kam es im Verlaufe der Unterredungen zwischen den drei Staatschefs allerdings zu derart vielen und gravierenden Reibereien, dass es an ein Wunder grenzt, dass die Konferenz nicht in einem riesigen Eklat endete.

So erregten Churchills Vorschläge bezüglich militärischer Operationen im östlichen Mittelmeer und auf dem Balkan gleich am ersten Verhandlungstag den Zorn Stalins. Der Generalissimus sah darin nämlich in erster Linie den Versuch, das Unternehmen „Overlord“, also die alliierte Landung in Nordfrankreich, auf unabsehbare Zeit hinauszuschieben, weshalb er den britischen Premierminister ohne jedwede diplomatische Zurückhaltung fragte, ob dieser Russland betrügen wolle. Churchill wies das natürlich entschieden zurück, aber Stalin war nur dadurch zu beruhigen, dass die Westalliierten sich nun auf einen konkreten Angriffsmonat festlegten, nämlich den Mai 1944.

Dieser Erfolg ermutigte den Moskauer Diktator offenbar dazu, Churchill am Abend des Folgetages erneut schwer zu brüskieren. Während eines Dinners in der sowjetischen Botschaft schlug Stalin in alkoholisierter Stimmung vor, 50000 bis 100000 deutsche Offiziere ohne jedwedes Verfahren zu erschießen, um zu verhindern, dass Deutschland in 15 bis 20 Jahren einen neuen Krieg anzettelt. Churchill zeigte sich hierüber ausnehmend entsetzt, was der Russe damit quittierte, dass er dem Londoner Premier vorwarf, heimliche Sympathien für die Deutschen zu haben. Daraufhin verließ Churchill wütend den Bankettsaal.

Weitere tiefgreifende Differenzen zwischen den Alliierten zeigten sich in der Frage der territorialen Behandlung Nachkriegsdeutschlands. Churchill wollte lediglich eine Zweiteilung des Landes, um die einzelnen Teile lebensfähig zu erhalten, wohingegen Roosevelt gegen den Rat des US-State Department die Bildung von fünf autonomen Einzelstaaten favorisierte. Stalin wiederum begrüßte die Idee, Deutschland maximal zu zersplittern, verlangte darüber hinaus aber auch militärische Stützpunkte der noch zu schaffenden Weltfriedensorganisation auf deutschem Boden. Deshalb kam es letztlich zu gar keiner Einigung über die Details der Spaltung und zu einer Delegierung des Problems an die Europäische Beratende Kommission in London, die nun Lösungsvorschläge erarbeiten sollte.

Hier, wie in anderen Fällen auch, zeigte sich, dass Roosevelt permanent dazu tendierte, Churchill im Stich zu lassen. Darüber hinaus führte er mit Stalin genau die Vieraugengespräche, die er dem britischen Premier verweigerte. Hauptmotiv hierfür war Roosevelts politischer Traum, das sowjetisch-amerikanische Bündnis über das Kriegsende hinaus zu erhalten.

Relativ wenig Streit gab es hingegen in der Frage des zukünftigen Schicksals von Polen. Churchill bekräftigte die alliierte Haltung bezüglich einer Westverschiebung Polens: Im Westen sollte die Oder die neue Grenze bilden und im Osten die Curzon-Linie, welche zum Ende des Ersten Weltkrieges als polnisch-russische Demarkationslinie gedacht gewesen war und später in etwa der Teilungslinie gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt entsprach. Allerdings wurde Polen zusätzlich auch noch das Gebiet von Białystok zugeschlagen. Die dafür fällige „Entschädigung“ der Sowjet-union in Form des nördlichen Ostpreußens hatten die Außenminister der UdSSR, Großbritanniens und der USA schon auf ihrer Moskauer Konferenz im Oktober ausgehandelt – und Abweichungen von diesen Regelungen standen in Teheran nicht zur Disposition. Zugleich aber scheiterte Churchill mit seinem Begehren, in der Frage der neuen polnischen Grenzen eine schriftliche Vereinbarung abzuschließen. Wie schon in Moskau blieb es bei mündlichen Absprachen, die Stalin in die komfortable Position versetzten, seine Ansprüche anerkannt bekommen zu haben, ohne dass er sich im Gegenzug an feste Abmachungen halten musste.

Nüchtern betrachtet war Churchill der große Verlierer der Teheran-Konferenz: Zum einen, weil er mehrmals von Stalin düpiert wurde, ohne dass Roosevelt ihm den Rücken stärkte, zum anderen, weil er seine Pläne auf dem Balkan und im östlichen Mittelmeer nicht verwirklichen konnte, was dazu führte, dass er auf der unmittelbar im Anschluss stattfindenden Konferenz von Kairo mit Roosevelt, dem chinesischen Staatschef Tschiang Kai-shek und dem türkischen Staatspräsidenten Ismet Inönü massive Versuche unternahm, die Türkei in den Krieg hineinzuziehen. Allerdings stand Churchill mit seinen Bemühungen wiederum alleine da, weshalb es Inönü nicht schwer fiel, in seiner Position des Abwartens zu verharren.

Die Tatsache, dass in Teheran erstmals alle drei führenden Köpfe der Anti-Hitler-Koalition zusammentrafen, blieb der deutschen Abwehr nicht verborgen, wobei der entscheidende Tipp von Elyesa Bazna von der britischen Botschaft in Ankara stammte. Der Albanier, der den Decknamen „Cicero“ trug, verkaufte seit Jahren alliierte Geheimnisse an die Deutschen, die ihn dafür mit Bergen von gefälschten Pfundnoten entlohnten. Jedoch kam das sogenannte „Unternehmen Weitsprung“, ein Abwehr-Attentat auf die „Großen Drei“ in Teheran, nie über das frühe Planungsstadium hinaus, auch wenn der wichtigtuerische NKWD später etwas anderes behauptete.

Wolfgang Kaufmann


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