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23.11.13 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Hand in Hand / Warum unsere Elite nichts zu fürchten braucht, wie man den Pöbel unten hält, und warum 300 deutsche Wörter viel zu viel sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-13 vom 23. November 2013

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Hand in Hand / Warum unsere Elite nichts zu fürchten braucht, wie man den Pöbel unten hält, und warum 300 deutsche Wörter viel zu viel sind

Die Eliten haben Angst: In einer Umfrage im Auftrag des Weltwirtschaftsforums hat man sich bei 1500 „Entscheidern“ weltweit danach erkundigt, wo der Schuh drückt. Das Forum ist bekannt für seine Treffen im noblen Schweizer Davos, wo sich führende Politiker, Manager und Intellektuelle alljährlich versammeln. Resultat der Erhebung: Viele Reiche und Wichtige fürchten, dass die Völker demnächst Ärger machen könnten wegen der immer schlimmeren Wirtschaftslage, in der immer mehr Menschen versinken.

In Frankreich knallt’s ja schon ganz ordentlich. Medien berichten, dass französische Sender von den zahllosen gleichzeitigen Streiks, Demos und Unruhen nur mehr die wichtigsten und heftigsten melden. Es sind einfach zu viele geworden, das ganze Land scheint zu vibrieren. In Spanien, Griechenland oder Italien grummelt es ohnehin schon länger.

Nur in Deutschland ist Ruhe. Das hat seinen Grund darin, dass wir erstens nur demonstrieren gehen, wenn uns die Obrigkeit dazu auffordert („Nazis raus! München ist bunt!“), und zweitens, weil unsere Eliten viel besser sind als die der anderen.

Bei uns funktioniert’s nämlich noch! Da arbeiten alle zusammen. Nehmen wir zum Beispiel den Baukonzern Hochtief. Dessen Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS wäre 2010 fast gescheitert, wenn einige Prachtstücke der deutschen Elite nicht so gut kooperiert hätten.

Die Übernahme hatte nämlich zwei gewichtige Gegner, die deutsche Börsenaufsicht Bafin und die Arbeiter von Hochtief. Die Bafin störte sich daran, dass ACS in Spanien wegen Bilanzfälschung vor Gericht stand. Die Arbeiter fürchteten, dass die Spanier Hochtief nur haben wollten, um das florierende Unternehmen zu zerschlagen, häppchenweise zu verkaufen und sich am Erlös gesundzustoßen. ACS war nämlich hoch verschuldet, Hochtief hatte die Kassen voller Geld.

Um die Bedenken aus dem Weg zu räumen, beauftragten die Spanier die Lobbyberatung Hering Schuppener. Eine gute Wahl: Die Leiterin von deren Berliner Büro war nämlich Henriette Peucker, die Lebensgefährtin von Jörg Asmussen. Und SPD-Mann Asmussen, der heute für Deutschland in der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) sitzt, war damals Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und damit wofür zuständig? Na? Richtig: für die Bafin! Schwuppdiwupp zerstreuten sich die Bedenken der Börsenaufseher während eines einzigen Wochenendes.

Damit war das geregelt. Nun mussten noch die widerborstigen Arbeiter aus dem Weg geräumt werden. Das übernahm IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel, der heute hofft, in der kommenden Großen Koalition Arbeitsminister zu werden. Wiesehügel schob den Betriebsrat beiseite und gab den Spaniern, was sie wollten.

Das ist jetzt drei Jahre her, und die Zerschlagung von Hochtief schreitet munter voran dank der umsichtigen Zusammenarbeit unserer Elite aus Politik, deutschen Berufslobbyisten und Gewerkschaftsfunktionären. Kein Wunder, dass in Deutschland niemand eine Veranlassung sieht, den Eliten zu misstrauen oder gar gegen sie auf die Straße zu gehen.

Mit der Hochtief-Geschichte im Hinterkopf wird auch unser Bild von Jörg Asmussen noch ein wenig runder. Beruhigend zu wissen, dass die Interessenvertretung der deutschen Sparer und Steuerzahler bei der EZB in solch exzellenten Händen liegt. Manche Entscheidung, die wir uns bislang kaum erklären konnten, wird jetzt glasklar. Etwa die jüngste Absenkung des Leitzinses auf beinahe null, die den deutschen Sparern die wunderbare Gelegenheit gibt, noch ein bisschen mehr als bisher zur Stabilisierung der maroden Banken und Staatshaushalte anderer Länder beizutragen.

