24.04.2024

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09.11.13 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-13 vom 09. November 2013

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

oft werde ich gefragt, wenn ich zu Außenstehenden über unsere Sucharbeit in der Ostpreußischen Familie spreche: Ja, hat das denn überhaupt noch Zweck? Mich stört vor allem das Wort „noch“, denn es bedeutet Zweifel an unserem Vorhaben und unterschwellig auch schon ein voraussehbares Scheitern. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt – so beginnen viele Briefe von Suchenden, die an uns gerichtet werden, und löschen damit das unselige „noch“ aus. Solange Menschen leben, die Auskunft geben können, müssen wir versuchen, diese zu finden, ob über unsere PAZ, ob über Heimatbriefe, ob auf Ostpreußentreffen – wir müssen alles ausloten. Und was dann vollkommen unerwartet geschehen kann, teilt uns Frau Ute Eichler aus Hamburg mit, die mit ihrem Mann Dieter Eichler, dem Vorsitzenden der Kreisgemeinschaft Lötzen, am Ostpreußentreffen Mecklenburg-Vorpommern in Neubrandenburg teilnahm. Auch sie erlebt öfters dieses Negieren, wenn sie Menschen mit Herkunft aus oder mit familiengeschicht-

lichem Bezug zu Ostpreußen fragt, warum sie nicht zu den Heimattreffen kämen und dann zu hören bekommt: „Was soll ich denn da? Ich kenne ja doch keinen mehr“. Ihre kleine Geschichte belegt das Gegenteil, und es zeigt auf, dass es auch nach fast 70 Jahren ein Wiedersehen geben kann, wie Ute Eichler berichtet:

„Als bei der Eröffnung der Veranstaltung auch die Namen der Kreisvertreter genannt wurden, darunter auch der meines Mannes, stand in dem großen Saal eine Frau auf und mit den Worten ,Aha, das also ist Dieter Eichler!’, ging durch die Reihen zu ihm und nannte ihren Namen. Es dauerte nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde und er wusste, dass Christa Hegewald geborene Dall, aus Gilgenburg vor ihm stand. Sie hatten sich zum letzten Male bei den Weihnachtsfeiern 1944 gesehen. Ich war stille Beobachterin dieser anrührenden Szene und freute mich über solch ein unerwartetes Wiedersehen. Aber es kam ja noch besser: Hier fanden sich nach fast sieben Jahrzehnten nicht nur zwei Menschen, die sehr genaue Kindheitserinnerungen miteinander teilen konnten, hier fanden sich zwei Verwandte: Die Großmutter väterlicherseits von Dieter Eichler ist die Großtante von Christa Hegewald“. Doch auch ohne diese verwandtschaftliche Verbindung ist die Sympathie füreinander von beiden Seiten groß, und da Frau Hegewald jetzt nach dem Tod ihres Mannes nach Hamburg gezogen ist, kann der Kontakt intensiviert werden. So Ute Eichler, der wir diesen maßgeschneiderten Einstieg in unsere heutige Kolumne verdanken, die sich vor allem mit der Suche nach Zeitzeugen befasst, die Auskunft über Familienangehörige geben könnten.

