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16.11.13 / Vergiftetes Angebot / Autor will Deutsche in die Rolle der Supermacht drängen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-13 vom 16. November 2013

Vergiftetes Angebot
Autor will Deutsche in die Rolle der Supermacht drängen

Wer sich gern beschimpfen lässt, dem sei „Die ängstliche Supermacht. Warum Deutschland endlich erwachsen werden muss“ ans Herz gelegt. Es ist schon hochgradig frech, wie der US-Autor Eric T. Hansen meint, die Deutschen als mutlos und ängstlich dazustellen zu dürfen, nur weil sie nicht alle Rechnungen der krisengeschüttelten Euro-Länder zu übernehmen wünschen. Hansen meint aber, weil er seit den frühen 80er Jahren hier lebt und seine Freundin eine Deutsche ist, über die Deutschen urteilen zu dürfen. Immer wieder kommentiert er die Einstellung seiner deutschen Freunde, doch es spricht vieles dafür, dass die Leute, die er kennt, ausschließlich einem links-intellektuellen Sozitop entstammen und somit überhaupt nicht repräsentativ für „die“ Deutschen sind.

Hansen meint doch wirklich, Deutschland müsse dringend in den Vereinigten Staaten von Europa aufgehen: „Vor allem die Paarung der reichen, aber kulturell stagnierenden Länder im Westen mit den ärmeren, aber weniger festgefahrenen Mitgliedsstaaten im Osten birgt ein höchst kreatives Potenzial.“ Was meint er da bitte? Womit sollen Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Tschechien und die Slowakei bitte den Westen befruchten? Hat der Mann eine Ahnung, wie tief gespalten diese Gesellschaften derzeit sind?

Ganz hanebüchen wird es, wenn Hansen sagt, die EU sei wie der Deutsche Zollverein. Dieser sei auch erst aus wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus entstanden und habe dann zu einem vereinigten Staatsgebilde geführt. Den Unterschied, dass die Mitglieder des Zollvereins eine gemeinsame Sprache hatten, will er mit dem Vorschlag entkräften, dass einfach alle in der EU künftig Englisch als Hauptsprache verwenden sollten. Völlig übergeht er die Tatsache, dass die Gründung des deutschen Kaiserreiches 1871 mit einer Jahrzehnte währenden Volksbewegung von unten einherging. Wo fordert aber das europäische Volk einen gemeinsamen Bundesstaat? Immerhin weiß Hansen, dass es seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine nationale Bewegung auf deutschem Boden gab, doch diese stellt er als viel zu zaghaft dar, schließlich hätte sie Jahrzehnte gebraucht, um ihre Ziele durchzusetzen, und außerdem hätte sie vieles den Franzosen und speziell Napoleon abgeschaut. Deutschland soll laut Hansen wie einst Preußen im Zollverein die gestaltende Kraft in der EU werden. Doch wie unrealistisch diese Forderung ist, verschweigt er, schließlich will sich weder Paris, Rom, Madrid oder Warschau etwas von Berlin vorschreiben lassen. All diese Länder sind nur für Segnungen finanziller Art zu haben, mit allem anderen soll Berlin bleiben, wo der Pfeffer wächst. Kritik an der undemokratischen Gestaltung der EU oder der „Diktatur der Brüssler Bürokratie“ hält er hingegen für an den Haaren herbeigezogen, ohne jedoch auf die Kritik im Detail einzugehen, um sie so zu entkräften.

Während der deutsche Leser sich von Hansen überwiegend sagen lassen muss, dass Deutschland unreif sei und dankbar sein solle, weil es von den Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Segnungen der Demokratie beschenkt worden sei, findet er hin und wieder jedoch ein paar Zeilen, die wahre Worte enthalten. So wundert sich der gebürtige US-Amerikaner, dass es die meisten Deutschen überhaupt nicht störe, in einem Land zu leben, in dem die Worte „typisch deutsch“ eine Beleidigung seien. Auch amüsiert er sich über Deutsche, die während sie Schampus schlürfen, gegen Kapitalisten wettern und den Sozialismus herbeisehnen. Auch auf das gestörte Verhältnis der Deutschen zum Nationalsozialismus weist Hansen hin und schildert dieses am Beispiel des Falles der ehemaligen NDR-Moderatorin Eva Herman. Kurz darauf kritisiert er dann den deutschen Journalismus, der nur selten investigativ sei und vor allem versuche, eigene Weltbilder zu verbreiten. Vor allem verstehe er aber die ständige Furcht vor Rechtsextremen nicht, denn diese würden nur einen „verschwindend geringen Anteil an der Bevölkerung ausmachen“. Zugleich würde jede Form von Patriotismus verteufelt und es sei geradezu chick, zu beteuern, dass man „nicht stolz“ auf sein Land sei. Dann jedoch meint der Autor wieder, sich ein ganzes Kapitel damit beschäftigen zu müssen, dass die Deutschen keinerlei Grund hätten, ihr Land als das der „Dichter und Denker“ zu bezeichnen. Das sei zudem nur eine faule Ausrede dafür, dass sie nichts Handfestes zu bieten hätten.

Und so nervt „Die ängstliche Supermacht“ überwiegend, denn Europa braucht keine Supermacht, zumal dieser Titel den Deutschen sowieso nur den Umstand schönreden soll, dass sie in diesem Falle alles bezahlen müssten und zudem auch noch für absolut alles verantwortlich gemacht würden. Rebecca Bellano

Eric T. Hansen: „Die ängstliche Supermacht. Warum Deutschland endlich erwachsen werden muss“, Lübbe, Köln 2013, gebunden, 255 Seiten, 18,99 Euro


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