Dass sich die Elite so gern in Orten wie Davos trifft, hat seinen Grund: Dort oben zwischen den hohen Bergen in den sündhaft teuren Hotels ist man endlich mal unter sich und muss sich nicht mit dem dummen Pöbel aus den Niederungen mischen. Dafür, dass das auch so bleibt und sich kein Prolet heimlich nach oben schiebt, sorgt unsere ausgeklügelte Bildungspolitik. Sie stellt sicher, dass der, der unten ist, auch unten bleibt. Selbstredend darf man das nicht öffentlich ausplaudern, sondern vor der Kamera stets über „gleiche Bildungschancen für alle“ salbadern. Die Idioten sollen einen doch wählen!

Die Wahrheit erschließt sich beim Blick auf die Wirklichkeit: Nach jeder sogenannten „Bildungsreform“ sinkt das Niveau wieder ein Stückchen tiefer, bis zum Idealzustand der unentrinnbaren Verwirrung und schließlich der kompletten Verblödung.

Ein Musterbeispiel dafür bot uns die „Rechtschreibreform“. Mit ihr haben es die Verwirrungs- und Verblödungsexperten vollbracht, die einst lupenreine deutsche Orthografie in ein heilloses Chaos zu stürzen, in dem sich auch der Verfasser dieser Zeilen immer wieder verläuft.

Viele Jahre nach Inkrafttreten der Reform ist es nun an der Zeit, die Ernte zu begutachten. Das Ergebnis übersteigt alle unsere Erwartungen, der Einsatz Hunderter Experten und von Milliarden von Mark und Euro hat sich wahrlich gelohnt.

Die Rechtschreibung der Schüler aller Schultypen hat sich dramatisch verschlechtert. Die Fehlerquote liegt doppelt so hoch wie vor Inkrafttreten der Reform im Jahre 1996!

Die Experten räumen zwar ein, dass ein Teil dieses Erfolges auch auf anderen Reformwerken wie der Einführung neuer Schultypen und Unterrichtsformen zurückzuführen sein könnte. Doch den Löwenanteil schreiben sie ganz eindeutig der Schreibreform zu. Begründung: Gerade in den Bereichen, wo durch die neue Schreibe besonders viel „vereinfacht“ wurde, ist die Fehlerzahl in die Höhe geschossen – etwa bei der Groß- und Klein- sowie der Getrennt- und Zusammenschreibung. Der höhere Anteil von Ausländerkindern wurde bei der Erhebung übrigens von vornherein herausgerechnet. Es waren also nicht etwa bloß die günstigeren Rahmenbedingungen für schlechtere Bildungsergebnisse, die dieses beeindruckende Resultat hervorgebracht haben. Nein, es sind allein unsere eifrigen Bildungsreformer, die sich dies alles ans Revers heften können.

Ihre Arbeit ist ein Meisterwerk: Die offizielle Anleitung zu den neuen Regeln ist derart sperrig, dass der Duden angeblich erstmals darauf verzichtet, sie abzudrucken. Der Potsdamer Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg wollte da nun Abhilfe schaffen und die Regeln „halb so lang und doppelt so verständlich“ formulieren.

Damit sie dann jeder versteht? Spinnt der denn? Bevor der zweite Komplex, der Bereich Kommasetzung, in der eisenbergschen Version durchgewinkt werden konnte, stellte sich der zuständige „Rat für deutsche Rechtschreibung“ glücklicherweise quer. So bleiben uns die Regeln in der Form, die kein Normalsterblicher (oder: normal Sterblicher?) versteht, auch künftig erhalten.

Dass man für das In-Grund-und-Boden-Reformieren der Schriftsprache so viel Energie einsetzt, hat seinen Grund wohl darin, dass man an der gesprochenen Sprache eines Großteils der nachwachsenden Generation nicht mehr viel ruinieren muss. Habe neulich in der U-Bahn gelauscht, wie ein Mädchen, so um die 18, einer Freundin von einem Gespräch mit anderen berichtete. Kennen Sie noch Formulierungen wie „ich fragte“, „sie antwortete“ etc.? Vergessen Sie den Krempel, das geht heute alles mit „so“:

„Kevin und Corinna getroffen. Ich so: Was geht? Er so: Alles fit. Sie so: Pff. Ich so: Häh? Sie so: Weiß nich’. Er so: Hm. Ich so: Was? Er so ....“ Und „so“ ging es weiter. Da fragt man sich, wieso Ausländern in „Integrationskursen“ die astronomische Zahl von 300 deutschen Wörtern eingetrichtert wird. Sollen die sich bei ihren neuen deutschen Freunden unmöglich machen, weil sie in ganzen Sätzen reden? Da müssten sich unsere Bildungsreformer auch mal dransetzen.


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