Beginnen wir mit dem Suchwunsch von Herrn Andreas Hamdorf aus Uthleben, der ein Beispiel für die Enkelgeneration ist, die sich intensiv mit Familienforschung beschäftigt, aber leider erst, nachdem die Wissensträger in der eigenen Familie verstorben waren und somit nicht mehr befragt werden konnten. Für ihn, den Nachgeborenen, war Ostpreußen, die Heimat seiner Großmutter Erna Hamdorf, ein unbekanntes Land, ja, er wusste nicht einmal, wo denn dieses Ostpreußen überhaupt lag, und erst nicht Paradeningken, das Gut, auf dem seine Oma geboren wurde Aber dann packte es ihn umso heftiger und der Wunsch, die Heimat seiner Vorfahren zu erkunden, ließ ihn nicht mehr los. Vor 15 Jahren begann Andreas Hamdorf mit der Suche nach der Stammheimat seiner Familie, auch in Ostpreußen, das für ihn bald nicht mehr ein Land Nirgendwo war. Die erste Auskunft erhielt er von einem Cousin seiner verstorbenen Oma, die bis 1937 ebenfalls auf dem im Kreis Insterburg gelegenen Gut Paradeningken gelebt hatte. Weitere Informationen sammelte Herr Hamdorf auf seinen Reisen quer durch die Bundesrepublik, auf denen er einige noch lebende Zeitzeugen befragte oder in Archiven forschte. Durch den Insterburger Brief bekam er Kontakt zu der Enkelin des letzten Gutpächters, von der er zahlreiches Fotomaterial erhielt. Auf drei Reisen in das nördliche Ostpreußen zusammen mit seinem Vater konnte er dokumentieren, was von dem Gut noch erhalten geblieben ist. Das sind lediglich zwei Gebäude, wobei es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch sie verschwunden sind. Bei einem soll es sich um das Geburtshaus des Hitler-Forschers Werner Maser handeln. Alles, was Andreas Hamdorf inzwischen über Paradeningken, das 1938 in Paradefeld umgetauft wurde, in den letzten Jahren zusammengetragen hat, ist auf seiner Internetseite zu finden (www.paradeningken.de). Sein letztes Projekt war die Rekonstruktion des gesamten Gutes in 3D mittels Computer. Diese Rekonstruktion diente als Vorlage für ein Ölgemälde, das der Maler Lukas Wirp für die Familie Hamdorf schuf, zu sehen auf der Homepage.

Nun zu Fragen, die der unerlässlich forschende Andreas Hamdorf an unsere Ostpreußische Familie richtet. Seine Großmutter Erna Hamdorf, geborene Wannags, ging zusammen mit ihrer Mutter Lina Wannags, geborene Behnert, auf die Flucht. Urgroßvater Friedrich Wannags, Treckerfahrer auf dem Gut, war bereits beim Volkssturm. Der Paradeningker Treck, der das Gut am 21. Januar 1945 verließ, wurde von Schmiedemeister Memmert gelenkt. Die Flüchtlinge landeten mit ihren Treckwagen im Kreis Lauenburg, Schleswig-Holstein. Leider ist es Herrn Hamdorf bisher nicht gelungen, etwas über den Verbleib des Schmiedemeisters Memmert zu erfahren, er konnte auch dessen Nachkommen nicht ausfindig machen. 1927 arbeitete Friedrich Lasdinat auf dem Gut, auch über ihn fehlen Angaben. Jetzt setzt Andreas Hamdorf auf unsere Ostpreußische Familie, wie er schreibt: „Wenn die Wahrscheinlichkeit auch äußerst gering erscheint, habe ich doch ein Fünkchen Hoffnung, dass jemand dazu Angaben machen kann. Natürlich bin ich auch an allen weiteren Informationen über das Gut Paradeningken/Paradefeld interessiert“. Wer mit solchem Engagement Familienforschung betreibt wie Andreas Hamdorf, dem kann man nur viel Erfolg wünschen. (Andreas Hamdorf, Am Graben 21 in 99765 Uthleben, Telefon: 036333/ 777644, E-Mail: a.hamdorf@t-online.de)

Nicht der Bladiauer Taufengel mit der Muschelschale war Anlass für Frau Ruth Kugler aus Waldachtal an uns zu schreiben, denn ihre Mail, in der auch dieser Ort genannt wird, war schon früher eingetroffen. Es dauerte wie in vielen Fällen mit der Weitergabe ihres Suchwunsches etwas länger, da Anschrift und Telefonnummer fehlten. Ohne die ist nun mal eine Veröffentlichung nicht möglich, wenn Antwort aus dem Kreis unserer älteren Leser erhofft wird. Auch bei Frau Kugler geht es um Familienforschung, vor allem aber um die Menschen, die aus dem Lebenskreis ihrer Großeltern stammen, um Verwandte und Bekannte, die ihr Informationen über die aus dem Kreis Heiligenbeil stammende mütterliche Linie geben könnten. Ihr Großvater Walter Karl Boy wurde 1885 in Grünwiese als Sohn des Lehrers Fritz Boy und seiner Frau Amanda geborene Spill geboren. Über sein Leben, das von zwei Weltkriegen bestimmt und in denen er Soldat war, ist wenig bekannt. Karl Boy war Inhaber einer Kolonialwarenhandlung in Quilitten und besaß ein Haus an der Königsberger Straße in Bladiau, in dem auch ein Mieter – Herr oder Frau Schönwald – wohnte. Seine Frau Charlotte − 1905 in Lank geborene Jedamzig, adoptierte Aberger −, die er 1933 heiratete, schenkte ihm fünf Kinder: Klaus *1935, Helga *1936, Helmut *1938, Christa *1940 und Manfred *1944. Die ganze Tragik dieser Familie wird erkennbar, wenn man liest, dass nur Christa die Schrecken der Flucht überlebte. Sie ist die Mutter von Frau Kugler, die nun hofft, dass sich jemand an die Mitglieder der Familie Boy erinnert und vielleicht noch Fotos von ihnen und ihrem Umfeld besitzt. Großvater Walter Karl Boy hat übrigens nach dem Krieg noch einmal geheiratet und zog in den Harz, wo er 1966 in Hohegeiß verstarb. (Ruth Kugler, Allmendgasse 36 in 71178 Waldachtal, Telefon: 07443/171790, E-Mail: ruth.kugler@web.de)

Beim Entrümpeln von Boden und Keller kommen oft Dinge zu Tage, die man nicht einordnen kann, zu denen man überhaupt keinen Bezug hat. Fotos und Dokumente, die nicht zur eigenen Familiengeschichte gehören, können aber für diejenigen von großem Wert sein, deren Namen darauf vermerkt sind – nur finden muss man sie. Das schien im Fall des auf einem alten Foto abgebildeten Vater-Sohn-Paares „Franz Baltruschat“ zuerst auch gelungen, was sich dann leider als Irrtum erwies. Der Name weist einwandfrei auf Ostpreußen hin, und so bekam Frau Magdalene Baltruschat aus Hameln das Foto in die Hände. Ihr Sohn hatte es von einem Arbeitskollegen bekommen, dessen Eltern das gut erhaltene Bild beim Entrümpeln auf dem Boden ihres Hauses in Hannover gefunden hatten. Die Namensgleichheit mit den Hamelner Baltruschats ist verblüffend, aber eine verwandtschaftliche Beziehung zu den Abgebildeten konnte bisher nicht festgestellt werden. Der Name war im nördlichen Ostpreußen nicht gerade selten. Franz Baltruschat, Hameln, stammte aus Drusken, Kreis Ebenrode. Sein Vater Johann Baltruschat war Schmied, in seiner Freizeit beschäftigte er sich mit der Imkerei, er besaß mehrere Bienenvölker. Der Ältere auf dem Bild dürfte schon von der Statur her kein Schmied gewesen sein, er war vielleicht Lehrer, denn die Widmung auf der Rückseite des gut erhaltenen Bildes „Zur freundl. Erinnerung an Pfingsten 1929“ zeigt eine gestochene Handschrift wie auch die seines Sohnes „Franz Baltruschat jun“. Vater und Sohn müssen einer Blaskapelle angehört haben, wie die Instrumente beweisen. Sie haben wohl gerade auf einer Pfingstfeier gespielt, das verraten die festlichen Anzüge. Frau Magdalena Baltruschat hat schon die Verwandtschaft ihres Mannes befragt, aber niemand konnte sich an ein Vater-Sohn-Paar erinnern, das den gleichen Namen trug. Ein Neffe ihres verstorbenen Mannes, der die Familie gut gekannt hatte, konnte keine Ähnlichkeit mit seinem Onkel Franz feststellen, auch Trompete sei in dem Haus in Drusken nie gespielt worden. Bleibt also die Frage: Wer kannte das Vater-Sohn-Paar mit Namen „Franz Baltruschat“, erkennt in den Abgebildeten vielleicht Verwandte? Hinweise könnten auch von ehemaligen Mitgliedern des Bläserchors kommen. Da das Bild in einem Haus in Hannover gefunden wurde, müssten wohl Mitglieder dieser Familie Baltruschat nach der Flucht dort gewohnt haben. Das gut erhaltene Originalfoto befindet sich bei uns. Wer sich direkt mit Frau Magdalene Baltruschat, die auch nach dem Tod ihres Mannes unserer Zeitung treu geblieben ist, in Verbindung setzen möchte, hier ihre Adresse: Hasperderstraße 6 in 31789 Hameln, Telefon (05151) 12799.

Eure Ruth Geede


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